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Studie: Bis zu 100.000 weitere Entlassungen in Bauwirtschaft

(29.4.2002) Die Wiedervereinigung bescherte der Bauwirtschaft in Deutschland noch einmal eine Blütezeit, denn der ostdeutsche Nachholbedarf war hoch. Mitte der neunziger Jahre war jedoch der Einheitsboom vorüber und die Bauwirtschaft geriet in ihre aktuelle, fast sprichwörtliche Krise: Bis 2001 sank ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt auf seinen bisherigen Tiefststand. Ein derart nachhaltiger Rückgang hat angesichts des bislang hohen Produktions- und Beschäftigungsanteils der Bauwirtschaft auch für die Volkswirtschaft insgesamt erhebliche Folgen. Nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Politik und Öffentlichkeit stellt sich daher die Frage, wie es mittel- und langfristig weitergeht.

Der Bonner Sozialwissenschaftler Meinhard Miegel vom Institut für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG BONN) sagte der Bauwirtschaft heute bei der Vorlage einer neuen Studie dann auch weiter schwierige Zeiten voraus: Bis 2010 wird demnach die seit Jahren in der Krise steckende Branche mit jährlich 1 bis 1,5 Prozent immer noch deutlich niedrigere Wachstumsraten verzeichnen müssen als die Gesamtwirtschaft (durchschnittlich 1,6%). Zudem rechnet Miegel damit, dass auf deutschen Baustellen in den nächsten Jahren nochmals bis zu 100.000 Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Und auch der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie rechnet damit, dass allein in diesem Jahr weitere 37.000 Bauarbeiter entlassen werden - mindestens! Nach Angaben des Hauptverbandes gingen bereits seit Mitte der 90er Jahre mehr als 450.000 Stellen verloren; im vergangenen Jahr sank die Beschäftigtenzahl sogar erstmals unter eine Million - nämlich auf mit 930.000 Arbeitnehmer. Gleichzeitig boomt die Schwarzarbeit!

Als wichtigsten Grund für die Misere wird von Miegel die Bevölkerungsentwicklung angeführt: Trotz des Trends zum Ein-Personen-Haushalt würden künftig nur noch 330.000 bis 380.000 neue Wohnungen pro Jahr benötigt. In den 90ern lag der Jahresdurchschnitt noch bei 490.000 zusätzlichen Wohneinheiten.

Stabilisierend auf den Baubedarf wirken allenfalls Änderungen bei Bedürfnissen und Produktionsstrukturen. Weiteres Potential ergibt sich zudem aus notwendigen Infrastruktur-Maßnahmen, da im Transitland Deutschland mit einem weiter steigenden Verkehrsaufkommen zu rechnen sei. Miegel bezifferte den jährlichen Investitionsbedarf bis 2010 auf etwa 62 Milliarden Euro und damit kaum niedriger als in den 90er Jahren: "In Ostdeutschland ist der Rückstand noch immer nicht überall aufgeholt", sagte der Sozialwissenschaftler. In Westdeutschland gebe es inzwischen erheblichen Modernisierungs- und Erweiterungsbedarf. Für deren Finanzierung dürfte der Staat allerdings immer weniger aufkommen. Daher muss für eine stärkere private Finanzierung rechtzeitig Vorsorge getroffen werden. Sonst drohen Lücken in der Infrastruktur, die Wachstum und Beschäftigung in der Gesamtwirtschaft beeinträchtigen und eine weitere Schrumpfung in der Bauwirtschaft nach sich ziehen werden.

Alles in allem muss sich die Bauwirtschaft wohl auf eine historisch neue Situation einstellen. Die Zukunft der deutschen Bauwirtschaft wird wesentlich von ihrer Fähigkeit abhängen, sich diesen Entwicklungen anzupassen und neue Chancen zu nutzen.

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