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Kies- und Sandindustrie: Mit neuen Produkten neue Märkte erobern

(19.3.2004) "Impulsgeber sein, Neues zeigen, Innovation und Kreativität fördern, frischen Wind entfachen und in Krisenzeiten die Tyrannei des Status Quo überwinden." Diesen Anspruch formulierte Michael Schulz, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Kies- und Sandindustrie e.V. (BKS), Duisburg, für die diesjährige Fachtagung "Forum Kies+Sand" in Aachen. Wie er vor ca. 750 Teilnehmern aus Industrie, Politik, Umwelt- und Planungs- sowie Genehmigungsbehörden betonte, gebe es für die Branche allerdings kein Geheimrezept und auch keine Erfolgsgarantie. Vielmehr müssten sich die Unternehmer "auf ureigenste Stärken besinnen und auf die Chancen von Betrieb sowie Produkt konzentrieren". Viele einzelne Schritte würden notwendig sein, um die Kies- und Sandindustrie wieder voran zu bringen.

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Zwar habe die Branche in den letzten Jahren drastische Rückgänge verkraften müssen. Dennoch stellen die mit einer Gesamtmenge von 300 Mio t jährlich gewonnenen und verkauften Kiese und Sande den mit Abstand in größter Menge produzierten mineralischen Rohstoff dar. Als regional und damit marktnah verfügbarer kostengünstiger Primärrohstoff mit von Natur aus hoher Qualität beanspruche er zu Recht nach wie vor den Spitzenplatz unter den Baustoffen. Insgesamt zählt der Industriezweig knapp 1.600 Unternehmen mit etwa 3.000 Betrieben und rund 30.000 Beschäftigten. Die mit der Kies- und Sandgewinnung zusammenhängenden Arbeitsplätze belaufen sich auf ca. 100.000.

Gleichwohl: die Talsohle konnte auch bei der Kies- und Sandindustrie noch nicht durchschritten werden. Nach Informationen des BKS habe sich der Produktionsrückgang zum Ende 2003 zwar verringert. Statt des von den Landesverbänden prognostizierten Mengen-Minus von 8% habe sich ein tatsächlicher Rückgang von insgesamt 3% ergeben. Dennoch bedeute dies keinesfalls eine grundlegende Besserung der Baukonjunktur. Die Ursache liege vielmehr in kurzzeitigen Sondereffekten. Vor allem der Vorzieheffekt der Eigenheimzulage führte in großem Stil dazu, bereits genehmigte Bauvorhaben des Vorjahres unmittelbar in Bautätigkeit umzusetzen. Für das laufende Jahr werde sich die Kehrseite des Vorzieheffektes zeigen. "Wir müssen erneut mit nachlassender Bautätigkeit rechnen, da die meisten Baugenehmigungen abgearbeitet und nur wenige Neu-Genehmigungen aufgrund der jetzt geltenden Senkung der Eigenheimzulage zu erwarten sind", erläuterte Michael Schulz. Den Gesamtumsatz der Branche für 2003 bezifferte er auf etwa 2 Mrd. €.

Das auch in der Kies- und Sandindustrie spürbar höhere Stimmungsniveau hinsichtlich der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung will der BKS-Präsident jedoch nicht für die Bauwirtschaft gelten lassen. Im Gegenteil! Aufgrund des Maut-Desasters sei mit einer erneuten Vernachlässigung von Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zu rechnen. "In den Bereichen Schiene/Straße/Wasser liegen 80 Projekte auf Eis. Die Deutsche Bahn schiebt Investitionen, der Wirtschaftsbau stagniert. Diese Aussichten veranlassen nicht gerade zum Optimismus." Für das laufende Jahr müsse die Kies- und Sandindustrie von einem weiteren Rückgang in der Produktion von 2 bis 3% ausgehen. "Dies erfüllt uns mit großer Sorge."

Heftig kritisierte er die von der Politik zu zaghaft in Angriff genommenen Reformen in den Bereichen Steuerpolitik und soziale Sicherungssysteme. Wenn es um Eigenverantwortung gehe, wiesen sie zwar in die richtige Richtung. Doch "nicht nur Stillstand ist Rückschritt, auch ?ein bisschen' Fortschritt kann Rückschritt sein, jedenfalls dann, wenn andere schneller voran schreiten". Erhebungen belegten, dass die Wirtschaft in Deutschland nur halb so schnell wachse wie die der Europäischen Union. Die Folge: Deutschland steht auf der Wohlstandsskala der EU-Länder mittlerweile erst an 11. Stelle. Er plädierte deshalb nicht nur bessere Weichenstellungen als sie derzeit im Bundesgebiet vorherrschten. "Wir brauchen einfach bessere Rahmenbedingungen als andere Länder."

Im Gegenzug forderte Michael Schulz die Unternehmen der Kies- und Sandindustrie auf, nicht nur auf politische Veränderungen zu warten, sondern sich aktiv auf eigene Stärken in Produkt und Betrieb zu besinnen und damit die eigene wirtschaftliche Zukunft zu gestalten. Anregungen sollten die Vorträge der Fachtagung bieten. Am Beispiel der Betriebsoptimierung betonte er, dass auch kleinständische Unternehmen bei genauer Prüfung erhebliche Kosteneinsparungen realisieren können. Dazu sei es notwendig, Betriebskosten sinnvoll zu erfassen, bestehende Konzepte zu überdenken, neue Ideen zu entwickeln - bei der Gewinnungs- und Aufbereitungstechnik ebenso wie bei Personaleinsatz und der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern. Unter dem Strich sei jeweils die Ergebnisverbesserung die Zielsetzung. Dies gelte auch für die Vertriebsoptimierung. In Zeiten rückläufiger Mengenentwicklung reiche es nicht aus, mit den Vorteilen des Produkts zu argumentieren. Es sei notwendig, Kunden orientierter zu agieren bei kluger Preispolitik. "Sollen nicht Marktanteile verloren gehen, muss aktiver und viel intelligenter verkauft werden."

Neue Märkte eröffneten sich nach Auffassung des Verbandspräsidenten durch die verstärkte Nachfrage nach Produktspezialitäten. Gerade bei der neuen Generation der Hochleistungsbetone sehe er gute Chancen, mit weiterentwickelter Sandaufbereitung geforderte Qualitäten zu erreichen und somit in die Produktion einzusteigen. "Die Zukunft gehört den klassierten Sanden, die bis in die feinsten Bereich auseinander genommen und nach exakter Sieblinie der Aufgabenstellung entsprechend wieder zusammengesetzt werden. Sande sind dann ein eigenständiges, neues Produkt auf hohem Aufbereitungsniveau." Ähnliches gelte für den Straßenbau. Hier könne überlegt werden, den Kiestragschichten gebrochenen Kiessplitt beizugeben und die Tragschichten somit zu optimieren. Gelinge dies, wäre auch hier ein neues Produkt entstanden, das neue Marktanteile gewinnen könnte. Nicht zuletzt Wissenschaft und Forschung hätten das Potential für die moderne technische Entwicklung belegt: Sand ist nicht nur Baustoff, sondern auch unverzichtbarer Einsatzstoff für Silikone, Solarmodule und Mikrochips. "Ohne dieses Multitalent wäre der Siegeszug der Mikroelektronik in dieser Form nicht möglich gewesen", so auch Prof. Dr. Johann Weis auf der Fachtagung.

Einen Hoffnungsschimmer sieht der Verbandspräsident für die Kies- und Sandindustrie bei der Rohstoffsicherung. Das in der Vergangenheit vielerorts negativ wirkende Spannungsfeld zwischen Mineralgewinnung sowie Natur- und Landschaftsschutz beginne sich abzubauen. Naturschutz und Rohstoffabgrabung bzw. Naturschutzorganisationen und Abbaubetriebe würden längst nicht mehr als unvereinbare und unversöhnliche Gegensätze betrachtet. Vielmehr sei hier ein fruchtbarer Dialog entstanden. Dies beweise auch der erstmals vom Bundesverband der Deutschen Kies- und Sandindustrie ausgelobte Deutsche Wiederherrichtungspreis, dessen Preisverleihung während der Aachener Fachtagung stattfand. "Die prämiierten Arbeiten zeigen, welches Engagement und welche Leistungen die einzelnen Unternehmen in Absprache mit den zuständigen Behörden und auch ehrenamtlich Tätigen jeden Tag aufs Neue erbringen, um ehemalige Abgrabungsflächen in Bereiche umzuwandeln, die für Mensch und Natur von erheblichem Nutzen sind."

Michael Schulz abschließend: "Wenn wir bereit sind, mit dem Markt mitzugehen, Bewährtes zu optimieren und Neues zu entwickeln, dann werden Kiese und Sande auch in Zukunft die Nr. 1 am Baustoffmarkt sein. Unterstützt werden müsste dies allerdings durch eine aktive Baupolitik des Staates mit positiven Signalen und Rahmenbedingungen, die eine Trendwende und damit einen Konjunkturanschub einzuleiten vermögen."

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