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90 Mrd. Euro: Studie belegt erheblichen Investitionsbedarf bei großen Wohnsiedlungen

(18.1.2015) Um die nachhaltige Weiterentwicklung der großen, im 20. Jahrhundert er­richteten Wohnsiedlungen zu sichern, sind Investitionen in Höhe von 90 Milliarden Eu­ro notwendig. Das hat eine von der Bau- und Wohnungswirtschaft beauftragte Studie ergeben, die am 15.1. auf der Fachkonferenz „Weiterentwicklung großer Wohnsiedlun­gen“ in Berlin präsentiert wurde. Die gemeinsam vom Deutschen Institut für Urbanistik und vom Kompetenzzentrum Großsiedlungen erarbeitete Studie zeigt auf der Basis ei­ner repräsentativen bundesweiten Befragung von Kommunen und Wohnungsunterneh­men auf, welche Herausforderungen zur Weiterentwicklung von großen Wohnsiedlun­gen bestehen.

In den zwischen 1920 und 1980 Jahren errichteten Wohngebieten des überwiegend mehrgeschossigen Mietwohnungsbaus - den so genannten großen Wohnsiedlungen - befinden sich rund 4 Millionen Wohnungen für circa 8 Millionen Menschen. „Die Wei­terentwicklung dieser Wohngebiete zählt nach Einschätzung der Gutachter allein schon aufgrund ihrer großen Dimension zu den zentralen Aufgaben der nachhaltigen Stadtentwicklung und sozialen Wohnraumversorgung“, betonte GdW-Präsident Axel Gedaschko anlässlich der Präsentation der Studie. Die Siedlungen bieten bezahlbare Wohnverhältnisse für breite Schichten der Bevölkerung, erbringen wichtige Integra­tionsleistungen, die anderen Stadtquartieren indirekt zugute kommen und eröffnen den Kommunen Spielräume für eine sozialverträgliche Belegungspolitik.

„Für die Bauindustrie stellt gerade der in der Studie ermittelte Neubaubedarf in gro­ßen Wohnsiedlungen von jährlich 6.500 Wohnungen mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro eine interessante Beschäftigungsperspektive dar“, ergänzte Marcus Becker, Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, denn Fakt sei, dass die Zuwanderung nach Deutschland anhalte, die Städte weiter wach­sen und die Nachfrage nach bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Wohnungen steige. Es lohne sich also, den seriellen Wohnungsbau aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken. Die Bauindustrie verfüge dazu sowohl über die technischen Kompetenzen als auch über die entsprechenden Kapazitäten.

„Große Wohnsiedlungen bieten Zukunftsperspektiven“

Die Zukunft der großen Siedlungen ist mit Blick auf die absehbaren gesellschaftlichen Herausforderungen aus Sicht des Gutachtens perspektivreich. So komme ihre kom­pakte Bebauung bei gleichzeitiger starker Durchgrünung den Anforderungen des Klima­schutzes und der Energiewende entgegen. Für ergänzenden Neubau nachgefragter neuer Wohnformen und Betreuungsangebote bieten sich gleichwohl Flächenpotenzia­le. Die in der Regel gute Ausstattung mit umbaufähigen Gemeinbedarfseinrichtungen erleichtere außerdem die Anpassung der Quartiere an den demografischen Wandel.

Optimistisch stimme darüber hinaus, dass nach Jahrzehnten der Kritik eine ästheti­sche Umwertung der Großformen der Städtebaumoderne zu erfolgen scheint. Ein Be­leg dafür sei die aktuelle Diskussion um die Renaissance des Hochhauses. Die großen Wohnsiedlungen sind als Modelle neuen Wohnens geplant und errichtet worden. Heu­te können in ihnen wiederum modellartig die neuen, mit dem Wohnen verbundenen gesellschaftlichen Anforderungen angegangen werden.

Quartiere brauchen soziale Aufmerksamkeit

Dennoch weist das Gutachten auch auf aktuelle Herausforderungen für Kommunen und Wohnungswirtschaft hin. Die großen Wohngebiete haben nach wie vor Imagepro­bleme und kämpfen gegen Stigmatisierungen. Aufgrund des häufig höheren Anteils von Haushalten mit Zugangsschwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt bedürfen die Quartiere besonderer sozialer Aufmerksamkeit. Sie sind zwar nicht die Ursache, kön­nen aber zu Austragsorten sozialer Konflikte werden.

Entscheidend für den Erfolg der Siedlungserneuerung ist nach den Analysen der Gut­achter das abgestimmte Vorgehen von Stadt und Wohnungseigentümern - sowohl was die Investitionstätigkeit als auch die Beteiligung der Bewohnerschaft betrifft. Das ge­linge dort am besten, wo die großen Wohnsiedlungen einen ihrer Bedeutung entspre­chenden Stellenwert in der kommunalen Stadtentwicklungsplanung haben. Ebenso wichtig sei die Kooperation der Eigentümer untereinander, die umso schwieriger ist, je kleinteiliger die Strukturen sind. Quartiersbezogenes Handeln wäre dort besonders er­folgreich, wo wenige professionelle Wohnungsunternehmen kooperativ miteinander zu­sammenarbeiten.

Die Studie betont, dass der Spielraum für die sozialverträgliche Erhöhung der Mieten eng ist. Die Siedlungserneuerung muss jedoch wirtschaftlich tragbar sein, sowohl für die Mieter als auch für die Vermieter. Große Wohnsiedlungen stehen wie keine ande­re Siedlungsform für das Potenzial kostengünstigen Wohnungsbaus. An die Bau- und Wohnungswirtschaft geht die Anregung, die Kostenvorteile seriellen Bauens und früh­zeitiger Kooperation auszubauen.

Neues Teilprogramm der Städtebauförderung „Integrierte Weiterentwicklung großer Wohnsiedlungen“ gefordert

Aber auch die Politik müsse ihren Beitrag leisten. Zu überprüfen seien die kostentrei­benden Anforderungen unter anderem im Bereich des Klimaschutzes und Barriereab­baus ebenso wie das Vergaberecht, das die frühzeitige Zusammenarbeit von Bau- und Wohnungsunternehmen erschwert. In diesen Bereichen könne die Baukostensenkungs­kommission einen erheblichen Beitrag leisten.

Das Zusammenspiel der Städtebauförderung, der Wohnraumförderung und der KfW-Programme hat Erneuerungsprozesse im Quartierszusammenhang wesentlich unter­stützt. Die in den letzten Jahren erfolgte stärkere Fokussierung der Förderung auf die Innenstädte solle dahingehend ergänzt werden, dass die Gebietskulisse der großen Wohngebiete wieder stärker berücksichtigt wird. Ein neues Teilprogramm der Städte­bauförderung „Integrierte Weiterentwicklung großer Wohnsiedlungen“ könne hierzu einen besonders wirksamen Beitrag leisten.

Das Gutachten wurde in Auftrag gegeben vom Hauptverband der Deutschen Bauin­dustrie, vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen und vom Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden. Die Ergebnisse der Fachkon­ferenz fließen in die Endfassung der Studie ein, die in Kürze vom Kompetenzzentrum Großsiedlungen e.V. veröffentlicht wird.

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