Bewirkt räumliche Nähe in gemischten Quartieren auch soziale Nähe?
(26.10.2014) Anfang Oktober 2014 trafen sich Experten aus sechs europäischen Ländern im Rahmen eines internationalen Workshops, der vom ILS in Kooperation mit der Montag Stiftung Urbane Räume und dem NRW-Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr (MBWSV NRW) ausgerichtet wurde. Auf der Grundlage empirischer Forschungsergebnisse und den Erfahrungen aus den einzelnen Ländern diskutierten die Teilnehmer, ob die räumliche Nähe in gemischten Quartieren auch zu einer größeren sozialen Nähe sozial, ökonomisch und ethnisch-kulturell unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen beiträgt.
Anders als auf rein markt- und bodenpreisgesteuerten Wohnungsmärkten (wie beispielsweise in den USA) zielen die Stadtentwicklungsprogramme verschiedener europäischer Länder auf Maßnahmen zur Stärkung der sozialen Mischung in Quartieren.
Hochrangige Forscher aus Griechenland, Großbritannien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen und Deutschland setzten sich bei dem Workshop kritisch mit beabsichtigten und unbeabsichtigten Wirkungen sozialer Mischung und dem damit verbundenen Ziel der Stabilisierung benachteiligter Quartiere auseinander.
Insbesondere aus England und den Niederlanden wurde auch auf Risiken, wie die Gefahr der schleichenden Verdrängung und Gentrifizierung von bisher benachteiligten Quartieren als einem ungewollten Effekt erfolgreicher Mischungsstrategien hingewiesen. Entwicklungen dieser Art ließen sich auch bei einem gemeinsamen Stadtteilrundgang rund um den Veranstaltungsort, einem Nachbarschaftszentrum im Düsseldorfer Stadtteil Flingern beobachten.
Kindergärten und Schulen spielen eine zentrale Rolle
Der Vergleich nationaler Forschungsergebnisse machte überdies deutlich, dass räumliche Nähe keineswegs automatisch ein Mehr an sozialer Nähe bedeutet und sich verallgemeinernde Aussagen angesichts sehr unterschiedlicher räumlicher und gesellschaftspolitischer Kontexte kaum treffen lassen. Übereinstimmend hoben die Teilnehmenden jedoch hervor, dass die konkrete Ausgestaltung kleinräumiger Orte der Begegnung und hier insbesondere der Kindergärten und Schulen eine zentrale Rolle zur Stärkung sozialer Interaktionen unterschiedlicher Gruppen einnehmen können. Ein wichtiges Thema, dass die ILS-Forschungsgruppe „Sozialraum Stadt“ in ihrem aktuell laufenden Fokusprojekt empirisch weiter vertiefen wird.
Darüber hinaus soll der fachliche Austausch und Dialog über weitere gemeinsame Veranstaltungen und die Verstetigung des internationalen Netzwerkes und Arbeitszusammenhanges intensiviert werden, um die häufig national dominierte Forschung in diesem Themenbereich stärker international auszurichten und auf eine breitere empirische Basis zu stellen. Noch bis Jahresende führt das ILS in diesem Kontext Interviews in den Hannoveraner Stadtteilen Linden-Nord und der Nordstadt zur Bedeutung des Stadtteils und lokaler Bildungseinrichtungen für Begegnungen und Kontakte unterschiedlicher sozialer Gruppen durch.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- 25 Beiträge zu Sharing-Ansätzen für Wohnen und Quartier (9.12.2018)
- Projekt „Wohnen leitet Mobilität“: Klimaverträgliche Mobilität beginnt beim Wohnungsbau (11.6.2017)
- Tagungsband „Gutes Klima im Quartier“ im Fraunhofer IRB-Verlag erschienen (18.4.2017)
- 4 mal 200 Millionen Euro für den „Investitionspakt Soziale Integration im Quartier“ (8.1.2017)
- Zwei Neuerscheinungen zum energetischen Stadtumbau und zur Bilanzierung von Quartieren (26.6.2016)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen
- Studie identifiziert fünf Megatrends bei sozialen Innovationen und ihren Marktpotenzialen (19.10.2014)
- Lieber aufs Land? Experten diskutieren digitale Strategien für ländliche Regionen (13.10.2014)
- Quartiere und Wohnungsbestände zwischen Erhalt, Aufwertung und Gentrifizierung (22.9.2014)
- Tag der kommunalen Infrastruktur: „Kommunen als Rückgrat der Wirtschaft stärken“ (22.9.2014)
- „Urban Emotions“: Methoden, um Emotionen in die Stadtplanung einbeziehen zu können (15.9.2014)
- Memorandum „Klimagerechte Stadt“ fordert integrierte Stadt- und Infrastrukturplanung (27.7.2014)
- World Urbanization Prospects: 2050 werden zwei von drei Erdenbürgern in Städten leben (13.7.2014)
- Kleinstädte in ländlichen Regionen: Welche Potenziale hat die Peripherie? (22.6.2014)
- „Nachhaltige Stadtplanung“ aus der Edition DETAIL: Worüber müssen wir nachdenken? (1.12.2013)
siehe zudem: