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Wie sich bei Windrädern der Stress für Anwohner reduzieren lässt

(28.1.2018) Beim Einschlafen, Entspannen oder bei Freizeitaktivitäten fühlt sich knapp ein Drittel der Anwohner von Windparks gar nicht oder nur wenig durch die Geräusche von Windrädern belästigt. Jeder Zehnte erlebt dagegen Stresssymptome, wie Einschlafprobleme und/oder Reizbarkeit. Aber nicht nur der Lärm ist für die Betroffenen ein Problem, betonten Psychologen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Energy Policy“. Auch eine kritische Haltung gegenüber dem Windpark begünstigt das Stressempfinden. Eine bessere Informationspolitik während der Planungsphase könnte der Studie zufolge dabei helfen, die Probleme der Anwohner zu mindern.

Die Umweltpsychologen um Prof. Dr. Gundula Hübner und Dr. Johannes Pohl von der MLU untersuchten für ihre Studie einen Windpark in Norddeutschland in der Zeit von 2012 bis 2014. Dazu führten sie Befragungen mit den Anwohnern durch und der Projektpartner UL DEWI (UL International GmbH) analysierte Tonaufnahmen der Windräder. Sogar das Wetter floss in die Untersuchung mit ein. So konnten die Forscher - gleichsam by the way - auch herausfinden, dass die Geräusche der Windräder bei hoher Luftfeuchtigkeit und bei Frost stärker wahrgenommen wurden.

Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Bei knapp 10% der Befragten, die sich eigenen Angaben zufolge von den Windkraftanlagen belästigt fühlten, traten mindestens einmal pro Monat Stresssymptome auf. „Dazu gehören beispielweise Probleme beim Einschlafen, ein allgemein unruhiger Schlaf, negative Stimmung und eine stärkere Reizbarkeit“, erklärt Pohl. Zum Vergleich: Beim Verkehrslärm geben 16% der Befragten an, mindestens einmal pro Monat an einem solchen Stresssymptom zu leiden.

Nach zwei Jahre wiederholten die Psychologen die Befragung. Jetzt war der Anteil der Personen, die unter mindestens einem konkreten Symptom litten, auf 6,8% gesunken. „Viele Anwohner gewöhnen sich an die Geräusche des Windparks oder sie finden sich damit ab. Gut ein Viertel der Betroffenen schließt nachts ihre Fenster, um nicht mehr von den Geräuschen gestört zu werden“, sagt Pohl.

Schon die Planungsphase positiv gestalten!

Doch gerade die Menschen, die der Anlage ohnehin sehr kritisch gegenüber eingestellt sind, haben weiterhin die größten Probleme mit den Windrädern. Diese Gruppe habe auch wenig Interesse daran gezeigt, Methoden zur Stressbewältigung zu lernen, so der Forscher. Das zeige, wie schwer es ist, bereits etablierte Einstellungen wieder zu verändern. Die Umweltpsychologen der Uni Halle schlagen deshalb vor, die Probleme und Bedenken der Anwohner bereits in der Planungsphase offensiv anzugehen. „Wie die Anwohner die Planungs- und Bauphase erleben, ist ein entscheidender Indikator dafür, wie stark oder schwach sie am Ende von den Windanlagen beeinträchtigt werden“, resümiert Pohl. Deshalb sei es wichtig, die Phase als möglichst positive Erfahrung zu gestalten. Das könne zum Beispiel über frühzeitige Informationskampagnen und Bürgerversammlungen geschehen. Außerdem sollten die Anwohner nach Möglichkeit in die Planung einbezogen werden.

Unregelmäßiges Wummern stört mehr als gleichmäßiges Hintergrundrauschen

Außerdem hatten einige der Anwohner Aufnahmen lästiger Geräusche bei Nacht angefertigt, die von den DEWI-Forschern analysiert wurden. „Durch den Wind und die Bewegung der Rotorblätter kann eine Amplitudenmodulation entstehen, also ein unregelmäßiges Pulsieren der Lautstärke. Diese Unregelmäßigkeit ist es, die einige Anwohner stört und die sie als unregelmäßiges Wummern oder Rauschen wahrnehmen“, erklärt Dr. Johannes Pohl vom Institut für Psychologie der MLU. Ein leises, gleichmäßiges Hintergrundrauschen lasse sich dagegen besser ignorieren, so der Forscher. Die meisten Beschwerden traten während der Nacht- und der frühen Morgenstunden auf, wenn es wenig andere Geräusche gibt. Die Nähe der eigenen Wohnung zum Windpark hat der Studie zufolge dagegen keinen nennenswerten Einfluss auf die Belästigung der Anwohner.

Ihre Studienergebnisse bringen die Psychologen aus Halle unter anderem in das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Projekt „TremAc“ ein: Dort arbeiten zehn universitäre und kommerzielle Forschungseinrichtungen an einem neuen Konzept zur Vorhersage von Schall und Erschütterungen durch Windkraftanlagen. Mit diesem Modell soll das Zusammenspiel der beiden Faktoren besser verstanden und vorhergesagt werden können, um unter anderem die Geräusche von Windenergieanlagen auch für Betroffene angenehmer zu gestalten. Hierzu finden auch akustische und seismische Messungen sowie umweltpsychologische und -medizinische Befragungen an zwei Windparks statt.

Die bibliographischen Angaben zur Publikation:

  • Understanding stress effects of wind turbine noise - The integrated approach
  • von Johannes Pohl, Joachim Gabriel, Gundula Hübner,
  • Energy Policy, Volume 112, 2018, Pages 119-128
  •  ISSN 0301-4215, DOI: 10.1016/j.enpol.2017.10.007

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