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Innenraum-Ortung - also ohne GPS - für dynamische Umgebungen

(26.4.2017) Eine Lokalisierungstechnologie per GPS funktioniert im Indoor-Bereich nicht. Dies macht die Ortung u.a in Werften schwierig - auch weil sich hier die Umgebung durch Bauprozesse stetig verändert. Außerdem erschwert das viele Metall eine für die  Lokalisierung notwendige drahtlose Kommunikation. Mittels eines neuen Ortungssystems, welches das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und seine Partner Meyer Werft und Vomatec Innovations im Rahmen des Projektes SchiV 3.0 entwickelt haben, sollen sich Personen nun auch in einer dynamischen Umgebung innerhalb einer Halle problemlos verorten lassen.

Routengänger auf Werften sollen in Zukunft digitale Informationen über Baufortschritt und Sicherheitsmängel zeitnah liefern. (Foto © M. Wessels / Meyer Werft)

Anders als in der Automobilindustrie mit ihren fixen Produktionsstraßen werden Schiffe im Blockbauweise gefertigt: Aus kleinen Teilen entstehen immer größere Einheiten. Diese sind teilweise schon begehbar, werden mit Kabeln sowie Rohren ausgestattet und schließlich zu Sektionen zusammengefügt. Zehn Sektionen wiederum bilden einen Block, der weiter ausgerüstet und schließlich in die Werfthalle transportiert wird. Ein Kreuzfahrtschiff zum Beispiel besteht aus 90 solcher Blöcke.

„Die Lokalisierung von Personen und die zeitnahe Weitergabe von sicherheitsrelevanten Informationen ist in einer solchen Situation extrem schwierig“, erklärt Wilhelm Stork, Leiter des Instituts für Technik in der Informationsverarbeitung (ITIV) des KIT. Derzeit geschehen etwa die Erfassung und Weitergabe von Sicherheitsmängeln und -risiken - beispielsweise fehlende Geländer, freiliegende Kabel oder leicht entflammbare Bauabfälle - manuell. Routengänger laufen das Schiff ab und erfassen kritische Zustände auf Papierformularen. Am Ende ihres Kontrollgangs geben sie diese Informationen bei ihrem Vorgesetzten ab, der wiederum die notwendigen Maßnahmen einleitet.

„Das Innovationspotenzial ist riesig, wenn man Abläufe mit Hilfe digitaler Technologien regelt“, betont Frank Hartmann vom ITIV. Im Rahmen seiner Promotion hat Hartmann ein Lokalisierungssystem entwickelt, das nicht nur die schnellere Behebung von Sicherheitsrisiken und die Steigerung von Arbeitssicherheit verspricht; es soll auch die Optimierung der Logistik und die Dokumentation des Baufortschritts erleichtern. Sein System verfolgt einen hybriden Ansatz:

  • Zusammen mit der notwenigen Infrastruktur der Baustelle - wie etwa der Stromversorgung - werden Antennen für ein Nahbereichs-Funkkommunikationssystem verlegt. Aus der Messung des Abstandes zu mehreren Antennen lässt sich mittels Trilateration die Position bestimmen.
  • Ist der Funkkontakt zu den Antennen im verwinkelten, stählernen Schiffsbauch zu schwach, wird die Position mittels der Bewegungs- und Beschleunigungssensoren eines mobilen Endgeräts und Koppelnavigation geschätzt.

„So erreichen wir eine ausreichende Positionsgenauigkeit bei vertretbarem Installationsaufwand“, erklärt Hartmann die Kosten-Nutzen-Abwägung.

Das auf der Meyer-Werft in Papenburg erprobte System läuft komplett digital. Sicherheitsmitarbeiter fotografieren in den Schiffsteilen Mängel, Risiken oder Baufortschritt und erfassen sie mittels einer vom Kooperationspartner Vomatec entwickelten mobilen App als Arbeitsprozess - zum Beispiel „Abfall beseitigen“ - auf einem Smartphone. Das System erfasst gleichzeitig die Positionsinformationen und verkoppelt sie mit dem erforderlichen Arbeitsprozess. Beide Informationspakete werden in Echtzeit per Mobilfunk oder WLAN übertragen, als „Vorfall“ auf einem Server hochgeladen und können sofort weiterbearbeitet werden.

Interessant auch für Tiefbau

In einem klar definierten Bereich von rund 1200 m² eines im Bau befindlichen Kreuzfahrtschiffes hat Hartmann mit seinem Prototypen auf der Meyer Werft bereits verschiedene Anwendungsszenarien durchgespielt. Über den Schiffbau hinaus sind der Tiefbau oder Flugzeugbau weitere denkbare Anwendungsfelder.

Das Projekt SchiV 3.0 wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem Projektträger Jülich gefördert. Konsortialpartner waren neben dem KIT die Meyer Werft GmbH und Co.KG und die Vomatec Innovations GmbH. Das Projekt lief vom 2013 bis 2016.

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