Blitz, schlag' ein ... in das Beton-Recycling
(4.10.2012) Jedes Jahr fallen mehrere Millionen Tonnen Bauschutt an. Ein effizientes Recycling speziell von Beton - dem Baustoff des 20. und 21. Jahrhunderts - existiert allerdings noch nicht. Forscher arbeiten an neuen Recyclingverfahren: Mit Hilfe von Blitzen zerlegen sie das Gemisch aus Zementstein und Gesteinskörnung in seine Einzelbestandteile.
Vom Pantheon in Rom bis zur jährlichen deutschen Betonkanu-Regatta, ob Ultraleichtbeton oder Sichtbeton: Beton ist bemerkenswert vielseitig und der meistverwendete Baustoff der Welt. Er wird hergestellt aus ...
- Zement,
- Wasser,
- Sand,
- einer Gesteins-Mischung aus z.B. Kies oder Kalksplitt in unterschiedlichen Größen.
Allerdings sind die CO₂-Emissionen bis zum fertigen Betonebauteil nicht unproblematisch: Allein die Produktion von einer Tonne gebranntem Zementklinker aus Kalk und Ton setzt 650 bis 700 Kilogramm Kohlendioxid frei. So gehen jährlich 8 bis 15% der weltweiten CO₂-Produktion auf das Konto der Zementherstellung. Auch beim Recycling von Altbeton gibt es noch keinen Königsweg, um den Stoffkreislauf zu schließen. Allein in Deutschland betrug die Abfallmenge 2010 fast 130 Millionen Tonnen.
bislang allenfalls Downcycling von Altbeton
„Das ist ein riesiger Materialfluss, aber es gibt momentan kein effektives
Recycling-
elektrodynamische Fragmentierung aus den 1940er Jahren wiederentdeckt
Gelänge es hingegen,
die Gesteinskörnung von der Zementsteinmasse zu trennen, könnte der Kies als
Zuschlag wieder problemlos in den
Frischbeton eingesetzt werden - ein erster entscheidender Schritt in Richtung
Recycling von Altbeton. „Die Rückgewinnung von hochwertigen Zuschlägen aus
Altbeton würde die Recyclingquote etwa verzehnfachen und damit auf bis zu 80
Prozent steigern“, erklärt Thome. Gelänge es, auch einen Zementersatzstoff aus Altbeton zu gewinnen, ließen sich die die
CO₂-
Hochwertige Bestandteile recyceln
Bei dieser Vorgehensweise lassen es die Forscher in Holzkirchen ordentlich blitzen. „Normalerweise bevorzugen Blitze es, durch Luft oder Wasser zu verlaufen und nicht durch einen Festkörper“, sagt Thome. Damit der Blitz in den Beton einschlägt und einen Durchschlag erzeugt, werden die Erkenntnisse der russischen Wissenschaftler genutzt: Die fanden vor mehr als 70 Jahren heraus, dass die elektrische Durchschlagsfestigkeit - also der Widerstand, den jede Flüssigkeit und jeder Feststoff einem elektrischen Impuls entgegensetzt - keine physikalische Konstante ist: Sie ändert sich mit der Dauer des Blitzes. „Bei einem äußerst kurzen Blitz unterhalb von 500 Nanosekunden besitzt Wasser plötzlich eine höhere Durchschlagsfestigkeit als die meisten Festkörper“, erklärt Thome. Einfach ausgedrückt: Liegt der Beton unter Wasser und die Forscher generieren einen 150 Nanosekunden-Blitz, schlägt er bevorzugt nicht mehr ins Wasser ein, sondern in den Festkörper.
„Das ist der Clou bei dem Verfahren“, erklärt Thome. Im Beton sucht sich der Blitz dann den Weg des geringsten Widerstands, das sind die Grenzen zwischen den Bestandteilen, also zwischen Kies und der Zementsteinmasse.
Die ersten generierten Impulse, die Vorentladungen, schwächen das Material mechanisch vor. „Die Vorentladung, die in unserer Fragmentierungsanlage die Gegenelektrode zuerst erreicht, führt dann zum elektrischen Durchschlag“, erläutert Thome. In diesem Moment bildet sich in dem Beton ein Plasmakanal aus, der binnen einer Tausendstel Sekunde wie eine Druckwelle von innen nach außen wächst.
Marktreife in 2 Jahren?
„Die Kraft dieser Druckwelle ist vergleichbar mit der einer kleinen Sprengstoffexplosion“, sagt Thome. Der Beton werde auseinandergezogen und in seine Bestandteile zerlegt. Mit der Labor-Fragmentierungsanlage gelingt es den Forschern zurzeit, pro Stunde eine Tonne Altbeton aufzubereiten. „Damit man wirtschaftlich arbeiten kann, ist eine Durchsatzrate von mindestens 20 Tonnen in der Stunde unser Ziel“, erklärt Thome. Bereits in zwei Jahren könnte eine entsprechende Anlage marktreif sein.
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siehe zudem:
-
Baustoff-Recycling und Betonbau sowie Ingenieurbau-Magazin auf Baulinks