Sonder-AfA für den Mietwohnungsbau nimmt nächste Hürde
(7.2.2016) Das Bundeskabinett hat am 3. Februar einen Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus beschlossen. Die Sonderabschreibung (Sonder-AfA) soll demnach auf einen Anteil von 2.000 Euro/m² der anfallenden Herstellungskosten des Gebäudes begrenzt werden. Sie kann darüber hinaus nur genutzt werden, wenn die Gebäudeherstellungskosten insgesamt nicht höher als 3.000 Euro/m² sind.
Zudem will Bundesregierung neben der geplanten steuerlichen Förderung ab 2016 die jährlichen Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf über eine Milliarde Euro verdoppeln - obwohl dafür eigentlich die Bundesländer allein zuständig sind.
Naturgemäß sind die Reaktionen von Verbänden und Interessenvertretungen recht unterschiedlich:
Für den ZDB „Schritt in die richtige Richtung“
„Auch wenn wir uns eine generelle Erhöhung der AfA von zwei auf vier Prozent gewünscht hätten, begrüßen wir den Beschluss der Bundesregierung, eine Sonderabschreibung im Wohnungsneubau einzuführen. Damit werden Investitionen in neue Wohnungen mit Sicherheit gefördert,“ so reagierte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Felix Pakleppa, auf den Kabinettsbeschluss.
2015 sind rund 290.000 Wohnungen neu auf den Markt gekommen; Experten zufolge seien aber mindestens 400.000 Wohnungen jährlich notwendig, argumentiert Pakleppa.
Nicht einverstanden ist der ZDB damit, dass die Wohnungsbautätigkeit nur über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert wird, denn die Sonder-AfA gelte nur für diejenigen Wohnungen, für die bis Ende 2019 ein Bauantrag gestellt und die spätestens 2022 auch fertiggestellt wurden. „Darüber hinaus wäre es hilfreich gewesen, wenn auch Wohnungen gefördert würden, für die bereits im vergangenen Jahr eine Baugenehmigung erteilt wurde.“
Neben der steuerlichen Förderung von privaten Investitionen fordert der ZDB gleichwohl weitere Anstrengungen, um eine entsprechend hohe Anzahl neuer Wohnungen zu bauen. Dazu gehöre vor allem, dass die Länder nicht weiter an der Steuerschraube drehen und die Grunderwerbsteuer erhöhen - zur Erinnerung siehe auch Baulinks-Beitrag „Studie: ,Bedeutung der Grunderwerbsteuer für das Wohnungsangebot‘“ vom 24.1.2016. Dazu gehöre auch, dass die Kommunen zügig kostengünstiges Bauland zur Verfügung stellen. Und beide zusammen müssten überdies selbst in den sozialen Wohnungsbau investieren.
Wohnungswirtschaft begrüßt die Sonderabschreibung
„"Die Sonder-Afa kann ein wirksamer Anreiz sein, mehr bezahlbare Wohnungen zu bauen“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, zum Kabinettsbeschluss. Die Begrenzung der Abschreibungsmöglichkeit auf einen Anteil von 2.000 Euro „könnte eine preisdämpfende Wirkung entfalten. "Darüber hinaus halten wir als Alternative eine gleichwertige Investitionszulage für Wohnungsunternehmen, die die Sonderabschreibung nicht nutzen können, für dringend erforderlich“, so Gedaschko.
Der GdW-Chef begrüßte, dass die Obergrenze für die Nutzung der Förderung von ursprünglich vorgesehenen 2.200 Euro nun auf 3.000 Euro/m² erhöht wurde: „Besonders in den Metropolregionen liegen die Herstellungskosten des Gebäudes in der Regel deutlich höher als 2.200 Euro pro Quadratmeter. Dabei sind staatliche Abgaben und Auflagen oft die größten Kostentreiber. Hinzu kommt die Verschärfung der Energieeinsparverordnung seit Anfang 2016, die die Baukosten um weitere 7 Prozent steigen lässt. Es ist also mehr als sachgerecht, den Spielraum hier auf 3.000 Euro zu erhöhen.“
Insgesamt wertet die Wohnungswirtschaft die geplanten Abschreibungsvorteile als Schritt in die richtige Richtung. „Um den Wohnungsbau wirklich in Gang zu bringen, wäre es aber darüber hinaus erforderlich, die sogenannte Normalabschreibung von bisher 2 auf mindestens 3 Prozent anzuheben“, so Gedaschko. Dies würde der heute viel kürzeren Nutzungsdauer von Wohngebäuden Rechnung tragen und dazu führen, dass sich auch private Investoren wieder verstärkt im Mietwohnungsneubau engagieren.
Haus & Grund ist skeptisch
Nach Ansicht des Hauseigentümerverbands Haus & Grund sind die beschlossenen Maßnahmen ein reines Strohfeuer. Die degressive Ausgestaltung der Abschreibung werde vor allem Spekulanten anziehen, die eine kurzfristige Steuerersparnis erzielen wollen. Langfristig orientierte Investitionen in den nachhaltigen, städtebaulich sinnvollen Wohnungsneubau würden hingegen nicht gefördert.
„Der Wohnungsbau lässt sich ausschließlich mit einer höheren linearen Gebäudeabschreibung nachhaltig ausweiten“, meinte Haus & Grund-Präsident Dr. Rolf Kornemann anlässlich der beschlossenen Maßnahmen. Haus & Grund sieht durch diese und weitere Maßnahmen, wie die fast flächendeckend eingeführte Mietpreisbremse und weitere geplante Reform des Mietrechts, das Engagement der privaten Eigentümer stark gefährdet und eingeschränkt. Insbesondere die geplante Einschränkung der Modernisierungsmieterhöhung sowie der Eingriff in die ortsübliche Vergleichsmiete wirkten sich negativ auf Investitionen und Qualität im Gebäudebestand aus.
„Die im Herbst vorgelegten Eckpunkte von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) gehen eindeutig in eine falsche Richtung; ebenso wie der heutige Plan zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus. Sollten diese Instrumente Realität werden, dann wird sich das spürbar negativ auf den Wohnungsmarkt und die Wohnungsqualität auswirken", warnte Dr. Kornemann.
Übrigens: „Herstellungskosten“
... sind die Summe aller Aufwendungen, die zur gebrauchsfähigen Errichtung eines Gebäudes aufgewandt werden müssen. Insbesondere sind dies die Bauwerkskosten sowie die Kosten für die Ausstattung, die Herrichtung und Erschließung, die Außenanlagen, Planungs- und Beratungshonorare und anfallende Gebühren. In den Herstellungskosten sind nicht die Aufwendungen für das Baugrundstück enthalten. Die Herstellungskosten sind die Kostengruppen 200 - 700 nach DIN 276.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Viel Kritik im Finanzausschuss an geplanter Sonder-AfA (19.11.2018)
- GdW: „Bezahlbarer Mietwohnungsbau braucht Anhebung der linearen Abschreibung“ (2.9.2018)
- „Verbändebündnis Wohnungsbau“ kritisiert schwarz-rote Regierungsarbeit heftig (23.10.2016)
- Koalitionspartner fahren Förderung des Mietwohnungsbaus gegen die Wand (5.7.2016)
- Branche ernüchtert: „Deutschland baut 150.000 Wohnungen pro Jahr zu wenig“ (14.6.2016)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Sonder-AfA bei Baukosten unter 2.200 Euro/m²? Reicht das? (31.1.2016)
- Bauindustrie und Wohnungswirtschaft engagieren sich für serielles Bauen (31.1.2016)
- Studie: „Bedeutung der Grunderwerbsteuer für das Wohnungsangebot“ (24.1.2016)
- Wohnungsbau-Offensive mit 10-Punkte-Programm (29.11.2015)
- Wie aussagekräftig ist die „Leerstandsquote“? UFZ-Wissenschaftler definieren 7 Klassen (22.11.2015)
- ZDB: „Gegen steigende Mieten hilft nur Bauen ... aber nicht für 2.500 Euro/m²“ (1.11.2015)
- Bauwirtschaft fordert höhere AfA, weniger Grunderwerbsteuer, mehr Bauland (29.9.2015)
- BAK fordert Wiedereinstieg in den kostengünstigen und sozial integrierten Wohnungsbau (27.9.2015)
- Studie: „Deutschland braucht bis 2020 zwei Millionen neue Wohnungen“ (21.9.2015)
siehe zudem:
- Baupolitik, Baufinanzierung, Immobilien und Baurecht auf Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Baufinanzierung, Baukosten, Baubeschreibung, Bauvertrag, Baurecht bei Baubuch / Amazon.de