Grundsteuerreform: Aktueller Kompromiss möglicherweise nicht verfassungskonform
(17.3.2019) Die Finanzminister des Bundes und der Länder haben sich am 15. März auf einen Kompromiss zur Grundsteuerreform geeinigt. Demzufolge soll die Bemessungsgrundlage wertabhängig sein. Lediglich das Land Bayern will wohl nicht zustimmen und besteht auf einem Flächenmaßstab.
Der Kompromiss sieht vor, dass bei Wohngrundstücken die durchschnittlichen Nettokaltmieten, wie sie sich aus dem Mikrozensus des statistischen Bundesamtes ergeben, maßgeblich sein sollen. Hierfür sollen Preisgruppen gebildet werden. Liegt die tatsächliche Miete unter dieser Durchschnittsmiete, soll die tatsächliche Miete gelten. Die Steuermesszahl wird voraussichtlich bei 0,325 Promille liegen.
Für Wohnungen im sozialen Wohnungsbau, für kommunale und genossenschaftliche Wohnungen sowie für Vereine und gemeinnützige Unternehmen soll eine geringere Steuermesszahl gelten. Außerdem sollen die Bodenrichtwerte berücksichtigt werden. Um die Ermittlung zu vereinfachen, sollen die Gutachterausschüsse Bodenrichtwertzonen zu größeren Zonen zusammenfassen dürfen.
Eine Frage der Gesetzgebungskompetenz
Zum Kompromiss sagt Hans-Joachim Beck, Steuerexperte des Immobilienverbands IVD: „Das eigentliche Problem bei diesem Reformvorschlag ist die Frage, ob dem Bund für diese Regelung die Gesetzgebungskompetenz zusteht. Nach Art 72 Abs. 2 des Grundgesetzes wäre die Voraussetzung dafür, dass eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich ist. Daran muss man aber schon deshalb zweifeln, weil die Höhe der Steuer ohnehin erst durch den Hebesatz der Gemeinde bestimmt wird. ... Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes wäre nur dann gegeben, wenn es sich bei der Neuregelung lediglich um eine Fortentwicklung der bisherigen Einheitswerte handeln würde. Wenn bei der neuen Grundsteuer auch die Bodenrichtwerte berücksichtigt werden, entfernt sich die neue Grundsteuer so weit von der bisherigen Regelung, dass das Grundgesetz geändert werden müsste, um die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes herzustellen. Wenn der Gesetzgeber die Bodenrichtwerte berücksichtigt und auf eine Änderung des Grundgesetzes verzichtet, riskiert er daher, dass das Bundesverfassungsgericht die Neuregelung für verfassungswidrig erklärt.“
Für Vermieter eine Vermögensteuer?
Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, argumentiert: „Eine Einbeziehung von Bodenrichtwerten und Rufe nach einem Ende der Umlagefähigkeit würden die Steuer für Vermieter zu einer Vermögensteuer machen - das wäre verfassungswidrig.“ Zu dieser Einschätzung kommen auch Untersuchungen des Steuerrechts-Experten Prof. Dr. Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg.
Gleichwohl fordert die Wohnungswirtschaft für Anbieter von niedrigeren Mieten eine Nachweismöglichkeit, sofern bei einem Kompromissmodell durchschnittliche Mieten einbezogen werden. Nur so könne eine gerechte Erhebung der Grundsteuer gewährleistet und bezahlbare Wohnungen erhalten werden.
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