Bauindustrie fordert konsequente Politik gegen deutsche Standortschwächen
- Lohnnebenkosten senken
- Auf Mindestbesteuerung verzichten
- Wende in der öffentlichen Infrastrukturpolitik einleiten
(8.9.2003) Der Präsident der deutschen Bauindustrie, Prof. Dr. Ignaz Walter, warnt vor der Abwanderung privater Unternehmen und Investoren aus Deutschland. Es sei ein ernstes Warnsignal, wenn jedes vierte Unternehmen in Deutschland über die Verlagerung zumindest von Teilen seiner Produktion ins Ausland nachdenke. Es sei geradezu erschreckend, dass inzwischen Kapitalanleger auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt keine rentablen Anlagemöglichkeiten mehr fänden und auf ausländische Märkte abgedrängt würden. Walter: "Wir erleben heute die von mir vor 2 Jahren in der Pressekonferenz in Berlin vorausgesagte Revolution des Kapitals. Unternehmer und Kapitalanleger sind immer weniger bereit, die eklatanten Schwächen des Standorts Deutschland hinzunehmen."
Für Walter ist die Krise des Investitionsstandorts Deutschland ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Grund dafür, dass die deutsche Bauwirtschaft ihre seit 1995 anhaltende Krise auch 2003 nicht überwinden werde. Die Branche müsse sich auf einen weiteren Rückgang der Umsätze um 6 Prozent und den Verlust von weiteren 70.000 Arbeitsplätzen einstellen. Die Bauwirtschaft liege damit um 31 Prozent unter dem Umsatzniveau, um 43 Prozent unter dem Beschäftigungsniveau des Jahres 1995. Für die Zukunft ist Walter nur dann optimistisch, wenn sofort massiv über die Bauwirtschaft Konjunkturimpulse gesetzt werden. Walter: "Der Baubedarf ist gegeben. Nur die Baunachfrage fehlt. Jahrzehntelang war die Bauwirtschaft Konjunktursteuerungsinstrument und Arbeitsmarktregulativ."
Von der Regierung erwartet Walter des Weiteren eine "konsequente Politik zur Überwindung der deutschen Standortschwächen“. Wenn 45 Prozent der abwanderungswilligen Unternehmen über zu hohe Arbeitskosten und 38 Prozent über eine exzessive Besteuerung klagten, dann sei es "die verdammte Pflicht der Politik“, endlich etwas gegen die Explosion der gesetzlichen Lohnzusatzkosten und zur steuerlichen Entlastung zu unternehmen. Die anstehende Reform der Krankenversicherung sei hier ein erster Schritt in die richtige Richtung; die Pläne über eine Mindestbesteuerung von Gewinnen wiesen jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Walter: "Die Politik der Bundesregierung ist in sich widersprüchlich. Was die eine Hand an Vertrauen in der Wirtschaft aufbaut, wirft die andere gleich wieder um."
Darüber hinaus warnte Walter davor, die Leistungsfähigkeit der deutschen Infrastruktur als Standortfaktor zu unterschätzen. Vor allem die Qualität der Verkehrsinfrastruktur sei für die Investitionsentscheidung gewerblicher Investoren oft von ausschlaggebender Bedeutung. Es sei deshalb "geradezu eine politische Dummheit“, die Infrastrukturinvestitionen dem Rotstift der Finanzminister zu opfern. Gleichzeitig müssten Politik und Verwaltung endlich dem Beispiel Großbritanniens, der Niederlande, Frankreichs und Irlands folgen und private Investoren stärker am Bau und an der Sanierung von Fernstraßen, Schulen und Gefängnissen beteiligen. Walter: "Investoren stehen Gewehr bei Fuß. Ich verstehe nicht, warum Bund, Länder und Gemeinden nicht längst von deren Know-how und Kapital Gebrauch gemacht haben."
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