AKRP: Fertighausskandal im Kreis Bad Kreuznach
(21.8.2005) "Die Deregulierung im Planungs- und Bausektor hat unübersehbare Schattenseiten", so der Präsident der Architektenkammer Günther Franz: "Seit der letzten durchgreifenden Novelle der Landesbauordnung hat der Verbraucherschutz durch einige, im Zeichen der Deregulierung eingeführte Neuerungen spürbar gelitten. Das zeigt sich einmal mehr im Fall mängelbehafteter Fertighäuser im Kreis Bad Kreuznach." Demnach hat ein konventioneller Fertighausanbieter 25 Fertighäuser als Einfamilienhäuser errichtet, die allesamt nicht standsicher sind. Zudem wurden Baustoffe verwendet, denen die Zulassung fehlt.

Verwaltungsvereinfachung und Verschlankung von Bauvorschriften führt immer wieder auch zu erheblichen Problemen gerade für private Bauherren. Der öffentlich bestellte Bauleiter ist 1998 beispielsweise durch die Novellierung der Landesbauordnung weggefallen. Seine Aufgabe war es bis dato, die Bauausführung zu überwachen und damit auch für die Einhaltung aller Bauvorschriften Sorge zu tragen. Gerade im Fall von Komplettangeboten, bei denen die Planung nicht von der Bauausführung getrennt ist, kann das - im Einzelfall gegebenenfalls gepaart mit krimineller Energie - für den Verbraucher Existenz bedrohende Folgen haben. Das Land Nordrhein-Westfalen übrigens, das den öffentlich bestellten Bauleiter einige Jahre zuvor ebenfalls abgeschafft hatte, hat ihn bei der nächsten Novelle seiner Landesbauordnung aus gutem Grund gleich wieder eingeführt.
Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz weist daher erneut auf die Bedeutung eines unabhängigen Sachwalters der Bauherren hin, wie es der Architekt traditionell ist. Fällt diese Funktion weg, zum Beispiel bei vermeintlich Kosten günstigen Komplettangeboten, bleibt es dem Laien, dem Bauherren überlassen, die vertragsgemäße und gesetzeskonforme Ausführung seines Traumhauses durchzusetzen. Dass er damit gegenüber dem fachlich besser informierten Anbieter im Zweifel in der viel schwächeren Position ist, liegt auf der Hand. Kommt es dann, wie im Fall der nicht standsicheren Fertighäuser im Kreis Bad Kreuznach wohl geschehen, zu gravierenden Mängeln und geht der Anbieter gar in die Insolvenz, so laufen alle privatrechtlichen Ansprüche des Bauherren ins Leere. Architekten haben aufgrund ihrer Berufsordnung Berufshaftpflichtversicherungen, die bei Schadensfällen in Anspruch genommen werden können. Dieses Sicherungsnetz für Bauherren entfällt beim Komplettanbieter und der geschädigte, zuweilen hoch verschuldete Bauherr bleibt mit Existenz bedrohenden Problemen zurück.
siehe auch:
- Institut für Demoskopie Allensbach: "Image von Fertighäusern wird immer besser" (15.11.2005)
- Bauleiter / Bauleitung beim ABC der Gemeinheiten bei Bauverträgen (23.10.2005)
- Baugewährleistungs-/ Baufertigstellungs-Versicherung damit das Haus auch fertig gebaut wird (22.10.2005)
- Prüfingenieure: Immer mehr Pfusch am Bau (29.9.2005)
- Weka Media bringt Bauschadensdatenbank auf den Markt (29.8.2005)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
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- Traumhaus mit dem Architekten: Ratgeber informiert über Planung und vertragliche Absicherung (23.9.2004)
- Checkliste zur Auswertung von Bau- und Leistungsbeschreibungen für Ein- und Zweifamilienhäuser (4.8.2004)
- Ein Viertel aller Bauträger ist quasi pleite (29.6.2004)
- Fertigbau: Kostenlose Ombudsstelle erspart den Gang vor Gericht (11.6.2004)
- Baubeschreibung: Hilfestellung für private Bauherren (19.8.2003)
- Pfusch am Bau: Was ist hinzunehmen; was kann eingeklagt werden?(mit einer Muster-Baubeschreibung zum Downloaden; 25.6.2003)