Sächsisches Textilforschungsinstitut entwickelt Geotextilien zur Deichüberwachung
(4.2.2008) 21 Tote, mehr als 25.000 beschädigte und zerstörte Wohngebäude, 750 Kilometer weggeschwemmte Straßen und 540 Kilometer vernichtete Schienen - die Bilanz des "Jahrhunderthochwassers" im August 2002 war allein in Sachsen dramatisch. Um die Auswirkungen von Wetterextremen künftig besser in den Griff zu bekommen, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein Förderprogramm mit dem Namen "Risikomanagement extremer Hochwasserereignisse", kurz RIMAX, ins Leben gerufen. Zu den bundesweit 35 Gruppen, in denen Fachleute verschiedener Disziplinen arbeiten, gehört auch das Sächsische Textilforschungsinstitut (STFI) an der TU Chemnitz. Unter dem Titel "Sensorbasierte Geotextilien zur Deichertüchtigung" entwickelt es ein Monitoringsystem, das Veränderungen im Deich permanent feststellt und mit genauen Ortsangaben einer Überwachungszentrale meldet.

"Bis heute wird der Zustand von Deichen fast ausschließlich durch Deichläufer geprüft, die eine visuelle oberflächliche Inspektion durchführen. Bei Hochwasser wird dabei zuviel Manpower benötigt, sodass eine rechtzeitige, gezielte Deichunterstützung im Krisenfall oft nicht möglich ist", erklärt Projektleiterin Elke Thiele. Gesucht wurden am STFI Geotextilien, die einen Deich sowohl stützen als auch überwachen können. Geotextilien bestehen in der Regel aus Vliesstoffen oder extrem groben Textilstrukturen. In solche Geotextilien werden nun Sensoren eingearbeitet - gewöhnliche, preisgünstige Glasfasern aus der Telekommunikationstechnik, die eine Überwachung der Deiche auf bis zu zehn Kilometern Länge erlauben. Sie registrieren Ort und Stärke einer Deformation der Textilfläche, die auf einer Deichverformung beruht, und leiten sie an Messstationen weiter. Eine Schadensmeldung lässt sich dabei auf fünf Meter genau zuordnen. In den Messstationen können Schadensorte frühzeitig erkannt werden und auch im Hochwasserfall ist ein schnelles Einschreiten möglich.
"Gefahren können mit geringem Personalaufwand frühzeitig erkannt und abgewehrt werden. Und auch ökonomisch ist der Einsatz sensitiver Geotextilien vorteilhaft, denn die Deichbefestigung und das Monitoringsystem werden in einem Arbeitsschritt in den Deich eingebaut", so Thiele. Die Innovation wurde im Mai 2006 an einem Muldedeich bei Dessau in Sachsen-Anhalt getestet. Weitere Tests führten die Wissenschaftler im August 2006 an zwei Stauseen in Polen sowie im Juli 2007 im Versuchsdeich des Franzius-Instituts für Wasserbau und Küsteningenieurwesen in Hannover durch. "Die Ergebnisse sind vielversprechend. Bis das inzwischen patentierte System in der Praxis eingesetzt werden kann, müssen wir jedoch noch weitere Versuche unternehmen", resümiert Thiele. Die Geotextilien sollen sich schließlich auch im langfristigen Einsatz und unter extremen Witterungsbedingungen bewähren. Deswegen finden im STFI weitere Belastungstests unter Laborbedingungen statt. Auf einem Spezialprüfstand können die Textilien bis zu 24 Tonnen beansprucht werden.
Das STFI arbeitet in dem Projekt zusammen mit dem
Franzius-Institut für Wasserbau und Küsteningenieurwesen und der Bundesanstalt
für Materialforschung und
siehe auch für weitere Informationen:
- Förderprogramm "Risikomanagement extremer Hochwasserereignisse" (RIMAX)
- Sächsisches Textilforschungsinstitut
- Franzius-Institut für Wasserbau und Küsteningenieurwesen
- Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
- Bauberatung Geokunststoffe GmbH
- GLÖTZL Gesellschaft für Baumesstechnik mbH
- Studie: Wie gehen Hochwasserschutz und Kulturlandschaftsgestaltung zusammen? (23.6.2013)
- Unkrautbekämpfung per Unkrautvlies im Leistungstest (12.6.2013)
- Mehr Erdbebensicherheit durch textilen Schutz-"Verband" für Gebäude (11.5.2011)
- Verkehrsinsel aus einem Guss mit bis zu 2500 mm Breite (2.7.2010)
- Flüssigboden mit RAL Gütezeichen (26.4.2010)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen
- Seegras - vom ungeliebten Strandgut zum Baustoff der Zukunft? (5.12.2007)
- FreD misst Tragsicherheit von Bauwerken (4.10.2007)
- Sächsische Bewässerungsmatte bringt selbst Wüsten zum Blühen (24.8.2007)
- Vergleichsstudie von Hangbefestigungssystemen: Florwand günstiger als Stützwinkel (24.8.2007)
- Schütztafel als Lösung für Hochwasser bei Bächen und Kanälen (13.8.2007)
- Verleihung der Techtextil- und Avantex-Innovationspreise (10.6.2007)
- Bayerische Ingenieurekammer-Bau zeichnet "Wasser Bau Werke" aus (23.1.2007)
- Flexible Deckschicht schützt gefährdete Deiche (9.4.2006)
- Rollschott statt Sandsack (9.4.2006)
- Was bei potentieller bzw. akuter Hochwassergefahr zu beachten ist (24.8.2005)
- Folien auf Hochwasserdeichen wirkungslos (2.11.2002)
- Hochwasservorsorge gilt steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastung (28.2.2002)
siehe zudem:
- Bauforschung auf Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Wassergewinnung, Kanalisation, Abwasser, Deponie, Abfallbehandlung bei Baubuch / Amazon.de