Bäume transpirieren für kühlere Städte - allerdings abhängig vom jeweiligen Umfeld
(16.9.2016) Winterlinden (Tilia cordata) schwitzen nicht in jeder Umgebung gleich intensiv. Demzufolge hat ihre Transpiration (Wasserverlust aus Blättern) nicht an jedem Standort in überhitzten Städten eine optimale Kühlwirkung - zu diesem Ergebnis kommen Studien von Mohammad Rahman von der TU München. Seine neusten Erkenntnisse präsentierte der Pflanzenökologe am 8. September 2016 auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in Marburg. Unter dem Motto „150 years of ecology – lessons for the future“ trafen sich hier rund 500 Ökologen aus 30 Ländern.
Bordeaux Platz in München |
Rahman zufolge können Stadtbäume den Asphalt unter ihren Kronen um bis zu 20°C und die Luft um bis zu 2°C abkühlen. Wo und wann funktioniert die grüne Klimaanlage aber am besten?
Die optimale Kühlwirkung an Sommertagen sollen die
Stadtbäume liefern können, die auf offen angelegten Plätzen in Grünstreifen
wachsen. Auf gepflasterten, engen Plätze mit kleinen Aussparungen für die
Bäume sei die Kühlleistung der „grünen Lungen“ dagegen um 20% geringer -
so das Ergebnis von Rahmans Messungen an Winterlinden auf dem grünen Bordeaux Platz (siehe
Google-Maps und/oder
Bing-Maps) und dem gepflasterten Pariser Platz im Zentrum Münchens
(siehe
Google-Maps und/oder
Bing-
Pariser Platz in München |
„Die meteorologischen Bedingungen sind lokal sehr unterschiedlich und wirken sich darauf aus, wie die Bäume transpirieren“, erklärte der Forscher.
Kühlleistung von bis zu 2,3 Kilowatt.
Die Pflanzen geben Wasserdampf ab, wenn sie über ihre Spaltöffnungen Kohlendioxid (CO₂) für die Photosynthese aufnehmen. Am Bordeaux Platz maßen die Forscher in den pflanzlichen Adern eines Baumes einen Saftfluss von bis zu acht Litern pro Stunde. Rechnerisch erreichten die Winterlinden eine Kühlleistung von bis zu 2,3 Kilowatt. „Die Leistung der Bäume ist vergleichbar mit der einer Klimaanlage für einen Raum“, sagt der Pflanzenökologe.
Solarbetriebene Messanlage auf dem Grünstreifen am Bordeaux Platz in
München (Foto © M. Rahman, TU München)
Kleinräumige Unterschiede im Klima bringen die Pflanzen aber eben auf verschiedene Weise zum transpirieren, wie Rahmans Messungen zeigen: Im Vergleich zu einer gepflasterten, eng mit Häusern umstellten Fläche
- weht über offenen, grünen Flächen der Wind mit höherer Geschwindigkeit,
- die Luft ist weniger mit Wasser gesättigt und
- die Bäume sind stärker dem Sonnenlicht ausgesetzt.
Foto: S. Pauleit, TU München (Bild vergrößern)
„Diese Bedingungen begünstigen die Transpiration und somit den Kühlungseffekt der Bäume“, erklärt der Pflanzenökologe. Um all diese Parameter zu messen, installierte er mit fünf weiteren Forschern im Sommer 2015 rund 80 Sensoren an zehn Bäumen und mehreren Laternen in Münchens Innenstadt (Bild rechts).
„Um Hitze in den Städten zu reduzieren, wäre es sinnvoll, mehr offene Räume und Plätze zu schaffen – damit können wir das Kühlungspotenzial der Bäume direkt beeinflussen“, empfiehlt Rahman. Der Pflanzenökologe rät außerdem dazu, Bäume nicht direkt in Aussparungen im Pflaster zu pflanzen, sondern in Grünstreifen.
Originalveröffentlichung:
- Comparing the cooling benefits of different urban tree species at contrasting growth conditions.
- In: Gesellschaft für Ökologie e.V. (Hrsg.): Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie, Band 46.
- Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie, 5. – 9. Sep. 2016 in Marburg.
- Görich & Weiershäuser, Marburg, S. 367–368.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Verbände (BGL, bdla, BdB, DNR und ZVG) fordern Konjunkturprogramm für kommunales Grün (20.5.2020)
- Neue BuGG-Fachinformation „Geeignete Gehölze für Dachbegrünungen“ (6.2.2020)
- Welche Gründächer können in welchem Maß das Stadtklima positiv beeinflussen? (8.12.2019)
- Projekt „GrüneLunge“: Sich ändernde Umweltbedingungen bedeuten Stress für urbane Grünflächen (2.5.2019)
- Interaktive Karte über die gesündesten deutschen Wohngebiete aktualisiert (9.12.2018)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Maximale Verdunstungsleistung vom Klima-Gründach zur Kühlung von Städten (16.9.2016)
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- Cool Tile: Dunkle Fassadenkeramik aus Spanien mit hohem Hellbezugs-/TSR-Wert (12.7.2016)
- Forschungsprojekt entwickelt Visionen einer „Gartenstadt 21“ (10.1.2016)
- Grundlagenwerk zum grünen verdichteten Bauen: „Dense + Green“ (7.1.2016)
- Grüne Fassaden als natürliche Klimaanlagen (22.10.2015)
- BBSR-Broschüre zu Hitze und Starkregen in Städten und wie sich Kommunen wappnen können (12.7.2015)
- Mit hellen Fassaden und(!) Bäumen gegen „Dicke Luft“ in Städten (1.6.2015)
- Umfrage und Plädoyer für eine dezentrale, (regen-)wasserorientierte Stadtplanung (10.5.2015)
- Leitfaden zur Planung von Gründächern als klimatische Ausgleichsflächen (3.12.2013)
siehe zudem:
- Stadtplanung, GaLaBau-Magazin und Dachbegrünung im Dach Magazin bei BAULINKS.de
- Literatur / Bücher über GaLaBau bei Amazon