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Mit hellen Fassaden und(!) Bäumen gegen „Dicke Luft“ in Städten

(1.6.2015) Städte bilden „Wärmeinseln“ gegenüber dem Umland, da hier viele Wärme­quellen und geringe Luftbewegungen aufeinandertreffen. Abhilfe können helle Gebäu­de schaffen - man kennt das von Städten im Mittelmeerraum. Doch in neuen Simula­tionsrechnungen haben KIT-Forscher des Instituts für Meteorologie und Klimafor­schung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) nun am Beispiel von Stuttgart gezeigt, dass solche Maßnahmen zur Kühlung sogar die Luftqualität am Boden ver­schlechtern können. Die Lösung der Forscher: Helle Fassaden zur Kühlung und das Pflanzen ganz bestimmter Baumarten zur Verringerung der Schadstoffbelastung.

Die neue Simulationsstrategie der Forscher in Garmisch-Partenkirchen betrachtet die Temperaturentwicklung in Städten und den Transport von Schadstoffen gemeinsam. Am Beispiel der Hitzewelle von 2003 wurde das Stadtklima von Stuttgart unter ver­schiedenen Bedingungen simuliert. „Durch ihre Lage im Kessel ist die Stadt Stuttgart sehr interessant für Modellrechnungen zum Stadtklima“, erklärt Joachim Fallmann vom IMKIFU, der an der Modellentwicklung beteiligt war. So wurden verschiedene Szena­rien simuliert, in denen beispielsweise die Gebäude Stuttgarts aufgrund ihrer Farbe mehr Strahlung reflektieren.

zur Erinnerung: Albedo-Effekt

Weiße Häuser sind eine traditionelle Strategie gegen städtische Aufheizung in mediter­ranen Regionen. Joachim Fallmann erklärt diese Eigenschaft namens Albedo: „Je heller die Gebäude und Oberflächen in einer Stadt sind, desto geringer ist die Aufheizung, weil kurzwellige Strahlung reflektiert wird und das Material sich nicht erwärmen kann. Dann sprechen wir von einer hohen Albedo. Typische graue Hochhäuser haben dage­gen eine geringe Albedo und sind regelrechte Wärmefänger.“ (Siehe beispielsweise auch Baulinks-Beitrag „Klima-Studie mit weißen Dachsteinen“ vom 1.3.2010.)

Kühleffekt mit schwerwiegender Schattenseite

Der neue Modellansatz konnte bestätigen, dass hellere Gebäude tatsächlich geeignet sind, der Wärmeinsel entgegenzuwirken. Doch was die Luftqualität angeht, hat diese Strategie einen überraschenden Haken: „Wenn es kühler wird, ist die vertikale Durch­mischung der Luft weniger stark. So halten sich Feinstaub und Schadstoffe wie Stick­oxide näher am Boden und sind stärker konzentriert als in einer wärmeren Stadt.“ Be­sonders für Einwohner in Städten mit ausgeprägten primären Schadstoffquellen wie Industriequartieren oder besonders dichtem Verkehr hätte der Kühleffekt also auch eine schwerwiegende Schattenseite.

Im Fall anderer, sogenannter sekundärer Schadstoffe ist der Effekt wiederum positiv: „Wenn es kühler ist, bildet sich weniger schnell Ozon, das am Boden schädlich für die Atemwege sein kann.“ Die Atmosphärenchemie und die Wärmeentwicklung in einer Stadt müssen deshalb gemeinsam betrachtet werden.

Richtige(!) Pflanzen als Lösung: Ahorn statt Platanen

Mehr lebendes Grün in der Stadt ist eine Strategie, die den Effekt des verringerten Lufttransports jedoch ausgleichen kann. Bäume nehmen CO₂ auf und können an ihrer Oberfläche zudem Feinstaub binden. Doch auch hier sind Details entscheidend, wie Joachim Fallmann erklärt: „Es müssen auch die richtigen Bäume zum Einsatz kommen. Vor allem Pappeln, Eichen und Platanen zählen zu Produzenten von biogenen Stoffen wie Pollen, welche wiederum Vorläuferstoffe zur Bildung von Ozon abgeben können.“ Ein für die Luftqualität vorteilhafter Baum wäre in diesem Sinne etwa der Ahorn.

Letztlich, so Joachim Fallmann, muss jede Stadt individuell betrachtet werden: „Stutt­gart hat ganz andere Voraussetzungen als beispielsweise München, wo die Alpen häu­fig Frischluft liefern. Unser Ziel ist, das Simulationsmodell so zu verfeinern, dass es maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Städte zuverlässig überprüfen kann.“

Das IMK-IFU kooperiert mit dem Stuttgarter Amt für Umweltschutz, wo die Anwend­barkeit der Studien in der Stadtplanung diskutiert wird, sowie dem Institute of Ad­vanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam. Dort laufen im Moment ausführliche Kampagnen für die Stadt Berlin. Zudem ist das IMK-IFU in einem Europäischen Kon­sortium namens „Green Infrastructure“ involviert, das die Auswirkung von Stadtvege­tation auf die Luftqualität für verschiedene europäische Städte untersuchen wird.

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