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ZDH: „Ausweitung der Tachographenpflicht herber Schlag für Handwerksbetriebe“

Vorderseite einer analogen Tachoscheibe
Vorderseite einer analogen Tachoscheibe (© Patrick Seidler) Bild vergrößern
  

(10.6.2018) Am 4. Juni hat der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments die Ausdehnung der Pflicht zum Einbau eines digitalen Tachos auf Fahrzeuge zwischen 2,4 und 3,5 t beschlossen. Für Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), ist das ein herber Schlag: „Diese Entscheidung bedeutet für unsere  kleinen und mittleren Handwerksbetriebe zusätzliche bürokratische Belastungen und konkrete Einschränkungen in ihrer Mobilität. Die EU-Abgeordneten sollten mehr Sinn für die Realität und betriebliche Notwendigkeiten von Handwerksbetrieben beweisen.“

Wenn Europa es ernst meine mit seinem Versprechen, für weniger Bürokratie und mehr Bürgernähe zu sorgen, müsse das Abstimmungsergebnis im Plenum korrigiert werden, fordert der ZDH. Denn mit dem Beschluss vom 4. Juni habe die Politik über den Wirtschaftsbereich hinausgeschossen, auf den die Regulierung eigentlich ziele. Wenn die Politik den Güter- und Personenferntransport besser kontrollieren wolle, müssten die Regulierungen dann auch von Anfang an gezielt auf diese Branche beschränkt werden und nicht andere Wirtschaftsbereiche belasten!

Das deutsche Handwerk erkennt laut Schwannecke die Notwendigkeit der Regulierung und Kontrolle von Lenk- und Ruhezeiten im Personen- und Güterfernverkehr zum Schutz der dort beschäftigten Berufskraftfahrer und anderer Verkehrsteilnehmer ausdrücklich an. Deshalb sei es natürlich richtig, Spediteure und andere Logistikunternehmen zum Einbau digitaler Fahrtschreiber zu verpflichten. Völlig inakzeptabel aber sei, dass solche Regelungen dann auch andere Branchen massiv belasten.

Im Handwerk stelle sich die Situation ganz anders dar als im Transportgewerbe, erinnert Schwannecke: „Um zu einer Baustelle zu gelangen oder die Brötchen an Backfilialen und Geschäfte auszuliefern, werden keine Berufsfahrer eingestellt, sondern die Handwerker setzen sich selbst hinters Steuer. Sie fahren also direkt zum Ausführungsort und erledigen dort den Auftrag - die Lenkzeiten spielen dabei eine völlig untergeordnete Rolle.“

Digitaler Tachograph / Fahrtenschreiber (Quelle: Wikipedia / Elkawe) 

Zwar soll in Reaktion auf die Kritik des Handwerks nach dem Vorschlag des Verkehrsausschusses die Geltung der Tachographenpflicht im unteren Gewichtsbereich auf Internationale Transporte beschränkt werden. Aber gerade in den Grenzgebieten nach Dänemark, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, Frankreich und Österreich gehört grenzüberschreitende Tätigkeit auch im Handwerk zur normalen beruflichen Praxis in einem zusammenwachsenden Europa - womit sie nach aktueller Bewertung von den Änderungen betroffen wäre. Und aus Sicht des Handwerks wäre zudem nur der erste Schritt zu späteren weiteren Ausweitungen auch auf innerstaatliche Transportvorgänge im unteren Gewichtsbereich getan.

Dann wären allein in Deutschland in diesem Gewichtsbereich potenziell rund 2,5 Mio. zusätzliche Fahrzeuge betroffen. Viele davon sind im Handwerk und ähnlichen Branchen außerhalb des Fernverkehrs unterwegs. Für einen Betrieb fallen damit erhebliche Kosten an: Ausgaben von rund 1.500 Euro für den Einbau eines Tachographen, die Anschaffung von Kontrollkarten für das Unternehmen und seine Mitarbeiter, der Kauf von Software zur Datenverwaltung sowie regelmäßige Wartungs- und Auslesungspflichten.

Zwar soll die bisherige Handwerkerausnahme innerhalb eines Radius von 100 Kilometern bleiben. Allerdings muss hier jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob die komplexe Handwerkerausnahme tatsächlich angewendet werden kann. Nach den bisher gemachten langjährigen Erfahrungen gibt es stets eine große Anzahl von Konstellationen im Betriebsalltag, die nicht unter die Ausnahme fallen. Auch diese Rechtsunsicherheit ist nicht zu akzeptieren.

Ausnahmeregelung  für das Baugewerbe

Der einzige Lichtblick des Beschlusses ist die Schaffung einer verbesserten Ausnahmeregelung für das Baugewerbe: Statt den Geltungsbereich weiter auszudehnen, sollte dieser Weg weiter beschritten werden und auch die Handwerkerausnahme verbessert und in den weiteren Beratungen auf 150 km ausgeweitet werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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