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Unzulässig: „Warme Kante“ von Fenstern nicht auf Pfosten-Riegel-Fassaden übertragbar

(15.7.2016) Die Datenblätter des Bundesverbands Flachglas (BF) mit repräsentativen Psi-Werten für Fenster werden gerne auch für Festverglasungen in Pfosten-Riegel-Fassaden verwendet. Dabei sind sie hierfür gar nicht zulässig! Grund genug für den BF-Arbeitskreis Warme Kante, sich in seinem sechsten Forschungsvorhaben mit dem Thema Fassaden zu beschäftigen.

Der Wärmedurchgangskoeffizient Ucw von Pfosten-Riegel-Fassaden lässt sich nach EN ISO 12631 auf zwei Wegen ermitteln:

  • Das so genannte „Vereinfachte Beurteilungsverfahren“ ist keinesfalls einfach, sondern erfordert immer eine individuelle, detaillierte Berechnung mit FEM-Soft­ware.
  • Beim „Verfahren mit Beurteilung der einzelnen Komponenten“ wird der Ucw-Wert aus den flächen- und längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten (U- und Psi-Werte) der einzelnen Fassadenbestandteile zusammengesetzt.

Weil in Pfosten-Riegel-Fassaden als Füllungen Fenster, Paneele oder Festverglasungen vorkommen können, sind deutlich mehr Eingangsdaten zu bestimmen als bei Fenstern. Während für den Uw-Wert eines Fensters die zwei U-Werte von Glas und Rahmen so­wie der Psi-Wert für die Wärmebrücke am Glasrand benötigt werden, braucht es für den Ucw-Wert von Pfosten-Riegel-Fassaden schon bis zu fünf verschiedene U-Werte und sechs Psi-Werte.

Musterfassadenelement gemäß EN ISO 12631 mit den benötigten Kenngrößen zur Ucw-Wert-Ermittlung

  

Die linearen Wärmedurchgangskoeffizienten ψmg und ψtg für die Wärmebrücke am Übergangsbereich von der Festverglasungsfläche zur Pfosten- bzw. Riegel-Fläche können ...

  • entweder detailliert (und aufwändig) berechnet oder
  •  aus einer Tabelle im Anhang B der EN EN ISO 12631 abgelesen werden, was wiederum das wärmetechnische Verbesserungspotential einer warmen Kante nicht optimal ausschöpft.

Repräsentative Psi-Werte für Fassadenprofile

Analog zur Vorgehensweise in den BF-Datenblättern für Fenster wurden in dem For­schungsvorhaben am ift Rosenheim drei repräsentative Fassadenprofilklassen festge­legt: ein Holz-Metall-System und ein thermisch getrenntes Metall-Fassaden-System in zwei unterschiedlichen Profiltiefen. Für diese drei Fassadenprofilklassen wurden pro Warme-Kante-System jeweils für Zweischeiben- und für Dreischeiben-Isolierglas ins­gesamt sechs repräsentative Psi-Werte ermittelt.

Die ersten BF-Datenblätter mit repräsentativen Psi-Werten für Fassadenprofile wurden im Mai 2016 veröffentlicht. Die jeweils aktuell gültigen BF-Datenblätter für Fenster und für Fassadenprofile sind unter bundesverband-flachglas.de > Downloads verfügbar:

Anwendungsbereich gemäß ift-Richtlinie WA-22/1

Die repräsentativen Psi-Werte für Fassadenprofile dürfen nicht uneingeschränkt für alle Fassadenkonstruktionen verwendet werden. Der zulässige Anwendungsbereich ist durch die ift-Richtlinie WA-22/1 geregelt. Danach müssen Fassadenhersteller bei Ver­wendung der BF-Datenblätter „Psi-Werte Fassadenprofile“ folgende Vorgaben beach­ten:

  • Die tatsächlich verwendeten Fassadenprofile müssen mit den repräsentativen Profilen der BF-Datenblätter „Psi-Werte Fassadeprofile“ vergleichbar sein.
  • Die Wärmedurchgangskoeffizienten Um und Ut der tatsächlichen Fassadenprofile müssen (inkl. Schraubeneinfluss) bei Zweifach-Isolierglas größer oder gleich 1,3 W/m²K und bei Dreifach-Isolierglas größer oder gleich 0,9 W/m²K sein.
  • Bei außen freiliegendem Glasrand und bei SSG (Structural Sealant Glazing)-Sys­temen dürfen die repräsentativen Psi-Werte nicht verwendet werden.
  • Der tatsächliche Glaseinstand muss mindestens 13 mm betragen.
  • Die berechneten repräsentativen Ψ-Werte gelten für Ug ≥ 1,0 W/m²K bei 2-fach- bzw. Ug ≥ 0,5 W/m²K bei 3-fach-Isolierglas.
  • Bei Glasscheiben dicker als 6 mm müssen die repräsentativen Ψ-Werte mit Zu­schlägen erhöht werden. Die Glasdicke der mittleren Scheibe bei Dreifach-Auf­bauten ist nicht relevant. Sind die Glasdicken geringer als 6 mm, dürfen die Kor­rekturwerte von den repräsentativen Psi-Werten abgezogen werden.

BF-Merkblatt 004 - Kompass „Warme Kante“

Die „Bedienungsanleitung“ für die BF-Datenblätter, das BF-Merkblatt 004 - Kompass „Warme Kante“ - wurde im Mai 2016 umfassend überarbeitet und enthält jetzt nicht nur Informationen zu den repräsentativen Psi-Werten für Fenster, sondern auch zu den neuen BF-Datenblättern für Fassadenprofile. Darüber hinaus wurde ein weiteres Kapitel über die wärmetechnische Behandlung von Sprossenfenstern aufgenommen. Das Merkblatt lässt sich über bundesverband-flachglas.de > Downloads > Publikatio­nen downloaden (direkter PDF-Download).

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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