SolnetBW: Studie empfiehlt, Wärmenetze mit mehr Sonnenenergie zu speisen
(5.8.2015) In Baden-Württemberg könnten Nah- und Fernwärmenetze bis zu einem Anteil von 15% mit Solarwärme versorgt werden - zu diesem Schluss kommt eine im Juli erschienene Studie. Um den Anteil der solarthermischen Energie zu steigern, müssten allerdings bei den Protagonisten von Kommunen und Stadtwerken die Bekanntheit und das Wissen um die Technik verbessert werden.
Erstellt wurde die Studie im Rahmen des Projekts SolnetBW. An dem Projekt beteiligt sind ...
- das Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (Solites) als Koordinator,
- die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg,
- das Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart (IER),
- das Hamburg Institut Research (HIR) und
- der AGFW Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK.
In einem weiteren Schritt sollen nun potentielle Standorte mit besonders erfolgversprechenden Rahmenbedingungen gefunden und weitere Informations- und Beratungsaktivitäten zur Marktentwicklung erarbeitet werden.
Das Projekt SolnetBW läuft noch bis Ende April 2016. Konkretes Ziel ist die Initiierung von Neuanlagen in Baden-Württemberg mit einer Leistung von 35 Megawatt thermischer Leistung (MWth) - das entspricht in etwa 50.000 m² Kollektorfläche, etwa so groß wie sieben Fußballfelder. Finanziell unterstützt wird das Projekt vom Umweltministerium Baden-Württemberg im Rahmen des Forschungsprogramms BWPLUS.
solare Nahwärme mit saisonaler Wärmespeicherung
Schon in den vergangenen Jahren interessieren sich Stadtwerke und Fernwärmeversorger, aber auch Kommunen, die Wohnungswirtschaft und lokale Energieinitiativen für den kommerziellen Einsatz solar unterstützter Wärmenetze. Eine Vorreiterrolle hat Baden-Württemberg übernommen. Im sonnenreichen Südwesten stehen vier von elf deutschen Pilotanlagen zur solaren Nahwärme mit saisonaler Wärmespeicherung. Deutschlands größte Anlage mit einer Kollektorfläche von 7.300 m² wird von den Stadtwerken Crailsheim betrieben. Weitere Großanlagen gibt es in Friedrichshafen, Neckarsulm und Eggenstein-Leopoldshafen.
100% solarer Sommerbetrieb bei 15 - 20% Deckungsgrad
Solare Wärmenetze beruhen auf der Einbindung solarthermischer Großanlagen in Nah- und Fernwärmenetze. Die Größe des Kollektorfeldes bemisst sich nach dem solaren Deckungsgrad am Gesamtwärmebedarf:
- Ein Anteil von 15 bis 20% etwa bedeutet, dass die Solaranlage den Sommerbetrieb praktisch alleine abdeckt. Bei beispielsweise 10.000 MWh Jahresbedarf ist dafür ein Solarfeld mit 4.000 bis 5.000 m² Kollektorfläche notwendig.
- Höhere Deckungsgrade erfordern größere Speicher bis hin zur saisonalen Speicherung. Dann sollen Deckungsgrade von 50% möglich sein.
Die Kollektorfelder werden am kostengünstigsten auf Freiflächen installiert, möglich ist aber auch die Montage auf großen Dächern. Es kommen Flachkollektoren oder Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz. Zahlreiche Großanlagen bis maximal 50 MWth finden sich vor allem in Dänemark. Größere Anlagen gibt es aber auch - noch nördlicher - in Schweden und in Österreich.
Für eine Einspeisung der Sonne in Wärmenetze spricht vieles: Eine solche Art der Wärmeversorgung ...
- ist besonders umweltfreundlich,
- verringert die Ressourcenabhängigkeit,
- erhöht die lokale Wertschöpfung und
- stößt in der Bevölkerung auf eine hohe Akzeptanz,
- lässt sich anlagentechnisch vergleichsweise einfach betrieben und
- ist gut kalkulierbar und kostengünstig.
Da die Betriebskosten naturgemäß eine untergeordnete Rolle spielen, stellen „nur“ die Kapitalkosten einen wesentlichen Anteil an den Wärmegestehungskosten dar. Dies führt zu einer langfristigen Kalkulierbarkeit, Planungssicherheit und Stabilität der finanziellen Aufwendungen.
Wärmegestehungskosten von 3 bis 5 Cent/kWh
Die Autoren der SolnetBW-Studie haben anhand der bestehenden Anlagen in günstigen Fällen Wärmegestehungskosten von 3 bis 5 Cent pro Kilowattstunde (kWh) ermittelt. Damit wäre die Solarthermie in zahlreichen Anwendungen eine wirtschaftlich konkurrenzfähige Erzeugungsoption. Beispielrechnungen zeigen zudem, dass solarthermische Großanlagen kostenneutral mit Biomasse-Heizwerken kombiniert werden könnten. Bedingung ist jedoch eine Größe von über einem Megawatt thermischer Leistung, eine einfache Anlagentechnik, solare Deckungsanteile an der Gesamt-Wärmeerzeugung bis 20 Prozent sowie niedrige Netztemperaturen.
Dennoch verhindern wohl verschiedene Vorbehalte den Ausbau solarer Nahwärme. Zu den Hemmnissen gehören lückenhafte Kenntnisse und mangelndes Vertrauen in die solare Wärmeerzeugung seitens der Wärmeversorger sowie die zu gering erscheinende Verfügbarkeit geeigneter Flächen. Auch technische Hemmnisse für eine Realisierung werden oft als Grund angegeben, obwohl sie nur selten bestehen sollten.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- PDF: Studie „Solare Wärmenetze für Baden-Württemberg - Grundlagen | Potenziale | Strategien“
- SolnetBW
- KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH
- SolardachCheck und weitere EnergieSparRatgeber
- „Intelligentes Nahwärmenetz“ im Unterschied zum „Konventionellen Nahwärmenetz“ (4.1.2022)
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- BINE-Fachbuch „Solare Wärme für große Gebäude und Wohnsiedlungen“ (29.7.2013)
- Große Solaranlagen als zentrale Elemente von Modernisierungskonzepten (2.4.2006)
siehe zudem:
- Solarthermie im alternative Energien-Magazin auf Baulinks
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