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CoClean-up: Virenfreie Luft durch Raumlüfter mit kalter Verbrennung von zwei Fraunhofer-Instituten

(4.6.2021) In geschlossenen Räumen ist die Ansteckungsgefahr durch Viren besonders groß. Denn Aerosole spielen eine entscheidende Rolle bei der Übertragung von beispielsweise Sars-CoV-2 und erhöhen die Konzentration der (Corona-)Viren in Büros und Co. Ein neuartiges Lüftungssystem, das die Fraunhofer-Institute für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) und für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM) derzeit entwickeln, filtert Viren aus der Raumluft, verbrennt sie kalt und lässt nichts anderes übrig als geringe Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO₂) und Wasserstoff.

Warum nicht klassische Filter oder UV-Licht?

Zwar gibt es bereits Filter, die Raumluft reinigen - allerdings werden die Viren hier lediglich zurückgehalten. Versäumt man den Filterwechsel, kann es zu einem Durchbruch kommen, bei dem eine geballte Virenmenge in die Luft gepustet werden kann. Auch der Filterwechsel wirft Fragen auf: Wie lassen sich benutzte Filter mit ihrer Virenfracht sicher austauschen und entsorgen? Eine Alternative sind UV-Filter: Sie zerstören die Viren zwar größtenteils, allerdings entstehen dabei oftmals andere gesundheitsschädliche Substanzen. Auch UV-Filter lösen das Problem also nur teilweise.

Alternative: Kalte Verbrennung der Viren

Von außen wird sich der Raumlüfter der beiden Fraunhofer-Institute nicht wesentlich von bestehenden Modellen unterscheiden. Der Prozess dahinter ist allerdings vollständig neu: „Unser Raumlüfter zerstört Viren und anderes organisches Material vollständig“, erklärt Hans-Jürgen Friedrich, Gruppenleiter am Fraunhofer IKTS. „Unser Prozess macht mit Corona-Viren also wirklich kurzen Prozess.“

Wo bei bisherigen Anlagen nur ein Filter steckt, werden die Viren in der neuen Anlage kalt verbrannt. Dazu wird die Raumluft in eine Salzlösung eingeleitet, in der die Viren und andere organische Bestandteile hängen bleiben. Die gereinigte Luft wird wieder in den Raum entlassen.

In der Salzlösung befinden sich zwei Elektroden, zwischen denen eine elektrische Spannung anliegt. An einer davon werden die organischen Substanzen, aus denen die Viren bestehen, vollständig zu CO₂ oxidiert - also kalt verbrannt -, an der anderen entstehen geringe Mengen Wasserstoff. Bei einer üblichen Raumgröße und etlichen Personen im Raum kommen über mehrere Stunden nur einige hundert Milliliter CO₂ und Wasserstoff zusammen, die sich auf die gesamte Raumluft verteilen. Zum Vergleich: Die Luft, die ein Mensch ausatmet, enthält etwa 40 Milliliter CO₂ in einem einzigen Liter, und das bei jedem Atemstoß.

Gelelektrophorese zum Nachweis des elektrochemischen Proteinabbaus. (Foto © Fraunhofer IKTS) 

Derzeit führen die Forscherteams Testläufe mit ungefährlichen Substanzen durch. „Für die Tests nutzen wir aus Sicherheitsgründen keine Corona-Viren, sondern repräsentative Surrogate, die sehr ähnliche Eigenschaften haben“, erläutert Dr. Katharina Schwarz, Abteilungsleiterin am Fraunhofer ITEM. Am Fraunhofer IKTS wurden, um den Aufbau zu überprüfen, die biologischen Testsubstanzen direkt in die Salzlösung gege­ben - und dann sowohl die Zersetzung der Testsubstanz an den Elektroden analysiert als auch die Konzentration an Testsubstanz in der ausgeleiteten, sauberen Luft gemessen.

In einem weiteren Schritt wollen die Forscher Aerosole mit Viren beladen und diese über Pumpen in die Salzlösung einleiten. Auch hier greifen die Forscherteams zunächst einmal zu ungefährlicheren Surrogatviren. „Meines Wissens gibt es in ganz Europa derzeit keine standardisierte Möglichkeit, gefährliche Viren luftgetragen - also als Aero­sol - für Untersuchungen der Wirksamkeit von Luftreinigungs- und -desinfektions­sys­te­men zu nutzen«, erläutert Frau Schwarz.

CoClean-up im Test

Der im Projekt CoClean-up entwickelte Raumlüfter wurde zum Projektende im April 2021 als Demonstrator fertiggestellt. Jetzt dürfte es noch etwa eineinhalb Jahre dauern bis das System soweit ist, dass eine Markteinführung unter Beachtung der regulatorischen Anforderungen möglich wäre. Dann allerdings beseitigt der Raumlüfter nicht nur Corona-Viren, sondern könnte auch bei anderen Fragen der Raumluftverbesserung helfen, wie zum Beispiel bei Viren in der Tierhaltung, Schweine- und Geflügelpest.

Weitere Möglichkeiten zur Beseitigung von luftgetragenen Schadstoffen werden derzeit innerhalb des Fraunhofer IKTS überprüft. „Es gibt nur wenige Möglichkeiten, solche Probleme derart zu lösen, dass am Ende nur CO₂ rauskommt“, konstatiert Herr Friedrich. „Unser Ansatz hat da viel Potenzial – nicht nur, aber auch bei Corona.“

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