Kabelverlegesystem für Funktionserhalt: Brandschutz beginnt bei der Planung
(29.7.2025) Ob Neubau oder Sanierung – der Brandschutz zählt zu den wichtigsten Themen jeder technischen Gebäudeausstattung. Eine zentrale Herausforderung bei jedem Gebäude besteht darin, sicherzustellen, dass essenzielle Sicherheitseinrichtungen auch im Brandfall nicht ausfallen. Dies betrifft unter anderem Rauchabzugssysteme, Alarmierungsanlagen, Sicherheitsbeleuchtungen oder auch die Energieversorgung von Aufzügen und Belüftungssystemen. Damit diese Systeme ihre Aufgabe erfüllen können, kommt der fachgerechten Planung und Verlegung von Kabelmanagementsystemen eine besondere Bedeutung zu.
Funktionserhalt unter extremen Bedingungen
Bricht ein Feuer aus, steigen die Temperaturen innerhalb weniger Minuten auf mehrere hundert bis über tausend Grad Celsius. Für elektrische Leitungen bedeutet das in der Regel das Aus – sei es durch Schmelzen der Isolierung, Verlust der Leitfähigkeit oder mechanisches Versagen. Selbst hochwertige, hitzebeständige Kabel verlieren unter solchen Bedingungen ihre Stabilität.
Um dennoch eine temporäre Aufrechterhaltung der Funktion zu gewährleisten, werden spezielle Verlegesysteme eingesetzt. Diese Kabelmanagementsysteme stützen, führen und fixieren die Kabel so, dass sie auch unter Brandeinwirkung bis zum Eintreffen der Sicherheitskräfte betriebsbereit bleiben. Ein verlässlicher Funktionserhalt ist dabei nicht nur technisch möglich, sondern auch normativ gefordert – vor allem an stark frequentierten Orten wie Bahnhöfen, Kliniken, Tiefgaragen oder Hochhäusern.
In Deutschland regeln verschiedene Vorschriften, wie der Schutz gewährleistet werden kann. Dazu gehören unter anderem die Landesbauordnungen (LBO), die Leitungsanlagenrichtlinie (LAR) sowie ergänzende technische Bestimmungen – wobei die Umsetzung je nach Bundesland variieren kann. Ob eine Kabelanlage die hohen Anforderungen erfüllt, wird im Regelfall durch bauaufsichtliche Prüfungen nachgewiesen. Besonders bedeutend ist in diesem Zusammenhang die DIN 4102-12, die sowohl Prüfmethodik als auch Schutzziele klar definiert.
DIN 4102-12: Warum die Norm entscheidend ist
Die Norm beschreibt detailliert die Bedingungen für Brandprüfungen von elektrischen Kabelanlagen, die bei Brandeinwirkung funktionsfähig bleiben sollen. Anwendung findet die Vorschrift auf Kabelsysteme, die für Spannungen bis 1.000 V ausgelegt sind. Sie betrachtet die Systeme dabei ganzheitlich: Nicht nur die Funktionserhaltskabel selbst, sondern auch deren Verlegesysteme – wie Kabelrinnen, Kabelleitern oder Tragschienen – werden als Einheit bewertet. Ein zentrales Kriterium ist dabei die Halogenfreiheit der Kabel, um im Brandfall die Entstehung toxischer oder korrosiver Gase zu vermeiden. Damit wird nicht nur das Leben von Menschen geschützt, sondern auch der Folgeschaden am Gebäude reduziert.
Nur wenn das komplette System den Anforderungen unter realitätsnahen Prüfbedingungen standhält – etwa gemäß der Einheits-Temperaturzeitkurve (ETK) –, kann ein sogenanntes allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) ausgestellt werden. Dieses Zertifikat bestätigt, dass über eine definierte Zeitspanne hinweg keine stromführenden Leiter brechen oder Kurzschlüsse auftreten.
Verlegesysteme im Vergleich – Normtragekonstruktionen und flexible Alternativen
Für die Planung und Umsetzung stehen zwei Haupttypen von Verlegesystemen zur Verfügung: Normtragekonstruktionen und kabelspezifische Sonderlösungen.
Normtragekonstruktionen umfassen gängige Komponenten wie Kabelrinnen, Kabelleitern, Einzelschellen oder Steigetrassen. Diese Systeme haben den Vorteil, dass sie herstellerübergreifend eingesetzt werden können, sofern sie nach DIN 4102-12 geprüft wurden. Das erleichtert die Planung, insbesondere bei standardisierten Bauprojekten. Allerdings sind die technischen Vorgaben strikt: Vorgeschriebene Materialstärken, maximale Befestigungsabstände, Gewindestangen zur Abhängung und Gewichtslimits begrenzen die Gestaltungsfreiheit deutlich.
Demgegenüber bieten kabelspezifische Verlegesysteme deutlich mehr Flexibilität. Hier können Materialien, Belastungsgrenzen und Montageabstände variabler gestaltet werden – vorausgesetzt, die jeweilige Kombination aus Kabel und Verlegesystem wird separat geprüft und zertifiziert. Neben den bereits erwähnten Komponenten für Normtragekonstruktionen kommen hier auch Gitterrinnen, Leitungsschutzkanäle, Sammelhaltern, Edelstahltragkonstruktionen oder Elektroinstallationsrohre zum Einsatz. Gerade bei anspruchsvollen Bauwerken oder bei Sanierungen eröffnen sich so praxisnahe Lösungen mit geringerem Installationsaufwand – und oft auch geringeren Kosten. So kann auf den in der Normtragekonstruktion vorgesehenen Gewindestab verzichtet werden und Systeme mit abweichenden Materialstärken, höheren Traglasten oder größeren Befestigungsabständen genutzt werden – selbst, wenn diese in der DIN 4102-12 nicht ausdrücklich berücksichtigt sind.
Zusammenarbeit als Schlüsselfaktor für Brandschutzlösungen
Hersteller wie die Niedax Group bieten geprüfte Lösungen für unterschiedliche Anforderungen an, wobei alle Systeme die nötigen abP-Zertifikate mitbringen. Für Bauherren und Planer bedeutet das ein hohes Maß an Planungssicherheit. Um Fehlplanungen oder spätere Nachrüstungen zu vermeiden, empfiehlt sich die frühzeitige Einbindung von Fachplanern, Prüfstellen und Produktherstellern. Denn klar ist: Der Brandschutz beginnt nicht beim Feuer – er beginnt mit der richtigen Planung.
Autor: Dipl.-Ing. (FH) Dirk Schäfer, Produktentwickler bei Niedax
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