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Betrug beim öffentlichen Einkauf von Bauleistungen vermeiden

(12.7.2004) Jedes Jahr baut die öffentliche Hand in Deutschland - also Bund, Länder und Gemeinden sowie verschiedene Körperschaften öffentlichen Rechts - für rund 100 Milliarden Euro. Marktwirtschaftlich ausgedrückt: Hier wird in einem exponierten Maß Bauleistung eingekauft. Dabei wird, so die These der Dr. Schiller & Partner GmbH, aufgrund fehlender Preistransparenz mehr Geld ausgeben, als nötig.

Im folgenden soll gezeigt werden, wie durch konsequente Anwendung der geltenden Vergabevorschriften ein nicht unerheblicher Anteil der Bausumme eingespart werden kann. Die besonderen Stichworte hierzu:

  • Aufklärung von Angebotsinhalten sowie
  • Angemessenheit von Baupreisen (VOB/A § 24 und 25)

Die Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen geschieht in aller Regel nach einer öffentlichen Ausschreibung. Rechtsgrundlagen hierfür sind die VOB, das Vergabehandbuch für Bund und Länder, welches auch in vielen Kommunen zur Anwendung empfohlen ist sowie Durchführungsverordnungen.

Als Ergebnis einer Ausschreibung ist das Angebot zu beauftragen, welches nach Abwägung aller Faktoren - von denen der Preis nur einer (wenn auch sehr wesentlicher) ist - als das wirtschaftlichste erscheint. Dies muss nicht zwangsläufig das billigste sein, wenn auch in der Praxis zumeist so verfahren wird.

Auf den ersten Blick ist ein öffentliches Ausschreibungsverfahren das beste denkbare Mittel, um ein wirtschaftliches, also auch preisgünstiges Angebot, zu erhalten. Wobei es nicht wirklich einsehbar ist, warum der öffentlichen Hand verwehrt ist, was jeder Private darf - nämlich über die angebotenen Preise im einzelnen verhandeln. Jeder private Bauherr weiß, dass er so seine Bauleistung meistens günstiger einkauft, als wenn er ohne weiteres das günstigste, zunächst vorliegende Angebot beauftragen würde. Das öffentliche Vergaberecht schließt dieses jedoch rigoros aus.

Dennoch bieten sich sinnvolle Möglichkeiten, aus Auftraggebersicht das Ergebnis einer Ausschreibung zu verbessern. Ein wesentliches Ziel sollte dabei sein, am Ende auch so abzurechnen, wie es am Anfang - bei der Vergabe - geplant war. Genau dies geschieht aber oft nicht. Stattdessen wird es teurer als vom Auftraggeber geplant.

Fünf bekannte Gründe für Baupreissteigerungen

Welche Probleme führen in der Praxis im wesentlichen dazu, dass Bauvorhaben am Ende mehr kosten, als das Ergebnis einer Ausschreibung es erwarten ließ?

  1. Nachträge aufgrund zusätzliche Leistungen bedingt durch Planungsänderungen. Die hier vereinbarten Einheitspreise liegen oft über dem Niveau des Hauptauftrags.
  2. Nachträge aufgrund unvollständiger, nichteindeutiger oder auch technisch nicht aktueller Ausschreibungsinhalte. Auch hier liegen die Einheitspreise oft über dem Niveau des Hauptangebots.
  3. Mengenänderungen, die aufgrund der +/- 10% Regel der VOB eine neue Vereinbarung von Einheitspreisen veranlassen.
  4. Zusatzforderungen aufgrund behaupteter Behinderungen
  5. Insolvenz: Eine Besonderheit, die leider in den letzten Jahren immer häufiger zu beobachten ist: Der beauftragte "supergünstige" Bieter geht während der Ausführung in Insolvenz. Die Folge: Zusatzkosten bei Neubeauftragung ( auf die alten Preise wird wohl niemals jemand einsteigen ) sowie tatsächlicher Behinderungen, Störungen und Verzögerungen im Bauablauf sowie der Verlust von Gewährleistungsansprüchen.

Was das Vergaberecht erwartet

Dabei könnten im Rahmen der bestehenden Regelungen ein guter Teil dieser Zusatzkosten abgewehrt werden, wenn zwei Punkte gegeben wären:

  1. Die Kenntnis und Anwendung aller Regeln bei allen Beteiligten, vor allem Bauherr und Architekt.
  2. Die notwendige Fachkenntnis bei Bauherr und Architekt, die eine wirksame Anwendung der Regeln erst möglich machen.

Das Vergabehandbuch fordert zu jedem Angebot auch die zusätzliche Abgabe von Kalkulationsgrundlagen. Diese sind in standardisierten Formblättern, den EFB Preis 1 (a-d) und 2, zu dokumentieren.

EFB-Preise 1 und 2

In den EFB Preisen 1 gibt der Bieter unter anderem an, mit welchem Verrechnungslohn er kalkuliert sowie seine prozentualen Zuschläge auf die unmittelbaren Kosten für Baustellengemeinkosten, allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn. Darüber hinaus auch den gesamten Anteil der Stoffkosten, die Anzahl der insgesamt kalkulierten Arbeitsstunden sowie den Betrag für Nachunternehmerleistungen.

Bei den EFB Preisen 2 gibt er für ausgewählte, im Gesamtumfang wesentliche Leistungen, die Einzelheiten der Kalkulation an. Also Zeitaufwand, Material- und sonstige Kostenanteile.

"Aufklärung" und "Angemessenheit"

Sinn dieser Informationen ist vor allem, Aufklärung über die Angemessenheit der angebotenen Preise zu erlangen. Dieses geschieht - wenn überhaupt - durch Vergleich der verschiedenen EFB- Angaben. Ein Indiz dafür, dass dies in der Praxis eher nicht geschieht, ist die Tatsache, dass zwar jedes gängige AVA-Programm einen Preisspiegel für den Vergleich von Einheitspreisen liefert, aber kein einziges nach Kenntnis des Verfassers die Möglichkeit bietet, die Angaben der EFB zu erfassen und zu vergleichen.

Darüber hinaus nützt dieser relative Vergleich zwischen den Bietern nichts, wenn jedes pfiffige Bauunternehmen (und auf lange Sicht gibt es nur pfiffige Bauunternehmen) diese Blätter im gleichen Sinne nutzt, um zukünftige, einträgliche Nachtragsforderungen vorzubereiten. Dies ist immer dann möglich, wenn der Bieter annehmen darf, dass weder der Bauherr noch der von ihm eingesetzte Architekt, der seine Interessen treuhänderisch wahrzunehmen hat, Kenntnis von den Einzelheiten und Inhalten der Kalkulation hat.

So werden EFB-Preise manipuliert

Die missbräuchliche Nutzung der EFB-Preise geschieht nach ganz einfachen Prinzipien (ein praktisches Beispiel dazu sehen Sie hier im PDF-Format):

  • Die Zeitanteile werden bewusst zu niedrig angesetzt.
  • Die Stundenverrechnungssätze werden dagegen zu hoch angesetzt.
  • Die Materialkosten werden bewusst zu niedrig angesetzt.
  • Die Zuschläge für Gemeinkosten werden dagegen zu hoch angesetzt.

Zunächst entstehen völlig plausible Einheitspreise. Wenn jetzt alles nach diesen abgerechnet würde, wäre alles in Ordnung.

Die teuren Folgen manipulierter EFB-Preise

Wenn nun Nachtragsforderungen auftreten, zum Beispiel aufgrund von Planungsänderungen, dann werden die zusätzlichen Leistungen mit dem real nachweisbaren Zeitaufwand und den angefallenen Materialkosten kalkuliert - also mit den zuvor dargelegten zu hohen Stundenverrechnungssätzen und Zuschlägen für Gemeinkosten multipliziert. Das Ergebnis: Deutlich überhöhte Einheitspreise. Wenn jedoch im Zuge der Aufklärung der Angebotsinhalte entweder auf die Vorlage der EFB-Blätter verzichtet wurde oder deren Inhalte nur billigend zur Kenntnis genommen worden sind, hat der Bauherr praktisch keine Chance, sich gegen diese Preise zu wehren.

Eine weitere, negative Folge: Viele Planer schreiben aus "Sicherheitsgründen" sehr überschlägig und auskömmlich ermittelte Mengen aus ("Das ist meine Kostenreserve"). Pech nur, wenn die real abgerechneten Mengen eine Neufestsetzung von Einheitspreisen, hier auf Verlangen des Auftragnehmers, erlauben. Der Auftragnehmer darf nach VOB die Umlage der Gemeinkosten auf die die verminderten Mengen neu verlangen, was in jedem Fall zu höheren Einheitspreisen führt. Wenn diese Gemeinkostenanteile dann nach o.a. Missbrauchsprinzipien zu hoch angesetzt sind, werden diese zu hohen Kosten überproportional auf neue Preise umgelegt.

Besonders trickreich ist eine weiter Folgerung: Da zu niedrige Arbeitszeiten als angebliche Kalkulationsbasis angegeben wurden, andererseits aber auf der Baustelle ein durchaus höherer Einsatz von Arbeitskräften sichtbar wird, wird in Umkehrung von Ursache und Wirkung eine angebliche Behinderung an der Baustelle vorgegeben, "bewiesen" durch den tatsächlichen Arbeitskräfteeinsatz, womit natürlich wieder Zusatzforderungen begründet werden.

Alle diese aus Bauherrensicht - und bei der öffentlichen Hand darf man genauso gut sagen: aus Steuerzahlersicht - höchst ärgerlichen Vorgänge kann der Bauherr bzw. der von ihm eingesetzte Architekt nur verhindern, wenn er sich auf Ebene der EFB-Preise mit den Angeboten der Bieter beschäftigt und auch das notwendige Fachwissen im Detail zur Verfügung hat.

Insolvenz während der Ausführung

Der zweifellos harte Wettbewerb unter den Bauunternehmen ist die Ursache dafür, dass zunächst über äußerst knapp kalkulierte, möglicherweise von vornherein verlustbringende Angebote versucht wird, an einen Auftrag zu kommen. Dies geschieht in der Hoffnung, diesen dann u.a. mit vorbeschriebenen Mitteln "sanieren" zu können.

Wenn dies nicht gelingt, tritt eine neue Gefahr ein - durchaus real, wie tägliche Meldungen belegen: Der Unternehmer geht im Zuge der Ausführung in Insolvenz und hinterlässt neben einer halbfertigen Baustelle jede Menge Probleme.

Was die VOB dazu sagt

Dabei gibt das Vergaberecht mit der VOB in § 25 eine eindeutige Vorschrift: Absatz 3.(1) lautet: "Auf Angebote mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden." Und weiter unter 3.(3): "In die engere Wahl (für die Beauftragung, Anm. d. Verf.) kommen nur solche Angebote, die (...) eine einwandfreie Ausführung einschließlich Gewährleistung erwarten lassen."

Der Blick auf die nach vorgenanten Prinzipien unkorrekt ausgefüllten EFB-Preise bringt ohne vertiefte Sachkunde keine Erkenntnis: Die Verrechnungssätze für Lohn scheinen auskömmlich, die Anteile für Material usw. sind schwer nachvollziehbar. Wäre es jedoch möglich, anhand einer Vergleichskalkulation nachzuweisen, dass ein Angebot nicht die Kosten deckt, wäre ein Ansatzpunkt für Aufklärung gegeben. Kann diese nicht erfolgen, ist die Voraussetzung für einen Vergabeausschluss gegeben.

Tariftreueerklärung

Ein weiteres Stichwort gehört in diesen Zusammenhang, was in jüngerer Zeit hinzugekommen ist. Aus wohlverstandenem öffentlichen Interesse verlangen immer mehr öffentliche Bauherren eine Tariftreueerklärung, d.h. die Zusicherung, dass die beschäftigten Arbeitnehmer beim Auftragnehmer nach den geltenden Tarifen bezahlt werden (und nicht zu sog. "Dumpinglöhnen" ). Schließlich hat die öffentliche Hand, also der Steuerzahler, nichts davon, wenn einerseits billig gebaut wird, auf der anderen Seite die öffentliche Kassen aber nicht die bei "ordentlichen" Auftragnehmern entstehenden Einnahmen für Sozialversicherung, Lohnsteuer etc. erhalten.

Der Status quo

Die öffentliche Hand baut teurer als notwendig, weil sich die Möglichkeiten, die das Vergaberecht heute schon bietet, zumeist nicht angewendet werden. Eine reale Erklärung dafür ist, dass das notwendige Kalkulationswissen in den Berufsausbildungen der handelnden Personen nicht vermittelt wird.

Diese ist nicht nur insgesamt für die Allgemeinheit schädlich, sondern führt auch dazu, dass innerhalb der oft knappen Budgets notwendige Aufgaben, selbst im Reparaturbereich , nicht wahrgenommen werden können. Eine Änderung dieses Zustandes liegt nicht im Interesse der ausführenden Bauwirtschaft, auch nicht im Interesse der planenden Architekten, weil diese durch die HOAI auch an zu teurem öffentlichen Bauen profitieren, sondern allein im Interesse der Bauherren, also im öffentlichen Bereich bei Bund, Ländern und Gemeinden.

Lösungsangebot: Dynamische BauDaten mit LVcontrol

Dabei ist schon heute eine durchgreifende Verbesserung dieser Zustände möglich: Das Unternehmen Dr. Schiller & Partner aus Dresden, bekannt als Hersteller einer Reihe von Produkten unter der Überschrift "Dynamischen BauDaten (DBD)", bietet unter dem Namen LVcontrol eine Wissensdatenbank an, die für nahezu jede denkbare Bauleistung, die mit dem STLB-Bau beschrieben werden kann, das für die Beurteilung von EFB-Preisen notwendige Wissen liefert. Voraussetzung für die Anwendung ist lediglich, dass die Bauleistungen mit dem STLB-Bau ausgeschrieben werden. Nachdem das STLB-Bau bereits auf Bund- und Länder Ebene verpflichtend eingeführt wurde und viele Kommunen sich an diesem Beispiel orientieren, sollte dies gegeben sein. Über standardmäßige GAEB-Schnittstellen können Leistungsbeschreibungen mit Preisen aus AVA-Systemen in LVcontrol exportiert werden und dort nach den Merkmalen der EFB untersucht werden.

Die Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse liegt in der Hand des Bauherren. Sicherlich wird es neben der Nutzung des dargestellten Informationsangebots der Dynamischen BauDaten auch notwendig sein, dass sich die handelnden Personen in den öffentlichen Vergabestellen zu diesem Themenkomplex fortbilden, um so den Ausführenden argumentativ gewachsen zu sein. Die abschätzbaren Spareffekte, ohne auf Leistung zu verzichten, sollten Grund genug sein, dies zu tun.

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