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Anforderungen an und Prüfungen von Hightech- Unterspann- und Unterdeckbahnen


Aufbau Schlagregentest (Bild vergrößern)

(4.1.2013) Diffusionsoffene Unterdeck- und Unterspannbahnen sind relativ junge Produkte. Noch vor 20 Jahren konnte man sich ein solches Leistungsspektrum bei Unterdeckungen nicht vorstellen: extrem diffusionsoffen, reißfest und dazu wasser­undurchlässig. Mit diesen Produkten wurden überhaupt erst moderne, kostengünstige und bauphysikalisch sinnvolle Dach­sanierungen möglich. Das Hightech-Produkt Unterdeckung muss vielfältigen Anforderungen gerecht werden. Diese Anfor­derungen unterscheiden sich im europäischen Umfeld zum Teil erheblich.

Die EN 13859 legt fest, nach welchen Normen / Regelungen die Produkte getestet werden müssen; sie gibt keine zu erzielen­den Werte vor. Die Vorgaben sind von Land zu Land anders geregelt. Für Deutschland beispielsweise sind die Anforderun­gen in den Produktdatenblättern Unterspannbahnen (USB) bzw. Unterdeckbahnen (UDB) des ZVDH (Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks) vom Januar 2010 enthalten.

Hierzulande sind weitgehend nur USB- und UDB-Bahnen der A-Klasse im Einsatz. Mit ihnen sind - im System mit Klebstoffen, Klebebändern und Nageldichtbändern - vor allem die wichtigen Eigenschaften einer Behelfsdeckung realisierbar. Um diese Klassi­fizierung zu erreichen, müssen die Bahnen bestimmte Eigenschaften aufweisen.

Reißfestigkeit


Reißversuch (Bild vergrößern)
   

Die Reißfestigkeit einer Bahn wird in N/50 mm angegeben. Für diese Prüfung wird ein 100 x 200 mm großes Stück Bahn einmal längst gefaltet, so dass dabei ein zweilagiges, 50 x 200 mm langes Bahnen-Stück entsteht. Dieser Streifen wird in einer speziellen Zugmaschine mit einer definierten Geschwindigkeit bis zum Bruch belastet. Die Reißfestigkeit wird in Längsrichtung (Produktionsrichtung) und quer dazu gemessen und anschlie­ßend werden die Werte gemittelt. Deutschland fordert in Längsrichtung 250 N/50 mm und quer 200 N/50 mm, damit die Klasse UDB-A erreicht wird. Trotz der höheren Anforderungen an Unterspannbahnen (Durchbruchgefahr), wird für Unter­spannbahnen USB-A in Längsrichtung nur 200 N/50 mm und quer 150 N/50 mm gefordert. Nach einer künstlichen Alterung müssen die Bahnen noch 65% ihrer ursprünglichen Festigkeit aufweisen.

Nagelreißfestigkeit

Der Versuchsaufbau zur Reißfestigkeit wird auch für die Nagelausreißfestigkeit ge­nutzt. Ein gefalteter Streifen in der Größe 50 x 200 mm wird in einen fiktiven Nagel eingehängt und auf Zug belastet, bis die Bahn reißt. In Deutschland wird keine Nagelreißfestigkeit gefordert.

Grammatur

Die Grammatur, das Gewicht einer Bahn pro Quadratmeter, steht nicht nur für die Dicke des Materials. Sie steht auch für Qualität und zusätzliche Sicherheit. Denn je schwerer ein Material ist, um so reißfester kann es sein und umso mehr Material steht bei der Alterung dem Verfall im Wege.

Das schwächste Glied einer Unterspann- oder Unterdeckbahn ist die Funktionsschicht. Der Funktionsfilm ist für die Was­serundurchlässigkeit, Diffusionsoffenheit und auch die Wind­dichtigkeit verantwortlich. Je dicker die schützende obere Lage einer Bahn ist, umso länger benötigen UV- und Wärme­strahlen, um den bei den meisten Produkten dünnen Funk­tionsfilm zu schädigen - siehe auch Beitrag „Unterspann- und Unter­deck­bahnen: Feinheiten zwischen Vliesen“ vom 12.9.2012.

In einigen Ländern Europas wird deshalb neben der Reißfestigkeit eine Mindestgram­matur gefordert. In Österreich wird beispielsweise für Dachprodukte eine Grammatur von mind. 140 g/m², für hohe Anforderungen sogar 330 g/m² verlangt. In Deutschland gibt es keine solche Anforderung.

Schlagregentest

Die Schlagregenbeanspruchung ist eine schwierige Disziplin bei der Prüfung der Unter­spann- und Unterdeckbahnen. Schließlich sind diese Produkte im hohen Maße diffu­sionsfähig und wasserundurchlässig bzw. wasserführend, aber eben nicht wasser­dicht - zumindest bislang nicht. Deshalb wurde für die Prüfung der Unterdeckungen eigens eine baupraktisch realistische Prüfmethode entwickelt. Der Widerstand gegen Schlagregen wird durch den so genannten „Schlagregentest Unterspann- und Unter­deckbahnen - TU Berlin" nachgewiesen. Bei diesem Test deckt eine Unterdeckbahn drei unterschiedliche Untergründe ab: freihängend, Schalung, Wärmedämmung - siehe Bild ganz rechts oben vom Versuchsaufbau. Ein starker Ventilator bläst herabfallenden künstlichen Regen gegen diese senkrecht stehende Versuchsfläche:

Der Test gilt als bestanden, wenn - egal welcher Untergrund - nach 30 Minuten nur eine bestimmte, genau vorgegebene Menge Feuchtigkeit auf die Rückseite gelangt.

Alterung / Haltbarkeit


Höchstmögliche UV-Be­las­tung an Holzfassaden mit sichtbarer schwarzer Fas­sa­denbahn, Bild vergrößern  

Unterdeckbahnen bestehen fast ausschließlich aus speziell konfektionierten Kunststoffen. Sind diese Bahnen der Sonne ausgesetzt, greift die UV-Strahlung die Bindungen der Poly­merketten an. Es entstehen so genannte Radikale, die mit Sauerstoff reagieren und zum Abbau des Produktes führen. Diese Alterung wird in der Europanorm EN 13859 beschrieben. Die Norm ermittelt die Alterungsbeständigkeit durch ...

  • UVA-Bestrahlung (336 Std. bei 55 Megajoule) und
  • Wärmelagerung bei 70°C.

Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) fordert eine Prüfung bei 80°C. Aber selbst diese Anfor­derungen halten nicht alle Bahnenhersteller für ausreichend.

Im Sinne eines besonders hohen Qualitätsanspruches prüft beispielsweise Fiberweb seine Climat-Bahnen bei 100°C. Mit Hilfe so genannter HALS (Hindered Amine Light Stabilizers) werden die feinen mikroporösen Linopore UV+ Membranen unabhängig von ihrer Dicke und Farbgebung vor Alterung geschützt. In der dampfoffenen Version er­möglicht diese Membran einen sd-Wert von 0,02 Metern und behält selbst nach dem Alterungstest mit 100°C noch über 80% Ihrer Reißfestigkeit und Dehnbarkeit.

Das Alterungsverhalten wirkt sich entscheidend auf die Haltbarkeit und Festigkeit einer Bahn aus und damit auch auf die Zeit, die eine Bahn beispielsweise als Behelfs­deckung dienen kann. Besonders alterungsbeständige Produkte können bis zu acht Wochen als Behelfsdeckung funktionieren. Selbstverständlich könnten diese Produkte auch länger als Behelfsdeckung eingesetzt werden, jedoch geht dies zu Lasten der Langlebigkeit. Je länger eine Bahn ohne Dacheindeckung der UV-Strahlung ausgesetzt wird, desto kürzer ist anschließend die Lebenserwartung. Der Einsatz alterungshem­mender Substanzen (Stabilisatoren) ist teuer. Allein dieser Zusatz kann 10 bis 15 Cent/m² kosten. Dies dürfte ein Grund sein, warum bei der Haltbarkeit seitens der Her­steller stets Zurückhaltung geübt wird.

Brandverhalten

Das Brandverhalten von Unterdeckbahnen hängt im hohen Maße von flammhemmenden Zusätzen ab. Die neue EN 13501 fordert für Unterspann- und Unterdeckbahnen ein Brandverhalten nach Klasse „E“, vergleichbar etwa dem früheren B2 (siehe Brandver­halten von Bauprodukten und Bauarten nach DIN EN 13501). Dieses Brandverhalten kann auf zwei komplett unterschiedlich zu bewertende Arten erreicht werden, ...

  • zum einen freihängend (schwierig),
  • zum anderen in Kombination mit einem exakt bestimmten hinterlegten Produkt (einfacher).

Exakt bedeutet dabei, dass die Brandprüfung nur gültig ist, wenn die eingesetzten Produkte zu 100% genau denen in der Prüfung entsprechen. Selbst der Einsatz einer anderen Mineralwolle-Marke als ursprünglich getestet, macht das Prüfzeugnis ungültig.

Warum so umständlich? Weil für eine Unterspannbahn mit einer Grammatur von etwa 100 g/m² der Flammschutz zur Erzielung der Brandschutzklasse „E“ in freihängender Prüfung allein etwa 6 bis 8 Cent/m² kostet. Bahnen mir dunkler Einfärbung (blau, rot, usw.) neigen zudem durch den zwingenden Einsatz von volumenerhöhenden Füllstof­fen (Farbmasterbatches), je nach Art der Farbpigmente, zu einem ungünstigeren Brandverhalten. Aus diesem Grund muss der Anteil des Flammhemmers entsprechend angepasst werden, was zu Mehrkosten von bis zu 12 Cent/m² führen kann. Also ver­suchen einige Hersteller durch die Prüfung mit einer Hinterlegung, die Bahnen billiger zu produzieren.

Zwischenfazit: Dauerhaft hohe Reißfestigkeit, Alterungsbeständigkeit und ein günstiges Brandverhalten sind teuer!

Bei unseren Nachbarn

Wie und vor allem mit welchen Konstruktionen bzw. Bahnengewichten die erforderli­chen Eigenschaften realisiert werden, ist in Deutschland nicht reglementiert. Für flach geneigte Dächer von 14° Dachneigung fordern dagegen die Österreicher beispiels­weise Bahnen mit einem Flächengewicht von mindestens 330 g/m² und eine Nahtver­schweißung mit einer Festigkeit von mindestens 250 N. Der Riss im Belastungsversuch einer solchen Bahn darf nicht in der Verschweißung liegen. Die Schweiz fordert bei vergleichbar flach geneigten Dächern homogen verschweißbare Nähte. Und in Frank­reich wird die Reißfestigkeit der Bahnen stets erst nach einer künstlichen Alterung bestimmt und muss anschließend = 200 N/50 mm erreichen.

Sehr hohe Anforderung stellen die nordischen Länder. Die dort vorherrschende UVB-Strahlung gilt als besonders aggressiv. Sie greift die Polymerketten offensichtlich stär­ker an. Der Alterungstest dauert dort deshalb über 24 Wochen. Zuerst werden die Bahnen einer UVB-Bestrahlung unterzogen und müssen nach dem Test noch 70% der ursprünglichen Festigkeit aufweisen. Anschließend werden die Produkte bei 70°C und 90% relativer Luftfeuchte um nochmals 12 Wochen gealtert. Nach Abschluss des Testmarathons muss eine Bahn noch 50% der ursprünglichen Reißfestigkeit erreichen. Diese Prüfprozedur führt zu sehr hohen mechanischen Anforderungen. Eine Besonder­heit ist der Duchbruchtest der Norweger, u.a. mit einem herabfallenden 60-kg-Sand­sack oder einem 250-kg-Durchstanzversuch. Einen solchen Test bestehen Bahnen, die eine Reißfestigkeit nach Alterung von über 500 N/50 mm erreichen. Zum Vergleich: In Deutschland muss eine Bahn nach Alterung noch 146,3 N/50 mm halten. Für die nor­dischen Märkte hat Climat eine spezielle Bahn entwickelt, die bis zu 700 N/50 mm hält.

Halten Unterdeckungen 25 Jahre?

Der schwedische Physiker und Nobelpreisträger Svante Arrhenius (1859–1927; siehe Wikipedia) war als Erster imstande, mit der so genannten Arrhenius-Formel die Alte­rung von Kunststoffen vorauszuberechnen. Seine Formel ist auch heute noch gültig.

Alle am Dach eingesetzten Baustoffe sollen mindestens 25 Jahre einwandfrei funktio­nieren. Dies betrifft vor allem Folien, Klebstoffe, Klebebänder usw., die die wichtige Bauphysik am Dach sicherstellen. Deshalb erwarten wir, dass auch die Unterdeckbah­nen so lange halten.

Nach der Arrhenius-Formel hält eine Unterdeckbahn, die nach der UV-Bestrahlung bei 70°C gealtert und den Test bestanden hat, rund 8 bis 10 Jahre. Ein bestandener Test bei 80°C entspricht einer Lebensdauer von 12 bis 14 Jahren. Wurde der Test bei 100° Celsius bestanden, verspricht dies einer Lebenserwartung von 18 bis 22 Jahren. Das Fazit: Selbst die beste am Markt verfügbare Bahn erreicht das Ziel nur knapp. Mehr und besser ist aber möglich. Bereits eine dickere Deckbeschichtung der Bahnen (höhe­re Grammatur / z. B. 175 g/m²) verbessert die Haltbarkeit. Bei entsprechender Materi­alqualität dürften Bahnen jenseits der 200-g/m²-Klasse eine Haltbarkeit von 25 Jahren erreichen.

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