Ressourceneffizientes Bauen mit Gebäuden als (zukünftige) Rohstoffmine
(13.5.2013) Häuser sollen heute möglichst wenig Energie für das Heizen verbrauchen, um Klima und Geldbeutel zu schonen. Eine gute Wärmedämmung und eine hocheffiziente Heizung sind für die meisten Bauherren gesetzt. Gebäude können darüber hinaus auch schon durch die Auswahl der richtigen Baustoffe bei Planung und Bau weiter auf Klimaschutz getrimmt werden. Wesentlich sind dabei die für die Herstellung der Baustoffe benötigte Energie und der Aufwand für das Recyceln bzw. die Entsorgung der Materialien.
„Die Materialkomplexität von Gebäuden macht den Abbruch häufig teuer und den Bauschutt zu Sondermüll“, umreißt Ute Dechantsreiter, Initiatorin des bauteilnetzes Deutschland e.V., das Problem. Die Vielfalt der Materialien und das Verkleben als favorisierte technische Ausführung, würden über die Lebenszeit eines Gebäudes betrachtet viele Fragen aufwerfen. Bereits bei der Konstruktion von Gebäuden müsse daher über den Rückbau nachgedacht werden, so Dechantsreiter, die sich mit ihrem Verein für die Wiederverwendung gebrauchter Bauteile einsetzt. Dies stelle angesichts der heute üblichen Materialkomplexität aber eine neue Herausforderung für Architekten und Planer dar. Werden Gebäude so konstruiert, dass sie veränderbarer sind und alle Materialien in den Kreislauf zurückgeführt werden können, vermeidet dies nicht nur Abfall, sondern spart darüber hinaus Rohstoffe und Energie - und mindert so auch den CO₂-Ausstoß.
Aus diesem Grund ist das Thema auch für Martin Grocholl, Geschäftsführer der Klimaschutzagentur energiekonsens, wichtig: „Neben der Entwicklung hocheffizienter Gebäude können wir durch die Wahl der richtigen Materialien langfristig mehr Klimaschutz erreichen.“ Als Beispiel nennt er ein Projekt der RWTH Aachen. Studenten hatten dort im vergangenen Jahr mit Unterstützung des Bauteilnetzes Deutschland mit ihrem Modellhaus gezeigt, dass Gebäude auch mit gebrauchten Bauteilen architektonisch und energetisch höchsten Ansprüchen genügen können. Ihr Projekt „Counter Entrophy House“ schaffte es im Solar Decathlon Wettbewerb in Madrid auf den 5. Platz. „Ein Schlüssel zur Energieeinsparung ist es, den Rückbau im Planungsprozess schon mit zu bedenken und die Materialauswahl zu beschränken“, so Grocholl - zur Erinnerung siehe auch BINE-Projektinfo zum Solar Decathlon: „Im Wettkampf um das beste Plusenergiehaus“.
Eine primäre Aufgabe ist jedoch, den vorhandenen Bestand zu bewahren und bestehende Werte zu sichern. „Die Werte von Gebäuden und Gebäudeteilen schätzen zu lernen ist ein erster Schritt“, so Ute Dechantsreiter. „Gebäude lediglich abzubrechen und die Abbruchmassen als so genannte Fraktionen zu recyceln, ist für uns nicht mehr zeitgemäß.“ Der Bundesverband bauteilnetz Deutschland e.V. setzt sich mit seinen Bauteilbörsen und Gebrauchtbauteilmärkten seit zehn Jahren für die direkte Wiederverwendung von gut erhaltenen Baumaterialien ein. Auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützt dies seit 2006. Mittlerweile hat es der Verein geschafft, die gemeinsam ausgearbeitete Qualifizierungsmaßnahme zum „Facharbeiter für die Bauteile-Wiederverwendung“ zertifizieren zu lassen. „Damit sollen fehlende Fachkräfte geschaffen werden, die den behutsamen Rückbau auch ausführen können“, berichtet Dechantsreiter. „So werden Gebäude zu den neuen Rohstoffminen.“
Fachtagung am 15. Mai
Die Klimaschutzagentur energiekonsens veranstaltet gemeinsam mit und in der Architektenkammer Bremen am 15. Mai eine Fachtagung zum Thema Ressourcen- und Energieeffizienz im Bauwesen. Dabei wird die Rolle der Architekten und Planer mit Blick auf die Bewahrung des Bestandes beleuchtet. Diskutiert werden Möglichkeiten der Wiederverwendung von Baumaterial und welche Auswirkungen diese auf einen optimalen Gebäudeentwurf haben. Architekt Thomas Schneider stellt außerdem die Anforderungen an die Umnutzung des Wahrzeichens der „Umgedrehten Kommode“ an der Weser vor.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
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- Vollständig wiederverwertbares „Cradle to Cradle“-Sauberlaufsystem: „emco Ecoline Pionier“ (22.2.2013)
- Fachbuch: Umweltgerechte Baustoffe - Graue Energie und Nachhaltigkeit von Gebäuden (17.2.2013)
- Forschungsprojekt: Upcycling-Polyurethan-Platten für Verbundfassaden (5.2.2013)
- DBU/VDI-Publikation: Ressourcenschonend und energieeffizient Bauen (6.1.2013)
- Blitz, schlag' ein ... in das Beton-Recycling (4.10.2012)
siehe zudem: