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Hohe Schäden, schlechter Ruf: „Ohne Korrektur der Meisterpflicht stirbt das Fliesenlegerhandwerk“


  

(5.11.2013) Die Abschaffung der Meisterpflicht im Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk war eine Fehlentscheidung zulasten dieser Branche und der Verbraucher. Dies ist die Bi­lanz des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) nach bald zehn Jahren Erfahrung mit der Novelle der Hand­werksordnung (HwO). Die Qualität in dem einstigen Vorzeige-Handwerk sei drastisch gesunken und die Ausbildungsleistung eingebrochen.

Zahl der Fliesenlegerbetriebe verfünffacht, Meister­prüfungen im Fliesenlegerhandwerk gefünftelt

Die Zahl der Fliesenlegerbetriebe hat sich seit In-Kraft-Treten der HwO-Novelle mehr als verfünffacht. Waren im Jahr 2004 in Deutschland etwa 12.000 Fliesenlegerbetriebe einge­tragen, waren es am 31. Dezember 2012 über 68.000; darun­ter 18.500 Betriebe, deren Inhaber aus den MOE-Staaten kom­men.

Vor In-Kraft-Treten der HwO-Novelle im Jahr 2004 lag die Zahl der bestandenen Meisterprüfungen im Fliesenlegerhand­werk konstant bei etwa 550 pro Jahr, mittlerweile sind es nur noch knapp 100 Meisterprüfungen, mithin ein Rückgang um 80%.

Auch die Ausbildungsleistung hat um mehr als die Hälfte abgenommen. Wurden im Jahr 2002 deutschlandweit noch knapp 4.500 Fliesenleger ausgebildet, so waren es im Jahr 2012 nur noch etwas mehr als 2.000. Langfristig werden durch diese Entwicklung qualifizierte Mitarbeiter und Meister fehlen, die eine praxisorientierte Ausbildung ver­mitteln können.

gnadenloser Unterbietungswettlauf

Ursache für diese dramatische Entwicklung ist der Wegfall der Meisterpflicht für Flie­senleger zum 1. Januar 2004 aufgrund der HWO-Novelle - siehe zur Erinnerung Bau­links-Beitrag „Bundesregierung will das Handwerk zukunftsfest und europasicher ma­chen“ vom 29.5.2003. Jeder der möchte, kann sich ohne Nachweis einer Qualifikation als Fliesenleger selbstständig machen. Dies führte zu einem gnadenlosen Unterbie­tungswettlauf. Selbst florierende Unternehmen sahen sich gezwungen, langjährige Mitarbeiter zu entlassen. Diesen blieb nur der Weg sich - meist als Ein-Mann-Betrieb - selbstständig zu machen, nicht selten als Scheinselbstständige. Als solche haben sie keinen Anspruch auf den Tariflohn. Die Konkurrenz mit wenig oder gar nicht qualifizier­ten Anbietern drückte ihr Einkommen stetig weiter nach unten. Kaum einer der mitt­lerweile zu Einzelunternehmern geschrumpften Betriebe bildet noch aus. Ohnehin ist die Branche unter den bestehenden Bedingungen für den Nachwuchs wenig attraktiv. Das Image hat zusätzlich gelitten, weil ohne Fachkräfte die Qualität der Arbeit in Ver­ruf geraten ist. Kunden müssen mit gravierenden Mängeln rechnen, die Schäden in Höhe von mehreren Tausend Euro nach sich ziehen.

Ein einst stolzer Handwerkszweig bald Geschichte?

„Der Wegfall der Meisterpflicht für Fliesenleger hat in eine Sackgasse geführt“, stell­te der stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers fest. „Wird dem nicht schnellstens entgegengesteuert, wird es in wenigen Jahren so gut wie keine Qualitätsbetriebe in dieser Branche mehr geben. Das Know-how ist dann ein für alle­mal weg und ein einst stolzer Handwerkszweig damit Geschichte. Verbraucher, die dann verlässliche Qualität für ihre Immobilie wollen, werden lange suchen und dabei viel Glück haben müssen, bis sie einen qualifizierten Fachmann finden.

„Die Vielzahl der Einmann-Betriebe bereitet uns große Sorgen. Denn sie bilden das Einfallstor für Illegalität am Bau. Sie erhalten die Zulassung im Fliesenlegerhandwerk, treten aber als Kolonnen auf Baustellen auf und verrichten eine Vielzahl von Tätigkei­ten anderer Gewerke, was zu Schäden weit über das eigentliche Fliesenlegerhand­werk hinaus führt.“ Ergänzte Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein, der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes.

IG BAU und ZDB fordern von der neuen Bundesregierung eine Korrektur der HwO-Novelle.

Es müsse sichergestellt werden, dass Kunden für ihr Geld fachgerechte Leistungen er­halten und nicht erst über langwierige und oft aussichtlose Prozesse hohe Schadens­summen einklagen müssen. Ein auch zukünftiges Angebot an Fach- und Meisterleis­tungen wird es aber nur geben, wenn gut qualifizierte Kräfte sich nicht weiterhin in Konkurrenz zu ungelernten Dumpinganbietern gezwungen sehen. Der einfachste Weg dahin ist die Rückkehr zur Meisterpflicht im Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhand­werk.

Eine solche Entscheidung würde nicht nur das Fliesenlegerhandwerk stärken, sondern wäre ein starkes Zeichen für die duale Berufsausbildung, um die Deutschland beneidet wird.

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