Was sind die Energieeffizienzwerte in Energieausweisen wert?
(25.10.2015) Die Deutsche Energie-Agentur (dena) wünscht sich zusätzliche Maßnahmen, um den Energieausweis für Gebäude zu stärken. Gleichzeitig weist die dena ein aktuelles Praxistest-Ergebnis des Eigentümerverbands Haus & Grund als nicht belastbar zurück.
Haus & Grund: „Energieeffizienzwerte großteils zufällig“
„Der in Energieausweisen angegebene Energieeffizienzwert für Wohngebäude unterliegt wesentlich dem Zufall.“ Dieses Fazit zieht Haus & Grund Deutschland auf Basis eines Tests, den der Hauseigentümerverband an zwei repräsentativen Wohngebäuden durchgeführt hat. „Es darf nicht von der Wahl des Energieberaters abhängen, ob ein Haus gute oder schlechte Energiewerte hat,“ forderte Haus & Grund-Hauptgeschäftsführer Kai Warnecke am 23.9. in Berlin. Statt mit aller Macht den Energieausweis im Markt zu verankern, müsse die Bundesregierung dafür sorgen, dass die individuelle Energieberatung verbessert werde.
Haus & Grund hatte in den Monaten zuvor für ein Mehr- und ein Zweifamilienhaus von insgesamt zehn verschiedenen Energieberatern aus der dena-Expertenliste sowie über ein Onlineportal Verbrauchsausweise und Bedarfsausweise erstellen lassen. Die ermittelten Energiekennwerte sollen dabei um bis zu 46 Prozent differiert haben. „Nicht einmal ein hoher Preis garantiert Qualität. Die Probleme lassen sich auch nicht ohne Weiteres mit einer besseren Qualifizierung der Energieberater beheben. Die Probleme liegen im System“, resümierte Warnecke. So bereite die für die Berechnung wesentliche Gebäudenutzfläche in der Praxis erhebliche Probleme. Dies führe dazu, dass der ermittelte Energiebedarf oder -verbrauch einmal auf kleine, einmal auf große Flächen bezogen werde - bei ein und demselben Haus, von unterschiedlichen Beratern.
Der Hauseigentümerverband schlägt vor, die Bedeutung von Energieausweisen für den Wohnimmobilienmarkt zu beschränken. Zur Erinnerung: Seit Mai 2014 muss beispielsweise der Energiekennwert aus dem Energieausweis in Vermietungsanzeigen angegeben werden. Wer diese Vorgabe missachtet, muss mit einem Bußgeld von bis zu 15.000 Euro rechnen. „Der Energiekennwert gibt keinen Hinweis darauf, ob ein Mieter mit hohen oder niedrigen Heizkosten zu rechnen hat. Deshalb hat er in Anzeigen nichts zu suchen“, so Warnecke - siehe auch Baulinks-Beitrag „Fehlerhafte Immobilienanzeigen kosten seit dem 1. Mai Bußgeld“ vom 3.5.2015.
dena plädiert für Bedarfsausweis, Standardisierung und Qualitätssicherung
„Wir brauchen einen konstruktiven Dialog“, fordert Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung und Sprecher der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea). „Leichtfertige Schreckensmeldungen bringen uns nicht weiter. Dass es beim Energieausweis zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann, ist nichts Neues. Schließlich sind ja auch sehr unterschiedliche Formen und Methoden zugelassen. Es kommt darauf an, den belastbaren Bedarfsausweis zu stärken, die Verfahren zu standardisieren und die Qualität in der Praxis zu sichern.“
Die dena weist darauf hin, dass die Ergebnisse des Verbrauchs- und des Bedarfsausweises grundsätzlich nicht miteinander vergleichbar sind - zur Erinnerung:
- Der Verbrauchsausweis stützt sich auf die durchschnittlichen Verbrauchsdaten eines Gebäudes, die für ein und dieselbe Immobilie von Heizsaison zu Heizsaison durchaus stark voneinander abweichen können - je nachdem wie viel die Bewohner zu Hause sind, wie warm sie ihre Wohnräume halten oder ob einzelne Wohneinheiten sogar leer stehen.
- Der Bedarfsausweis hingegen gibt Auskunft über die Bausubstanz, die Heizanlage und einen errechneten Normverbrauch. Entscheidend für belastbare Empfehlungen ist eine Vor-Ort-Begehung durch einen qualifizierten Energieberater. Die dena hat von Beginn an den Bedarfsausweis auf Basis einer Vor-Ort-Begehung favorisiert, weil nur dieses Instrument zu belastbaren und vergleichbaren Ergebnissen führen kann.
Um dem Energieausweis zu mehr Qualität und Verlässlichkeit zu verhelfen, braucht es aus Sicht der dena drei Dinge:
- Für Aussagen zu Modernisierungsempfehlungen und zur Wirtschaftlichkeit sollten nur noch Energiebedarfsausweise auf Basis einer Vor-Ort-Begehung zugelassen werden.
- Die Bundesländer sollten das von der Bundesregierung vorgeschriebene Qualitätssicherungssystem für Energieausweise weiter vorantreiben.
- Die Methoden und Verfahren zur Datenaufnahme und Berechnung des Energieausweises müssen vereinheitlicht und vereinfacht werden, damit der einzelne Energieberater verlässliche und vergleichbare Ergebnisse für das jeweilige Gebäude errechnen kann.
Seit 2008 ist der Energieausweis bei Vermietung und Verkauf von Gebäuden oder einzelnen Wohnungen Pflicht. Damit ist er das einzige Instrument, das dem Miet- und Kauf-Interessenten Aufschluss über die energetische Qualität eines Gebäudes bzw. einer Wohnung gibt. Seit 2014 stuft der Energieausweis die energetische Qualität auch anhand von Energieeffizienzklassen ein. Im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz (NAPE) ist auch die Stärkung des Energieausweises ein Thema.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- GebäudeEnergieGesetz scheitert für diese Legislatur an Koalitionskrach (4.4.2017)
- FAQ GebäudeEnergieGesetz (GEG) (19.3.2017)
- DUH erwartet das Gebäudeenergiegesetz nicht mehr in dieser Legislaturperiode (12.3.2017)
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- Aktuelles Energiespar-Handbuch von KLB berücksichtigt die EnEV 2014/2016 (5.1.2015)
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- Haus & Grund plädiert für Verbrauchsausweis: „Bedarfsausweis zu teuer“ (23.9.2014)
- Stichproben: Mangelhafte Beachtung von EnEV-Vorgaben bei Verkauf und Vermietung (16.9.2014)
siehe zudem:
- Energieeinsparverordnung, Energieausweis online, SanReMo-Magazin und öffentliche Hand bei Baulinks
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