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Fachbeitrag: Normative Forderungen an den Dachrand

(25.9.2018) Als Schnittstelle zwischen Dach und Fassade ist der Dachrand ein wichtiges Bauteil. Er wird als Abschluss der Abdichtung entweder als Dachrand ohne Aufkantung mit Dachrandabschlussprofilen oder als Dachrand mit Attika erstellt. Hierbei kommen in der Regel Werkstoffe aus Metall wie Aluminium, Zink, Edelstahl, etc. zum Einsatz. Weil am Dachrand unterschiedliche Materialien aufeinander treffen, die teilweise auch von unterschiedlichen Gewerken verarbeitet werden, existieren viele Regelwerke. Sie beschäftigen sich alle mit der regelkonformen Ausbildung des Dachrandes. Doch welche dieser Regeln ist für wen relevant?

alle Fotos © Alwitra 

Der Wind, der Wind, das himmlische Kind...

Stürme wie „Friederike“ im Winter oder „Fabienne“ jetzt gerade zum Herbstanfang trafen Deutschland mit beachtlichem Schadenspotential. Sie zeigten deutlich, dass das Thema Windlast sowohl für die Abdichtung als auch den Dachrand eine enorm hohe Relevanz hat. Die DIN EN 1991-1-4 „Windlasten“ des „Eurocode“, bauaufsichtlich eingeführt durch die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt), gibt klare Regeln zur Bestimmung anzusetzender Windlasten für Bauwerke und Bauwerksteile.

Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer baurechtlich relevanter Regelwerke für den Dachrand. Dazu zählen Normen als übergeordnete Vorgaben, übereinstimmend verabschiedet von Berufsverbänden, Sachverständigen, Wissenschaft und Bauaufsicht, wie auch Fachregeln von Berufsverbänden z.B. Dachdecker, Klempner- oder Industrieverbänden. Zu den relevanten Normen gehört auch die DIN 18531-1 „Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen“. Darüber hinaus gilt die DIN 18339 „Klempnerarbeiten“, sofern die „VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV)“ vertraglich vereinbart ist. Als relevante Fachregeln gelten ohne Zweifel die „Fachregel für Abdichtungen“ und die „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“, he­rausgegeben vom Zentralverband des deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), sowie die Richtlinien für die Ausführung von Klempnerarbeiten an Dach und Fassade des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK).

Regeln gelten für alle

Alle genannten Normen und Regelwerke richten sich gleichermaßen an Planer, Verarbeiter und selbstverständlich auch an die Industrie. Denn aufgrund der Anforderungen werden bestimmte Produktmerkmale beeinflusst. Dazu gehören zum Beispiel ...

  • das Quergefälle zum Dach bei Mauerabdeckungen und
  • die Möglichkeit thermischer Dehnungen unterschiedlicher Werkstoffe am Dachrand ohne schädigende Auswirkungen.

Immer den vollen Durchblick?

2016 und 2017 wurden die meisten der genannten Regelwerke aktualisiert und angepasst. Bei so vielen Regeln und Normen stellt sich natürlich die Frage: Kennen sich hier noch alle Beteiligten aus? Manche der Änderungen sind in der Fülle der durchgeführten Anpassungen bei den Betroffenen eventuell „untergegangen“. Einige Änderungen bilden wiederum den technischen Standard ab, der vor einigen Jahren schon mal Gültigkeit hatte. Beispielsweise ist der Tropfkantenabstand von Dachrand- oder Mauerabdeckungen in der „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ nach elf Jahren wieder „zurückgeändert“ worden. Denn hier bestand eine Diskrepanz zur Klemp­nernorm DIN 18339, die in den letzten elf Jahren unabhängig von der Gebäudehöhe für die meisten eingesetzten Metalle einen Tropfkantenabstand von „mindestens 20 mm“ forderte. Die „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ hat sich in den Jahren 2006 bis 2017 hiervon unterschieden. Sie forderte ab Gebäudehöhen von 8 m „mindestens 30 mm“ und ab Gebäudehöhe 20 m „mindestens 40 mm“ Tropfkantenabstand. Sinnvollerweise ist hier die „Fachregel für Metall-arbeiten im Dachdeckerhandwerk“ mit der aktuellen Ausgabe von Juni 2017 wieder auf das in der Praxis bewährte Maß von „mindestens 20 mm“ - unabhängig von der Gebäudehöhe - zu­rückgegangen.

Grundlage der Bauleistung

Aus den aktualisierten Normen und Regelwerken ergeben sich teilweise deckungsgleiche, aber auch unterschiedliche Forderungen. Für den Dachdecker heißt das, er muss darauf achten, wonach ausgeschrieben wurde. Bei Aufträgen ohne Ausschreibung sollte der Dachdecker sich die Frage stellen: Was legt er als „Fachmann“ selbst für seine Bauleistungen im Angebot / Auftrag / Vertrag zugrunde? Hier einfach alle Regelwerke zu benennen  - in der Praxis ja sehr häufig anzutreffen, um auf „Nummer Sicher“ zu gehen - macht wenig Sinn.

Warum das so ist, soll folgendes Beispiel verdeutlichen: In der „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ werden unter „8. Abdeckungen“ für Mauerabdeckungen auf Haltern als „selbstragende Profile“ „korrosionsbeständige Befestiger“ gefordert. Konkret heißt das, es müssen Edelstahl-Schrauben eingesetzt werden. Wird das tatsächlich in der Praxis so umgesetzt? Weiterhin fordert die Fachregel unter dem gleichen Punkt das „Vorliegen eines statischen Nachweises“. Hat der Dachdecker in seinem Angebot / Auftrag / Vertrag die „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ zurgrunde gelegt, muss er Edelstahlschrauben für die Halterbefestigung der Mauerabdeckungen einsetzen und die statische Nachweisbarkeit seiner ausgeführten Leistung mit einem Dokument belegen können. Beauftragt er hierfür einen Statiker, lässt sich dieser die Erstellung des statischen Nachweises entsprechend vom Dachdecker bezahlen.

In den genannten Punkten sind für den Dachdecker die Angabe der DIN 18531, sie fordert für Befestiger einen „ausreichenden Korrosionsschutz“, oder der DIN 18339, sie fordert „korrosionsgeschützte Befestiger“, also z.B. verzinkte Schrauben, die in der Praxis ja häufig auch zum Einsatz kommen, evtl. passender. Darüber hinaus gilt der statische Nachweis in der DIN 18339 als eine „besondere Leistung“. Damit ist zugleich klar, wird bauseits ein statisches Nachweisdokument gefordert, sind die dem Dachdecker entstehenden Zusatzkosten bei einer Beauftragung eines Statikers auch zusätzlich zu bezahlen.

Errechnen, statt erraten

Selbstverständlich muss und möchte jeder Verarbeiter die Dachrandprofile und Dachrandabdeckungen ausreichend und sicher befestigen. Hierzu greift er wahlweise auf die „Hinweise zur Lastermittlung“ im Regelwerk des ZVDH oder auf die „Bemessungswindsoglasten“ in der Tabelle 27 der ZVSHK Klempnerfachregel mit vordimensionierten Lastangaben für gängige Dachformen zurück. Auf dieser Grundlage kann er anschließend überschlägig die notwendige Halteranzahl ermitteln. Voraussetzung ist natürlich, dass er das mechanische Lastaufnahmevermögen der von ihm eingesetzten Halter kennt.

In jedem Fall muss der Verarbeiter dafür Sorge tragen, dass im Bedarfsfall seine Leistung auch statisch nachgewiesen werden kann. „Bedenkt man, dass vom Wind gelöste Attikaabdeckungen in Schulhöfe einschlagen, sich in Hochspannungsleitungen verfangen oder fahrende Autos gefährden können, wird dies besonders deutlich“ beschreibt Hans-Peter Rösch, Leiter der Meisterschule für Klempnertechnik an der Ro­bert-Mayer-Schule in Stuttgart, die Brisanz der Problematik. Rösch zeigt in seinem Fachbeitrag zudem nochmal ein Berechnungsverfahren auf, um überschlägig den Nachweis zur Windsogsicherheit von Attika- und Mauerabdeckungen zu gewährleisten. „Das Rechnen lohnt sich also und es ist allemal besser, als den Halterabstand irgendwie im Zufallsprinzip zu erraten!“, so der Experte.

Industrieknowhow überprüfen

Nicht selten arbeiten Dachdecker mit fertigen Systemen, die teilweise objektbezogen konfiguriert werden. Aber auch bei der Zusammenarbeit mit kompetenten und erfahrenen Herstellern ist darauf zu achten, dass von diesen klare Angaben zur Ausführung und Anzahl von Haltern gemacht werden. Insbesondere für individualisierte Anwendungen sollten für das jeweilige Objekt Montagepläne, Montagehinweise, Tabellen mit Werkstoffdicken und Halterabständen zur Verfügung gestellt werden. Neben der Halteranzahl und Halterausführung spielt selbstverständlich auch der Untergrund, in welchen die Schraube befestigt wird, eine wichtige Rolle.

Wissen, was man tut

Auch die regelkonforme Ausführung von Dachrändern ist eine Meisterleistung. Dabei spielt nicht zuletzt neben den handwerklichen Kenntnissen vor allem das Wissen um die jeweiligen Regelwerke und Normen eine entscheidende Rolle. „Viel hilft viel“ ist bei der Angabe der Grundlage für die Bauleistung nicht immer sinnvoll. Besser ist es, der Dachhandwerker weiß, was er tut. Er kennt sein Regelwerk, das Material, das System, die Situation vor Ort und ist in der Lage, notwendige Berechnungen durchzuführen oder zu überprüfen. Das ist die beste Grundlage für zuverlässige und fachgerechte Ausführungen, nicht nur am Dachrand.

Weitere Informationen zum Dachrand können per E-Mail an Alwitra angefordert werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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