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Studie „Wohnen 65plus“ erwartet „Graue Wohnungsnot“ in Deutschland

Studie „Wohnen der Altersgruppe 65plus“
  

(22.1.2019; BAU-Bericht) Ab 2035 wird Deutschland „richtig alt“ - und im Alter zunehmend ärmer. Dass sich Rentner das Wohnen dann noch leisten können, wird mit dem jetzigen Wohnungsmarkt schwierig - das erwarten jedenfalls die Marktforscher vom Pestel-Institut. Sie warnen davor, dass Deutschland auf ein massives Alters-Wohnproblem zusteuere - auf eine „graue Wohnungsnot“ wie sie es nennen. Dazu legte das Institut auf der BAU eine neue Studie vor - ihr Titel „Wohnen der Altersgruppe 65plus“. Erstellt wurde sie im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), und die Zahlen passen u.a. zu Prognos-Schätzungen aus dem Jahr 2014.

Laut der neuen Studie werden ab 2035 rund 24 Mio. Menschen zur Altersgruppe „65plus“ gehören - rund 6 Mio. mehr als heute. Die Marktforscher kommen in dem Kontext zudem zu dem Schluss, dass bereits bis 2030 bundesweit rund 3 Mio. altersgerechte Wohnungen zusätzlich gebaut werden müssen - davon in Bayern rund 470.000 und allein in München 40.000 Senioren-Wohnungen.

„Deutschland muss sich umbauen“

„Es ist deshalb notwendig, beim Neubau weiterhin den Fokus verstärkt auf das altersgerechte Bauen zu legen. Ein Großteil der erforderlichen Senioren-Wohnungen wird allerdings durch den Umbau vorhandener Wohnungen entstehen müssen: Deutschland steht vor einem neuen Baujahrzehnt des altersgerechten Sanierens“, sagte BDB-Prä­sident Stefan Thurn in München bei der Vorstellung der Studie. Für ihn steht fest: „Deutschland muss sich umbauen“. Gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente, sei der Bedarf vor allem an kleinen und bezahlbaren Senioren-Wohnungen enorm. Die Studie nennt auch die Kosten. Erforderlich seien für den altersgerechten Umbau und die Modernisierung bis 2030 ...

  • rund 50 Mrd. Euro an Investitionen und
  • mindestens 5,6 Mrd. Euro an Fördermitteln.

Der Staat müsse diesen „grauen Wohnungsumbau“ offensiv unterstützen - mit Bera­tungs- und Förderprogrammen. Institutsleiter Matthias Günther hat dabei auch die Haushalte mit Wohneigentum im Blick: „Kreditprogramme stoßen bei Menschen, die bald in Rente gehen, auf wenig Interesse. Erst recht bei Siebzigjährigen. Hier ist nur mit direkten Zuschüssen effektiv etwas zu erreichen.“

500 Mio. Euro Förderung - pro Jahr

Das Pestel-Institut kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass mindestens 500 Mio. Euro jährlich an Fördermitteln für den generationengerechten Bau- und Umbau erforderlich seien. Für den Staat rechne sich dies sogar: „Barrierearme Wohnungen ermöglichen Menschen eine Pflege in den eigenen vier Wänden. Die deutlich teurere und oft nicht gewollte stationäre Pflege im Heim lässt sich so häufig vermeiden. Langfristig lassen sich damit Kosten im Gesundheitswesen sparen. Zudem bedeutet barrierearmer Wohnraum auch immer eine bessere Sturz- und Unfallprävention“, sagte Studienleiter Matthias Günther in München. So koste es im Schnitt rund 16.000 Euro, eine Wohnung barrierearm umzubauen. Die stationäre Pflege sei pro Jahr rund 8.500 Euro teurer als die ambulante Pflege. „Damit macht sich ein altersgerechter Umbau einer Wohnung schon dann bezahlt, wenn sich dadurch der Heimaufenthalt um knapp zwei Jahre nach hinten verschieben lässt“, so Günther.

Quelle: Seite 23 der Studie 

Geburtenstarke Jahrgänge gehen deutlich ärmer in Rente

Das Pestel-Institut rechnet mit einer „Senioren-Umzugswelle“, weil die kommende Rentnergeneration deutlich weniger Geld zur Verfügung haben werde als die Senioren heute. Die Marktforscher gehen davon aus, dass der Anteil an Senioren, die für ihren Lebensunterhalt auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, in den kommenden zwanzig Jahren von derzeit 3 auf dann 25 bis 35% steigen wird. Es könnte also jeden Vierten - vielleicht sogar jeden Dritten treffen.

„Für die Senioren von morgen wird es finanziell eng - und das sind insbesondere die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre. Also die Baby-Boomer, die ab 2025 in Rente gehen. Eine ganze Generation mit deutlich niedrigeren Renten trifft dann auf steigende Wohnkosten“, erwartet Matthias Günther. Die Folge: Viele werden sich ihr bisheriges Wohnen nicht mehr leisten können. Sie werden dann gezwungen sein, die eigene Wohnfläche zu reduzieren, so das Pestel-Institut.

Ein Großteil der Menschen werde mit dem Eintritt ins Rentenalter in deutlich kleinere Wohnungen umziehen müssen oder gemeinschaftliche Wohnformen suchen. So liege derzeit die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf bei 46,5 m² (Bayern: 47,8 m², München: 39,7 m²). Dabei hätten Senioren-Haushalte heute im Schnitt eine noch deutlich höhere Wohnfläche zur Verfügung. Das liege daran, dass die Wohnung auch nach dem Auszug der Kinder zumeist behalten werde. So geht die letzte Mikrozensus-Erhebung zur Pro-Kopf-Wohnfläche bei Senioren-Haushalten sogar von 59 m² aus.

Senioren: Neue Wohnformen – Verdrängung aus teuren Städten

„Ein wichtiger Grund dafür ist der starke Anstieg der Mieten. Wenn Senioren heute bereit sind, aus ihrer Wohnung, in der sie schon lange leben, auszuziehen und eine kleinere Wohnung suchen, dann scheitert das an den Mietkosten. In der Regel finden sie keine kleinere Wohnung für eine niedrigere Miete. Und wer sich seine bisherige Mietwohnung nicht mehr leisten kann, wird gerade in den teuren Städten häufig gezwungen sein, nicht nur die Wohnung zu wechseln, sondern mit der Wohnung auch den Wohnort“, sagte Pestel-Studienleiter Matthias Günther.

Die Wissenschaftler plädieren in ihrer Studie dafür, in Städten ein bezahlbares Seniorenwohnen anzubieten, bei dem die Älteren in ihrem Quartier und damit in ihrem sozialen Umfeld bleiben können. Für einkommensschwache Haushalte mit Wohneigentum müsse es - gerade im ländlichen Raum - Wohnberatungen geben. Ziel müsse es sein, ältere Menschen durch die Organisation von Umbauten und Umzügen zu unterstützen. Sie sollten dabei auch zum Ausprobieren neuer Wohnformen - wie etwa zum gemeinschaftlichen Wohnen - motiviert werden. Hierfür müsse die Politik auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene bereits jetzt die Weichen stellen.

Übrigens: BDB-Baukonjunktur-Barometer 2019 optimistisch

Für das Baujahr 2019 erwartet der BDB man erstmals die Auswirkungen der letzten Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV 2016). Denn die bisherigen Gebäude seien überwiegend noch mit Baugenehmigungen nach dem Standard der EnEV 2014 errichtet worden. Durch den höheren Anteil der durch die EnEV 2016 erforderlichen Gebäudetechnik wird, so der BDB, in diesem Jahr im Baustoff-Fachhandel voraussichtlich weniger Wertschöpfung generiert. Die EnEV werde sich als „starker Kostentreiber im Wohnungsbau“ auswirken.

Der BDB erwartet hierdurch auch im Baujahr 2019 eine „dämpfende Wirkung“ auf den Wohnungsbau. „Trotz des ‚Wohnungsbau-Schwächefaktors EnEV‘ signalisiert das Bau­konjunktur-Barometer des BDB allerdings auch für 2019 ein deutlich positives Signal. Wir gehen mit Optimismus ins neue Baujahr“, sagte der BDB-Präsident in München. Der Fachhandel biete eine professionelle Begleitung von Bauvorhaben. Vom Förder­geld-Dschungel bis zum breiten Baumaterial-Spektrum: „Die Fachhändler und ihre Planer sind wichtige Lotsen für Bauherren, Handwerker und Bauunternehmer“, sagt Stefan Thurn. Gerade weil für Sanierungen und Neubauten hohe Qualität und Top-Si­cher­heit notwendig seien, plädierte der BDB dafür, Baumaßnahmen von professionellen Fachleuten ausführen zu lassen.

Die Studie ist via bdb-bfh.de > Branche > Unsere Studien downloadbar (direkter PDF-Download).

siehe auch für den Download und zusätzliche Informationen:

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