Heizungslabel für neue Wärmeerzeuger in der Kritik
(19.7.2015) Das Energieeffizienzlabel, das für neue Heizungen ab 26.
September vorgeschrieben ist, fördert nach Einschätzung der Verbraucherzentrale
NRW keinen echten Effizienzwettbewerb und sei für Verbraucher wenig hilfreich:
„Das Label weist zwar grundsätzlich in die richtige Richtung: hin zu mehr
Transparenz im Wärmebereich und weg von fossilen Energieträgern“, erklärt Udo
Sieverding, Bereichsleiter Energie der Verbraucherzentrale NRW. Es sei aber
nicht annähernd so hilfreich bei der Kaufentscheidung wie die bekannten Labels
etwa für Kühlschränke oder Fernseher (siehe auch
Positionspapier als PDF-
Zur Erinnerung: Das neue Etikett ordnet mit Gas, Öl oder Strom betriebene Wärmeerzeuger, einschließlich Wärmepumpen, den Effizienzklassen A++ bis G zu - zumindest theoretisch. Tatsächlich bleiben schon bei der Einführung des Effizienzlabels für Heizungen die unteren Klassen von C bis G leer. Der Neugerätemarkt wird komplett im gelben und grünen Bereich abgebildet, die Hälfte des Spektrums bleibt ungenutzt. Dadurch wird die Chance auf eine differenzierte Darstellung des Markts vertan.
Statt eine Entscheidung zwischen mehreren Geräten zu ermöglichen, unterstützt das grob einteilende Label allenfalls bei der Entscheidung für eine bestimmte Technologie. Denn sämtliche Öl- und Gas-Brennwertkessel erhalten die Einstufung in Klasse A, während Wärmepumpen in A+ oder A++ fallen – unabhängig davon, wie teuer sie etwa im Betrieb sind. Es ist grundsätzlich begrüßenswert, dass die erneuerbaren Energien positiv bewertet werden. Wenn eine Wärmepumpe aber auch mit sehr schlechter Jahresarbeitszahl noch eine optimale Einstufung erhält, hilft das Label nicht bei der Auswahl des richtigen Geräts. Ergänzende Angaben, die diese Funktion übernehmen könnten, gibt es bei den Heizungslabels - anders als bei Elektrogeräten - nicht. Auch verbieten sich direkte Rückschlüsse von den Effizienzklassen auf die Betriebskosten, da hier Systeme mit unterschiedlichen Energieträgern verglichen werden.
Aufgrund der Ähnlichkeit zu den Etiketten auf Elektrogeräten könnten Verbraucher zudem fälschlich annehmen, dass allein das Gerät entscheidend für die Effizienz des Systems ist. Bei Heizungen spielt aber auch die Einbausituation eine große Rolle, die durch das Label naturgemäß gar nicht abgebildet werden kann. Hier besteht trotz und teilweise sogar wegen des Effizienzlabels erheblicher Beratungsbedarf - siehe dazu auch Verbundlabel rechts aus dem Baulinks-Beitrag „Produktlabel und Verbundlabel gemäß ErP-Richtlinie ab 26. September 2015 verpflichtend“ vom 17.4.2015.
forsa-Umfrage: Heizungslabel erhöht Beratungsbedarf
Die Kritik der Verbraucherzentrale NRW wird bestätigt durch aktuelle Zahlen einer forsa-Umfrage im Auftrag von Zukunft Erdgas. Demnach interpretieren die Verbraucher das Effizienzlabel höchst unterschiedlich:
- 45% der Befragten gehen davon aus, dass mit einer „guten Effizienzklasse bei Heizungen“ die besonders effiziente Umwandlung des Energieträgers in Wärme gemeint sei.
- 30% der Befragten sehen in einer guten Effizienzklasse einen Hinweis auf besonders ökologisches Heizen,
- 19% meinen, ein grünes Label weise auf eine besonders kostengünstige Heizung hin.
Tatsächlich aber werden für das Heizungslabel - anders als bei Kühlschränken - verschiedene Gerätetypen pauschal in verschiedene Klassen eingeordnet, abhängig von der Einbindung erneuerbarer Energien und vom Wirkungsgrad der Technologie. Nicht berücksichtigt werden dabei für Verbraucher relevante Faktoren wie Betriebskosten und Klimabilanz.
Ein Beispiel macht deutlich, wie leicht das Effizienzlabel zu Missverständnissen führen kann: Eine Erdgas-Brennwertheizung mit Solarthermie erhält ab September das Label A+, die Split-Elektrowärmepumpe das noch bessere Label A++. Doch eine vergleichende Modellrechnung der Studie „Modernisierungskompass“ der Erdgaswirtschaft(!) erstellt vom Institut für technische Gebäudeausrüstung zeigt: Das bessere Label ist demnach mit Blick auf Kosten und Klima die schlechtere Wahl. Die Elektrowärmepumpe sei nicht nur teurer in der Anschaffung, sie bringe auch höhere Betriebskosten mit sich. Und sogar bei der Umweltbelastung schneide die Kombination Erdgas und Solar besser ab - siehe auch Baulinks-Beitrag „,Neubaukompass‘ der Erdgaswirtwirtschaft vergleicht marktgängige Heiztechnologien“ vom 18.3.2015.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V.
- Zukunft Erdgas e.V. (eine Initiative der deutschen Erdgaswirtschaft)
- Institut für Technische Gebäudeausrüstung (ITG)
- EnergieSparRatgeber
- Förderratgeber von co2online und Fördermitteldatenbank von fe.bis
- Schornsteinfeger: 71,1% verbrennen Gas (19.5.2019)
- EU-Energielabel mit geänderter Skala für neue Heizungen (23.1.2019)
- Vielfalt und ein gewisses Durcheinander beim Energielabel (15.1.2018)
- Zwischen G und A+++: Verwirrung bei den europäischen Energielabeln (3.9.2017)
- Heizsysteme (noch) nicht von Änderungen bei Energiekennzeichen/Energielabeln betroffen (22.6.2017)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Energieverbrauchskennzeichnung für alte Heizungen (19.7.2015)
- Energy Label von ITRS und ift für Fenster mit Rollläden und Sonnenschutz (17.7.2015)
- ErP-Richtlinie: Oventrop hilft bei der Erstellung von Systemlabeln für Verbundanlagen (4.7.2015)
- Protokollband zur Warmwasserversorgung vom Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser (17.5.2015)
- Produktlabel und Verbundlabel gemäß ErP-Richtlinie ab 26. September 2015 verpflichtend (17.4.2015)
- MAP 3.0: Update für das Marktanreizprogramm ... und den BDH-Förderleitfaden (18.3.2015)
- „Neubaukompass“ der Erdgaswirtwirtschaft vergleicht marktgängige Heiztechnologien (18.3.2015)
- Initiative Wärme+ informiert über Energielabel für Wärmepumpen und Warmwasserbereiter (17.3.2015)
- Vorstellung VdZ-Plattform „HEIZUNGSlabel“ auf der ISH 2015 (9.3.2015)
- Energielabel, Stand-by, Kessel, ...: Änderungen für Energieverbraucher zum Jahreswechsel (4.1.2015)
- Am 26. September 2015 wird das Energieeffizienzlabel für Warmwassergeräte Pflicht (22.7.2014)
- Ökodesign und Verbrauchskennzeichnung von Heizgeräten und Warmwassererzeugern (7.3.2014)
siehe zudem:
- Heizung im Wärmetechnik-Magazin bei Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Heizung bei Amazon