Energieverbrauchskennzeichnung für alte Heizungen
(19.7.2015; überarbeitet und ergänzt am 13.9.2015) Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Referentenentwurf zum ersten Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes „Nationales Effizienzlabel für Heizungsaltanlagen“ veröffentlicht. Die Einführung eines Effizienzlabels für Heizungsaltanlagen soll Verbraucher motivieren, sich energetische beraten zu lassen und gegebenenfalls alte ineffiziente Heizungsanlagen auszutauschen.
Die Bundesregierung verweist in dem Entwurf auf ihr Ziel, den
Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20% und bis 2050 um 50% verringern zu
wollen. Der Gebäudebestand soll 2050 klimaneutral sein.
Die in den vergangenen Jahren erreichten Fortschritte würden jedoch für die
Erreichung der nationalen Effizienzziele nicht genügen.
Zur
Erinnerung: Im Gebäudebereich werden nach Angaben der Regierung
knapp 40% der gesamten Endenergie verbraucht, davon die meiste Energie für
Heizung. Derzeit seien über 70% der Heizgeräte nicht auf dem Stand der
Technik - sprich: ineffizient. Das durchschnittliche Alter der Anlagen soll
bei 17,6 Jahren liegen, 36% aller Geräte seien sogar älter als 20 Jahre.
„Mit einer gleichbleibenden jährlichen Austauschrate von drei Prozent würde es im Hinblick auf die unsanierten Heizgeräte circa 25 Jahre dauern, bis der Heizungsbestand erneuert ist“, schreibt die Regierung. Daher sollen die Verbraucher mit den Labels über den Effizienzstatus ihrer alten Heizgeräte informiert werden. Erwartet wird, dass die Austauschrate um rund 20% auf 3,7% pro Jahr steigt. „Damit kann ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz in Deutschland geleistet werden“, hofft die Regierung.
Im Rahmen der Energieverbrauchskennzeichnung werden von Heizungsinstallateuren, Schornsteinfegern, Gebäudeenergieberatern des Handwerks und Ausstellungsberechtigten nach §21 der Energieeinsparverordnung Heizkessel betrachtet, die folgende Kriterien erfüllen:
- älter als 15 Jahre
- bis 400 kW Leistung
- Warmwasserbereitung, sofern in Kombination mit Heizung oder gas- bzw. ölbetrieben
Wärmepumpen und Fernwärmeübergabestationen werden nicht betrachtet. Darüber hinaus werden die Bezirksschornsteinfeger bei fehlenden Etiketten verpflichtet, diese auf dem Heizgerät anzubringen.
Kritik an der Energieverbrauchskennzeichnung
Dipl.-Ing. Birgit Arnold, geschäftsführende Vizepräsidentin im Verband für Wärmelieferung (VfW), kritiisert: „Nur einen Heizkessel zu bewerten ist unzureichend, beurteilt werden muss die gesamte Anlage, also Erzeugung, Verteilung und Verbrauchsstellen. Ein Heizungsbesitzer wird aufgrund eines Labels keine Modernisierung veranllassen. Hierzu bedarf es einer hochwertigen Beratung mit Empfehlungen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen, verbindlichen Kostenaufstellungen - einschließlich aller Sekundärprozesse, d.h. aller sonstigen mit dieser Maßnahme verbundenen zusätzlichen Maßnahmen wie z.B. hydraulischer Abgleich, Anpassung der Heizflächen und Temperaturen und vieles mehr.“
Auch Haus & Grund ist überzeugt, dass das geplante Kennzeichen die Verbraucher in die Irre führt und das Klima nicht schützt: „Ein Kennzeichen für alte Heizungen, das lediglich anhand von Typenlisten ohne Messungen und Berechnungen vergeben werden soll, ist im besten Fall überflüssig, im schlechtesten Fall werden gut laufende Heizungen ausgetauscht“, kritisiert Hauptgeschäftsführer Kai Warnecke. Ob eine Heizung viel oder wenig Energie verbraucht, hänge von mehreren Faktoren ab. Dazu zählten beispielsweise die Heizungsregelung sowie die Brennwertnutzung. Diese Daten müssten individuell erfasst werden und ließen sich nicht aus einer Liste von Heizungsmodellen ablesen. Die Gefahr der irreführenden Verbraucherinformation würde mit dem Gesetz sogar verschärft, indem u.a. Heizungsinstallateure berechtigt wären, die Effizienzlabel an alte Heizungen zu kleben. „Damit werden die Hauseigentümer unmittelbar in die Hände eines von eigenen Geschäftsinteressen motivierten Handwerkers getrieben“, warnte Warnecke.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- PDF: „Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Energieverbrauchs-kennzeichnungsgesetzes“
- Bundeswirtschaftsministerium
- VfW Verband für Wärmelieferung e.V.
- Haus & Grund Deutschland
- EnergieSparRatgeber incl. Heizkostenvergleich und Heizungssystemvergleich
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- weitere Details...
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- Badezimmer werden lieber renoviert als die Heizung (5.10.2014)
siehe zudem:
- Heizungsmarkt, Heizung, Heizungstechnik, regenerative Energie und Heizöl auf Baulinks
- Literatur / Bücher zum Thema Heizung bei Baubuch / Amazon.de