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EU-Weißbuch zu Subventionen aus Drittstaaten im Binnenmarkt

(21.6.2020) Die Europäische Kommission hat am 17. Juni ein Weißbuch angenommen, in dem dargelegt wird, wie der verzerrenden Wirkung drittstaatlicher Subventionen im Binnenmarkt begegnet werden kann. Nun holt sie bei allen Interessenträgern Stellungnahmen zu den im Weißbuch aufgezeigten Optionen ein. Die bis zum 23. September 2020 laufende öffentliche Konsultation ist Teil der Vorbereitung eines Legislativvorschlags der Kommission in diesem Bereich.

Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager, die für die Wettbewerbspolitik und das Ressort „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ zuständig ist, erklärte: „Die europäische Wirtschaft ist offen und stark in die Weltwirtschaft eingebunden. Damit dies eine Stärke bleibt, müssen wir wachsam sein. Wir brauchen geeignete Instrumente, um - ebenso wie bei Subventionen von Mitgliedstaaten - sicherzustellen, dass auch Subventionen aus Drittstaaten keine Verzerrungen in unserem Markt bewirken. ... Der Binnenmarkt ist für den Wohlstand Europas von entscheidender Bedeutung. Er funktioniert nur gut, wenn faire Wettbewerbsbedingungen bestehen.“

Foto © baulinks/AO 

Bei Subventionen durch Mitgliedstaaten werden seit jeher die EU-Beihilfevorschriften angewendet, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Auch drittstaatliche Subventionen für Unternehmen in der EU können anscheinend negative Auswirkungen auf den Wettbewerb im Binnenmarkt haben - unterliegen aber eben nicht der EU-Bei­hil­fe­nkontrolle. Die Zahl der Fälle steigt offenbar, in denen ...

  • Subventionen aus Drittstaaten den Erwerb von EU-Unternehmen erleichtert haben oder
  • Investitionsentscheidungen das Marktgeschehen, die Preispolitik der Begünstigten oder öffentliche Vergabeverfahren zum Nachteil der nichtsubventionierten Unternehmen verzerrt haben.

Außerdem betreffen die bestehenden Handelsschutzregeln nur Warenexporte von Drittstaaten, so dass damit nicht alle durch drittstaatliche Subventionen bewirkten Verzerrungen angegangen werden können. Wenn solche Subventionen in Form von Finanzströmen den Erwerb von EU-Unternehmen erleichtern, den Betrieb von Unternehmen in der EU direkt unterstützen oder die Angebotsabgabe bei öffentlichen Vergabeverfahren erleichtern, besteht offensichtlich eine Regelungslücke.

Bauindustrie begrüßt das EU-Weißbuch

„Ein starkes Europa braucht eine schlagkräftige Wettbewerbspolitik - nach innen wie nach außen. Daher begrüßen wir den Vorschlag der EU-Kommission für neue Instrumente gegen wettbewerbsverzerrende Subventionen aus Drittstaaten im EU-Bin­nen­markt.“ So kommentiert Dieter Babiel, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), das vorgelegte Weißbuch zum Umgang mit staatlich subventionierten Unternehmen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union. „Ein neues Wettbewerbsinstrumentarium, ist sinnvoll und notwendig, da Brüssel derzeit nur staatliche Beihilfen aus den EU-Mitgliedstaaten auf eine Wettbewerbsverzerrung im EU-Binnenmarkt untersuchen darf.“

„Für die Bauwirtschaft ist vor allem das Teilinstrument 3 von Bedeutung. Dieses regelt Subventionen aus Drittstaaten bei EU-Vergabeverfahren“, so Herr Babiel weiter. Die Bauindustrie setzt sich bereits seit über einem Jahrzehnt für faire Spielregeln beim internationalen Wettbewerb um öffentliche Bauaufträge innerhalb und außerhalb Europas ein. Deutsche und europäische Baufirmen haben in der vergangenen Dekade im internationalen Baugeschäft signifikante Marktanteile an die staatliche Konkurrenz aus China verloren, da diese in der Lage ist, bei internationalen Ausschreibungen systematisch unterhalb der eigenen Herstellungskosten anzubieten. Es war eine Frage der Zeit, bis solche Praktiken auch in Europa zu beobachten sind. Daher ist es richtig, dass die EU-Kommission einen Mechanismus vorschlägt, bei dem Bieter erhaltene Zuwendungen dem öffentlichen Auftraggeber melden müssen. Der öffentliche Auftraggeber und die zuständige Aufsichtsbehörde können dann prüfen, ob eine wettbewerbsverzerrende Subvention vorliegt und in diesem Fall den Bieter vom Vergabeverfahren ausschließen.

In jüngster Vergangenheit hat das Interesse chinesischer Staatsbaukonzerne an Bauprojekten in der Europäischen Union zugenommen. So hat ein chinesisches Staatsunternehmen im Jahr 2018 mit einem Dumpingpreis den Zuschlag für die aus EU-Geldern finanzierte Peljesac-Brücke in Kroatien erhalten. Sämtliche Beschwerden und Klagen wurden von den kroatischen Vergabestellen abgewiesen. Die EU-Kommission erklärte sich damals für nicht zuständig. Im April 2020 wurde bekannt, dass die Export-Import Bank Chinas für rund 2 Mrd. $ den Bau der ungarischen Trasse finanziert. Hier wurden die Bauarbeiten von einer im chinesischen Staatsbesitz befindlichen lokalen Projektgesellschaft an ein Konsortium aus chinesischen Staatsbaufirmen und einer ungarischen Firma vergeben. Auch in diesem Fall schritt die EU-Kommission nicht ein.

„In solchen Vergabekonstellationen haben europäische Bieter keine realistische Chance. Dieser Zustand ist nicht akzeptabel“, erklärte Herr Babiel. „Das neue Weißbuch wird die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen bei öffentlichen Ausschreibungen nicht über Nacht beseitigen, aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, um bei EU-finanzierten Ausschreibungen innerhalb der EU und darüber hinaus faire und transparente Vergabeverfahren sicherzustellen. Wir fordern die Bundesregierung auf, die ab 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft innehat, bei der Umsetzung des Kommissionsvorschlags eine führende Rolle zu übernehmen.“

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