Baulinks -> Redaktion  || < älter 2004/0758 jünger > >>|  

Grundlage der selbstverdichtenden Betone (SVB)

(9.6.2004) Für hohe Dauerhaftigkeit und Beständigkeit ist ein geringer Wassergehalt gefordert, für leichtes Fließen beim Einbau ist ein möglichst hohes Fließvermögen erwünscht. Zwischen diesen sich widersprechenden Anforderungen galt es eine für die jeweiligen Anforderungen sinnvolle Optimierung durchzuführen. Die Zugabe von verflüssigenden Zusatzmitteln, die bei gleichem Wassergehalt die Verarbeitbarkeit deutlich verbessern, hat den Einsatz von weicheren Konsistenzen vorangetrieben. Ebenso ist es bei den neuen leicht- bzw. selbstverdichtenden Betonen. Die Praxisreife von neuen Fließmitteln hat diese Betone ermöglicht. Um ein Absetzen der Gesteinskörner zu vermeiden, wird ein fließfähiger gut zusammenhaltender Mörtel mit hohem Bindemittelanteil benötigt, in dem die Gesteinskörner "schwimmen". Das Schmier- und Klebvermögen des Mörtels ist so abgestimmt, dass der Beton ohne jede Rüttelenergie leicht zähflüssig, in einer Konsistenz zwischen Honig und Buttermilch, fließt. Er kann so selbstständig in jede Ritze und jeden Zwischenraum laufen, wenn die Füllrichtung und Geometrie des Bauteils ein Entweichen der Luft erlauben. Aufgrund der höheren Anteile an Bindemittel und Fließmittel sind derartige Betone rund 20 €/m³ teurer als der klassische Beton in Regelkonsistenz.

Selbstverdichtender Beton (SVB) darf nicht gerüttelt werden, denn durch ein Rütteln wird die innere Reibung aufgehoben, die die Gesteinskörner in der Schwebe hält. Also würde ein unerlaubtes Rütteln zum Absetzen der Steine und Aufschwimmen des Feinmörtels führen.

Übrigens: Zwischenlösungen, also Betone zwischen Regelkonsistenz und Selbstverdichtung, die nicht ganz so viel Bindemittel, Feinmörtel und Fließmittel aufweisen und noch eine geringe Verdichtungsenergie erfordern, nennt man leichtverdichtbare Betone (LVB). Hier ist die Verdichtungsenergie so anzupassen, dass eine leichtes Fließen ohne die o.g. Entmischung sichergestellt wird.

Neue Anwendungen

Der freien Gestaltbarkeit von Bauteilen aus Transportbeton waren bislang nur durch Einbaumöglichkeit und Rütteltechnik Grenzen gesetzt. Die Notwendigkeit Betoniergassen und Rüttelgassen oder aufwendige Außenrüttler bei den Bauteilen vorzusehen entfällt mit selbstverdichtendem Beton weitestgehend. Somit sind Betonagen von großen Längen, Füllmöglichkeiten von der Seite oder dünnere Querschnitte möglich. U-förmige Bauteile können von einer Seite von oben gefüllt werden und der horizontale Steg kann mit SVB vollständig gefüllt werden. Sogar ein Ausnivellieren der Füllhöhen in beiden senkrechten Seiten des U-Querschnitts bis auf wenige Zentimeter ist bei einseitiger Füllung möglich; auch erfolgreich zur vollständigen Verfüllung von hochbewehrten Stützen, insbesondere bei großen Stützhöhen. Gleichzeitig wird der Erfolg der Betonage nicht mehr von der Einbaumannschaft und der Qualität der Rüttelleistung bestimmt, sondern nur von der Fähigkeit des Selbstverdichtens des angelieferten werkgemischten und qualitätsüberwachen Transportbetons.

Strukturierte Oberflächen

Die vollständige Füllung praktisch jeden "Zwickels" bedeutet auch, dass die Struktur der Schalung deutlich wiedergegeben wird. So ist jede Imperfektion der Schalung später sichtbar oder positiv ausgedrückt, die Schalungsstruktur wird deutlich und klar wiedergegeben, so lassen sich mit Schalungsstößen und Oberflächenstruktur nahezu beliebige Gestaltungsmerkmale erreichen. Hierbei sollten die Strukturierungen so gewählt werden, dass bei bewitterten Flächen eine ungehinderte Abführung des Niederschlagswassers sichergestellt wird, um unschöne Wassernasen zu vermeiden. Auf Stahlschalungen sind z. T. so glatte Oberflächen erreicht worden, dass ein Putz gar nicht mehr ohne weiteres aufbringbar war. In den Niederlanden nutzt man diese glatten Oberflächen des SVB als Transportbeton für direkt tapezierte Wände im Wohnbau.

Selbstverdichtender Stahlfaserbeton

Für überwiegend auf Druck beanspruchte Bauteile wird erfolgreich stahlfaserbewehrter SVB eingesetzt. Die einfache vollständige Füllung der Schalung (oder auch einer Doppelwand) wird durch die Selbstverdichtung - unabhängig von der Qualifikation der Einbaumannschaft - erreicht. Die Stahlfasern übernehmen die Aufgabe der konstruktiven Bewehrung, somit kann in vielen Fällen das gesamte Gewerk des Eisenbiegens und Einbringen der Bewehrung mit Sicherung der Betondeckung entfallen. Derartige Lösungen sind häufig trotz höherer Kubikmeterpreise für den selbstverdichtenden Faserbeton wegen des einfacheren und sichereren Bauablaufes insgesamt wirtschaftlicher als konventionelle Lösungen. Hier ist die Branche sicher erst am Anfang der künftigen Einsatzmöglichkeiten.

Bodenplatten mit hoher Ebenheit

Gerade für Bodenplatten und Industriefußböden sind SVB oder LVB sinnvoll und wirtschaftlich einsetzbar. Ein entsprechend fließfähiger Beton wird durch Abrakeln so geglättet, dass keine weitere Nacharbeit, wie Abscheiben erforderlich ist. Dies ist auch bei Betonen mit hohem Widerstand gegen Frosttaumittel sinnvoll einsetzbar, da die durch Abscheiben auftretende oberflächennahe Zerstörung der Luftporen bei dem leichten Schwabbeln nicht auftritt. Also sind hier technische und wirtschaftliche Vorteile kombiniert.

Bauen im Bestand

Gerade bei Renovierung, Ertüchtigung oder in engen Baulücken kann SVB einen unschlagbaren Vorteil bringen. So ist z. B. die Erhöhung der Tragfähigkeit einer Decke im Altbau (Jugendstil mit ausreichender Geschosshöhe) nun auch von unten möglich. Man bringt die zusätzliche Bewehrung unter die alte Decke und schalt von unten ein. Durch eine oder mehrere Öffnungen, z. B. 15 cm Kernbohrungen durch die alte Decke, lässt man von einer Ecke aus die neu eingeschalte Decke voll laufen. Wie beim Verpressen von Spannkanälen, sind die entsprechenden Lüftungsöffnungen vorzusehen, an denen man auch den sichern Füllvorgang beobachten kann. Derartige schlanke und sichere Lösungen sind nur mit Transportbeton als SVB zu erreichen.

Ausbetonieren von engen Zwischenräumen

Auch im Tief- oder Tunnelbau sind häufig Zwischenräume zwischen Erdreich oder Gebirge und bestehender Betonkonstruktion mit Beton zu verfüllen. Hier erlaubt der Einsatz von SVB hohe Sicherheit der vollständigen Verfüllung, da keine Abhängigkeit von der eingebrachten Rüttelenergie besteht. Bei richtiger Wahl der Einfüll- und Entlüftungspunkte sowie der zugehörigen Füllreihenfolge sind vollständige Füllungen mit hochwertigem homogenen Beton leicht zu erreichen.

Entwicklungen

Zurzeit darf SVB nur mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung in Deutschland angewendet werden. Obwohl eine Vielzahl der Transportbetonwerke über eine Zulassung oder entsprechende Lizenzen verfügt, hat sich der SVB noch nicht auf allen Baustellen, wo er eine deutliche Rationalisierung bringen würde, durchgesetzt. Hier ist sicherlich die geringe Bereitschaft zu Neuem, vom Bauherrn über Planer bis hin zum Bauausführenden ein maßgebender Faktor. Auch muss erst im Bewusstsein aller Entscheider verankert sein, dass hier eine höhere Sicherheit der vollständigen Verfüllung und neue Bauverfahren möglich sind. Der unvermeidbare höhere Preis des SVB wird durch Ersparnisse beim Einbau und der Vermeidung von Nacharbeiten, z.B. Betonkosmetik, in vielen Fällen mehr als wett gemacht wird.

Die neue Richtlinie Selbstverdichtender Beton des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton wird Bekanntheitsgrad und Akzeptanz des SVB steigern. Die Betone weichen von der Norm nur im Gehalt an Feinstkorn und in der Konsistenz ab. Durch zusätzliche Prüfungen im Werk und auf der Baustelle sind die Selbstverdichtung und Fließfähigkeit zu bestimmen so dass eine höchstmögliche Sicherheit gegeben ist. Mit Erscheinen der Richtlinie Ende 2004 wird der SVB vom Beton mit Zulassung dann auch vorschriftentechnisch zum Normalfall.

siehe auch:

ausgewählte weitere Meldungen:

siehe zudem:


zurück ...
Übersicht News ...
Übersicht Broschüren ...

Impressum | Datenschutz © 1997-2024 BauSites GmbH