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Farbgestaltung in der Architektur ...

  • ... aus Sicht eines professionellen Farbgestalters: Farbe ist keine Frage des Geschmacks

(13.12.2007) In der Architektur ist die Farbe viel zu oft nur ein leidiges Thema am Rande. Oft kontern Bauherren Wünsche mit Sätzen wie diesem: "Für eine Farbgestaltung fehlt schlicht das Geld." Meist wird dann irgend eine Farbe festgelegt. Und meist ist es nur eine Farbe - Farbvielfalt und eine bewusste Farbgestaltung kommen nicht in Betracht.

Der Mensch hat sich als Bestandteil einer natürlichen Landschaft entwickelt. In dieser Umgebung hat er gelernt, auf unterschiedliche Farben unterschiedlich zu reagieren. 10 Millionen Nuancen kann das menschliche Auge wahrnehmen, es unterscheidet laute von leisen Farben oder drohende von grüßenden Farbstimmungen. Diesen Facettenreichtum kann der Mensch nutzen, wenn er Lebensräume aktiv ausgestaltet und beispielsweise positive Farbstimmungen aufbauen will, in denen er sich gut aufgehoben und geborgen fühlt.

Das gilt auch für die Architektur: Ihre Farbgebung bestimmt in hohem Maße nicht nur das Erscheinungsbild, sondern auch das "Stimmungsbild". Schon deshalb sollte die Wahl der eingesetzten Materialien und ihre Farbigkeit eine zentrale Rolle in der Architektur spielen - innen wie außen. Farbgestalter wie Peter Zoernack helfen bei der richtigen Auswahl, wenn beispielsweise positive, beruhigende, anregende oder dynamische Stimmungen erzeugt werden sollen. Peter Zoernack entwickelt aber nicht nur Farbkonzepte für die Architektur, sondern auch für Baumaterialien wie Keramik oder Linoleum bzw. für Hersteller von Farben selbst (siehe z.B. Beitrag "'Farbige Architektur' - realisierte Farbkonzepte von Peter Zoernack" vom 11.7.2005).

"Farben an sich können nicht hässlich - aber ihre Anwendung kann unpassend sein," erklärt Peter Zoernack. Gerade in der Architektur ist die Wahl der richtigen Farbtöne entscheidend, da sie hier eine sehr viel längere Bestandsdauer haben, als beispielsweise in der Mode oder bei Dekorationsartikeln. Die richtigen Farben begleiten und inszenieren ein Bauwerk, die falschen dagegen können die ganze Umgebung terrorisieren oder Bewohner und Besucher negativ beeinflussen.

Farbgebungen spielen immer mit Kontrasten und Helligkeiten. Das Spannungsfeld liegt zwischen hell und dunkel, aktiv und passiv, warm und kalt. Die Wahl des Farbtons hängt wesentlich vom Umfeld und Standort ab, von der Nachbarschaft, vom Zweck des Gebäudes und den eingesetzten Materialien. "Ein Gebäude ist eine Immobilie - es bewegt sich nicht und sollte deshalb eine positive Beziehung mit der Umgebung eingehen, und zwar über einen langen Zeitraum hinweg", so Peter Zoernack. "Die Farbe sollte die architektonische Form ergründen und ihr dann möglichst mehrfarbig folgen."


Dieser Leitsatz gilt für das Äußere ebenso wie für das Innere eines Gebäudes. Vor allem dann, wenn es darum geht, einen öffentlichen Raum zu gestalten, wenn es gilt, die Umgebung von darin arbeitenden Menschen farbig zu definieren und zu begleiten. Es geht um Räume, von denen positive Einflüsse ausgehen sollen. Farben wirken immer im Unterbewusstsein, sie beeinflussen uns positiv - oder negativ. Menschen, die sich in einem öffentlichen Gebäude aufhalten, als Mitarbeiter oder als Besucher, sollten diesen Ort nicht als bedrückend oder gar bedrohend empfinden. Statt dessen sollte hier ein farbiges Klima entstehen, das als harmonisch und ausbalanciert empfunden wird.

Sanfte, pastellige, leichte Farben wirken zurückhaltend. Sie eigenen sich für Räume, die Wärme und Geborgenheit geben, sonnig wirken und die dazu beitragen sollen, eine innere Balance zu finden. Diese Farbtöne werden aus der natürlichen Farbigkeit entwickelt, zum Beispiel den Nuancen eines Waldes mit seinen verschiedenen Grüntönen. Soll ein Raum oder Gebäude hingegen dynamisch, laut, stimulierend wirken, eignen sich kräftige Töne. Beim Umgang mit diesen Farben ist besondere Vorsicht geboten, da sie schnell zu einer inneren Unruhe führen und als störend wahrgenommen werden (vergleiche auch mit den Beiträgen "Mit Farbe Atmosphäre schaffen" vom 11.3.2005 und "Der Stimmungsmacher Farbe" vom 28.8.2002).

Peter Zoernack (Bild rechts) orientiert sich dabei an der Natur: "In unserer natürlichen Umgebung kommen kräftige Farben nur kurzlebig vor, Akzentfarben sind vergleichsweise selten." Eine natürlich belassene Landschaft dagegen ist in sich immer harmonisch, denn hier ist eine ausgewogene Farbgebung vorgegeben. Diese auf die Architektur von Gebäuden zu übertragen, sei die Aufgabe des Farbgestalters. Und die wird in Zukunft immer wichtiger, denn unsere modernen Siedlungen und Großstädte entfernen sich immer weiter von Vorbildern aus der Natur. Zudem können mit modernen Baumaterialien alle nur denkbaren Farbgebungen realisiert werden. Reizüberflutung, Hektik und Stress sind das Ergebnis - nicht zuletzt aufgrund der Farbwirkung in unserem Unterbewusstsein.

Deshalb warnt Zoernack in Sachen Farbe auch vor modischen Strömungen oder persönlichen Vorlieben, da sie schnell ein "alter Hut" sind und leicht aufgesetzt wirken. Heute muss er sogar viel eher vor falscher Buntheit warnen. Als Farbverhinderer versteht sich der engagierte Farbgestalter deshalb aber nicht. Für ihn ist Farbe in der Architektur nur eben keine Geschmackssache, sondern das Ergebnis genauer Beobachtung, eingehender Überlegungen und tiefer Empfindung.

Bilder: Für ein Pflegeheim in Bad Kreuznach (Bild bei Tageslicht) hat Peter Zoernack ein Farbkonzept entwickelt und u.a. mit Armstrong DLW umgesetzt. , das die Bewohner und Besucher begrüßt und sich durch die natürliche Farbgebung harmonisch in die Umgebung einpasst.

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