BauCycle - ein neuer Lösungsansatz fürs Baustoffrecycling
(26.9.2016) Rund fünf Millionen Tonnen feinkörnigen Bauschutts sollen jährlich in Deutschland anfallen. Bisher wird diese Feinfraktion auf Deponien entsorgt oder im Bereich Straßen- und Deponiebau als Untergrund verwendet. Um nun die im Beton verwendeten Rohstoffe wie Sand oder Kies zurückzugewinnen und sie dem Produktionskreislauf zuführen zu können, wollen vier Fraunhofer-Institute eine neuartige Verwertung für feinkörnigen Bauabbruch entwickeln. Dazu wurde das Projekt „BauCycle“ ins Leben gerufen. Die Forscher befassen sich im Rahmen dieses Projektes mit der gesamten Wertschöpfungskette ...
- von neuartigen optischen Sortierverfahren
- über logistische Netzwerke
- bis hin zur Entwicklung hochwertiger Baustoffe.
Diese stoffliche Wiederverwendung von Bauabbruch soll Primärrohstoffe nachhaltig schonen und einer Verknappung von Deponieraum entgegenwirken.
BauCycle-Prozess im Überblick
Die Baubranche gehört zu den ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren. Jährlich setzt sie in Deutschland rund 600 Mio. t an mineralischen Baurohstoffen ein. Der bundesweite Gesamtbestand an Bauwerken gilt mit rund 100 Mrd. Tonnen inzwischen ein bedeutendes Rohstofflager, dessen Bestandteile nach Nutzungsende über ein gezieltes Recycling wieder dem Stoffkreislauf zugeführt werden könnten.
In dem Forschungsprojekt „BauCycle“ hat man sich das Ziel gesetzt, für die heute noch nicht wieder nutzbaren Feinfraktionen (kleiner 2 mm) mineralischer Bauabfälle wirtschaftlich attraktive Verwertungsoptionen zu entwickeln. Wie es heißt, seien aufgrund der stofflichen Heterogenität sowie technischer und sicherheitsseitiger Herausforderungen dieses Stoffstroms Aufbereitungstechniken, Logistikkonzepte und Produktinnovationen erforderlich, die deutlich über den heutigen Stand hinausgehen würden.
BauCycle unterstützt die Fraunhofer-Strategien „Produzieren in Kreisläufen“ und „Energie- und Ressourceneffizienz“ mit dem Ziel, aus einer heutigen „Problemfraktion“ in Zukunft einen echten Wertstoff zu generieren. An Aktualität gewinnt das Projekt zudem durch die geplante neue Mantelverordnung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), die den Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken regeln soll. Danach dürfen die bisher im Straßen- und Deponiebau verwendeten Materialien nicht mehr genutzt werden, wodurch der Bedarf an neuen Verwertungswegen steigt.
Vier Fraunhofer-Institute für einen umfassenden Lösungsansatz
Die Fraunhofer-Institute für Bauphysik (IBP), für Materialfluss und Logistik (IML), für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) und für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) haben ihre Kompetenzen gebündelt, um eine ganzheitliche technologische wie auch logistische Lösung für die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen zu entwickeln.
Sortierung auch nach chemischen Unterschieden
Ein hochqualifiziertes Forscherteam arbeitet an einem neuartigen opto-pneumatischen Sortierverfahren für Feinfraktionen, welches neben Farb- und Helligkeitserkennung auch chemische Unterschiede in den Partikeln detektieren kann. Somit können auch bauschuttrelevante Attribute wie „sulfatisch“ oder „silikatisch“ erfasst werden, denn ein optimales Sortierergebnis resultiert u.a. in der selektiven Abtrennung von Gipspartikeln aus dem Bauschutt. Für die Wiederverwertbarkeit der Betonfraktion stellt der Gipsgehalt ein entscheidendes Kriterium dar.
Neue Rezepturen
Für die nach der Sortierung vorliegenden Fraktionen werden verschiedene Ansätze zur Herstellung von Bauteilen erarbeitet, um die möglichen Recyclingwege und Verwertungspotenziale darzustellen und die Realisierbarkeit nachzuweisen. Neben der Nutzung als Zementrohstoff sollen auch Granulate für den Einsatz in akustisch aktiven Bauteilen hergestellt werden. Dies sind Bauteile, die aufgrund ihrer Mikro- und Makrostruktur in der Lage sind, Schall zu absorbieren und somit im Bereich Lärmschutz eingesetzt werden.
Der zukünftige Markt für Recyclingmaterialien und Bauteile gilt als groß: Beispielsweise sind poröse mineralische Platten prädestiniert für Schallabsorber in Lärmschutzwänden und -bauteilen. 2013 wurden 117.000 m² Lärmschutzwände an Straßen und rund 62 Kilometer an Schienen errichtet. Des Weiteren arbeiten die Wissenschaftler an der Entwicklung zementfreier Bindemittel als Alternative zu den herkömmlich verwendeten Materialien.
Rohstoffbörse für Recyclingmaterial
Da sich die aus den BauCycle-Prozessen entstehenden Produktwertschöpfungsketten von den bisher im Bausektor vorhandenen Modellen unterscheiden, wird ferner eine Marktplattform entwickelt. Im Sinne einer Rohstoffbörse, die das Angebot von Recyclingfirmen und den Bedarf von Recyclingmaterial verarbeitenden Unternehmen erfasst, soll sie die Markteinführung der Produkte unterstützen.
Jenseits von Baustoffen
Sobald die Lösung für feinkörniges Material aus dem Baubereich gefunden ist, sollte diese im Anschluss auf ähnliche Fraktionen aus anderen Branchen übertragen werden können. In nahezu allen mechanischen Aufbereitungsanlagen fallen nämlich Feinfraktionen an, zum Beispiel im Glasrecycling, der Bergbauindustrie, als Rückstände aus thermischen Prozessen der Eisenverhüttung oder als Gießereirückstände. Die Aufbereitung, Sortierung und Anwendung von feinen Materialien bietet also ein bislang nicht erschlossenes Potenzial für die drei identifizierten Geschäftsfelder.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Müllverbrennungsaschen für ressourcenschonende Betonherstellung (1.7.2021)
- Neues Fließmittel verbessert Verarbeitbarkeit von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung (1.7.2021)
- Fraunhofer-Projekt „BauCycle“ erfolgreich abgeschlossen (11.8.2019)
- BauCycle, Green Hydrogen und DAW gewinnen DGNB Sustainability Challenge 2019 (30.6.2019)
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siehe zudem:
- Architektur und Baustoffe/Bauelemente bei BAULINKS.de
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