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Verbändebündnis reagiert mit „privatrechtlichen Anforderungsdokumenten“ auf EuGH-Urteil

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(23.1.2019; BAU-Bericht) Um eine Abschottung nationaler Märkte in der Europäischen Union (EU) zu verhindern, werden nach und nach Normen und Richtlinien auf europäischer Ebene vereinheitlicht. Diese Harmonisierung macht auch vor der Baubranche nicht halt. Lange konnten aber an die harmonisierten Produkte noch zusätzliche nationale Anforderungen gestellt werden. Ein Urteil des EuGH (C-100/13) vom 16.10.2014 hob diese Praxis auf - siehe u.a. Beritrag „Bauwirtschaft befürchtet aufgrund EuGH-Urteil Qualitätsverluste bei Bauprodukten““ vom 3.11.2014.

Die aufgrund des EuGH-Urteils notwendigen Änderungen der 16 Landesbauordnungen aufbauend auf der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB - Ausgabe August 2017) legen nun fest, dass von nationaler Seite nur noch bauordnungsrechtliche Anforderungen an das Bauwerk, nicht aber an das CE-gekennzeichnete Bauprodukt gestellt werden dürfen. So soll die einheitliche Bewertung von Bauprodukten europaweit erreicht werden. Gütezeichen, wie das hierzulande gebräuchliche Ü-Zei­chen, dürfen in diesem Zusammenhang nicht mehr verwendet werden. Gleichwohl ist das Ineinandergreifen von Produkt-, Bemessungs- und Anwendungsnormen nach wie vor sicherzustellen. Nicht nur Architekten und Fachplaner, sondern die gesamte Baubranche in Deutschland, standen damit vor der Frage nach einem alternativen Nachweis der Produkteigenschaften zur Erfüllung der Bauwerksanforderungen. Denn die hohe Qualitäts- und Gütesicherung hat sich auch weiterhin nicht verändert – jedoch galt es, deren Außendarstellung anzupassen.

Dieter Heller (Bundesverband Leichtbeton), Clemens Kuhlemann (Lebensraum Ziegel), Michael Hölker (BDB) stellten auf der BAU das Konzept der Anforderungsdokumente vor. (Foto © Klaus D. Wolf / Verbändebündnis „Herstellererklärung“) 

„privatrechtliche Anforderungsdokumente“

Muster Anforderungsdokument
Muster Anforderungsdokument
  

Die Lösung dieses Darstellungsthemas präsentierten Dieter Heller (Bundesverband Leichtbeton), Clemens Kuhlemann (Lebensraum Ziegel), Michael Hölker (BDB) und Dr. Ulrich Lotz (FBF Betondienst) auf der BAU 2019 - als Vertreter des Verbändebündnisses „Herstellererklärung“. Unterstützt wurden sie dabei u.a. auch von Vertretern der Bundesarchitektenkammer und der Bundesingenieurkammer. Gemeinsam entwickelten sie „privatrechtliche Anforderungsdokumente“, welche die Leistungsmerkmale der jeweiligen Bauprodukte festlegen. Zur Erfüllung der Bauwerksanforderungen werden diese durch Herstellererklärungen, die darauf Bezug nehmen, gegenüber dem Kunden rechtswirksam. Die Baustoffhersteller versprechen damit Planern, Bauherren und Verarbeitern - also sämtlichen Bauakteuren - die gleiche Rechtsicherheit wie vor dem EuGH Urteil bezüglich der qualitätsgesicherten Eigenschaften von CE gekennzeichneten Bauprodukten.

Das durch die beteiligten Verbände und Kammern entwickelte System basiert auf Abschnitt D3 der MVV TB. „Zielsetzung war es, die Vorgaben des Bauordnungsrechtes bei der Verwendung europäisch harmonisierter Bauprodukte rechtssicher umzusetzen“, erläuterte Dipl.-Ing. Dieter Heller vom Bundesverband Leichtbeton. „Zudem ist uns als Industrie wichtig, eine pragmatische Lösung zu bieten, die unseren hohen qualitativen Standard nach wie vor sicher abbildet.“ Neben dem Bundesverband Leichtbeton, Lebensraum Ziegel und dem FBF Betondienst zeichnen noch weitere Vereinigungen sowie die Bundesingenieur- und die Bundesarchitektenkammer für das neue System verantwortlich.

Das Konzept

Besagte Anforderungsdokumente legen bereits bei Ausschreibung und Beschaffung des Bauproduktes die Merkmale fest, welche es erfüllen muss, um den Bauwerksanforderungen gerecht zu werden. Das jeweilige Dokument bildet dann die Basis von Verträgen, Bestell- und Lieferunterlagen zur Bauausführung. Sowohl die Fremdüberwachung der Produkte als auch die werkseigene Qualitätskontrolle werden hierfür in gewohnter Form weitergeführt. „Das Konzept der Anforderungsdokumente stellt sicher, dass von der Planung bis zur Ausführung alle bauaufsichtlich notwendigen Beschreibungen, Nachweise und Bestätigungen von Bauproduktherstellern und Bauunternehmen für den Bauherren und die Baubehörden vorliegen“, betonte Markus Balkow, stellvertretender Geschäftsführer der Bundesingenieurkammer. Erarbeitet wurden die Anforderungsdokumente in Fachausschüssen, bestehend aus öffentlichen und privaten Bauherren, Planern, Produktherstellern, Bauausführenden, dem Handel sowie Prüfingenieuren.

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