Wie der Gebäudesektor seine Klimaziele doch noch erreichen kann ...
(16.5.2021) Mit den aktuell beschlossenen Maßnahmen zum Klimaschutz wird Deutschland weder seine bisherigen noch die verschärften europäischen Klimaschutzziele im Gebäudesektor bis 2050 erreichen. Wie dies doch möglich wäre, zeigen zwei Roadmaps von Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Öko-Institut und Hamburg Institut. Das Forschungsteam stellt darin Maßnahmen und politische Instrumente vor, mit denen ...
- die dezentrale Wärmeerzeugung kein CO₂ mehr ausstößt,
- sich der Endenergieverbrauch senken lässt und
- die Wärmenetze ausgebaut werden können.
Weil aus den Analysen und den Roadmaps hervorgeht, wie dringend die Politik handeln muss, sollten die meisten Instrumente vor 2025 eingeführt und umgesetzt werden. Die Autoren haben die Analyse und die Roadmaps in der vom Umweltbundesamt beauftragten Studie „Systemische Herausforderung der Wärmewende“ vorgelegt.
Zur Erinnerung: Im Bereich der Raumwärme und der Warmwasserbereitung schlummert großes Potenzial zur Reduktion energiebedingter Treibhausgasemissionen, da diese etwa 30% des Endenergieverbrauchs ausmachen und heute überwiegend fossile Energieträger nutzen. Um die Frage möglicher Pfade zur Erreichung der klimapolitischen Ziele zu untersuchen, analysierte das Projektteam 12 wissenschaftliche Studien. Dabei verglichen sie mögliche Entwicklungen des Endenergiebedarfs für Gebäudewärme, Strom, Umgebungswärme, Biomasse zur Gebäudeversorgung, Fernwärmeanteile sowie Sanierungsraten und resultierende Treibhausgasemissionen. Die Rollen der Akteure auf dem Wärmemarkt wurden hinsichtlich ihres Einflusses bei Investitionsentscheidungen für Sanierungsprojekte analysiert. Welche Rolle die Wärmenetze in der Wärmewende spielen, hat das Forschungsteam in Bezug auf Ausgangslage, Hemmnisse, Potenziale und Transformationspfade im Detail betrachtet.
Zwei zentrale Konzepte haben sich in der Szenarien-Analyse herauskristallisiert:
- Entweder maximiert man Effizienzmaßnahmen, um den Endenergiebedarf so weit wie möglich zu senken. Doch sorgen bei diesem Ansatz u.a. technische oder denkmalschutzbedingte Dämmrestriktionen dafür, dass sich der Endenergiebedarf nur um maximal 60% reduzieren lässt. Die restlichen 40% müssen durch erneuerbare Energien bereitgestellt werden.
- Oder man setzt weniger aufs Dämmen und forciert den Ausbau der erneuerbaren Energien, um mit den ausgestoßenen Treibhausgas (THG)-Emissionen auf null zu kommen. Hierfür sind deutlich größere Mengen erneuerbarer Energien für die Wärmebereitstellung nötig.
Eins ist für beide Ansätze festzuhalten: Der Anteil der erneuerbaren Energien im Endenergieträgermix zur Wärmeversorgung steigt signifikant. Wesentliche Beiträge kommen aus ...
- der Nutzung von Umgebungswärme mit Wärmepumpen,
- grüner Fernwärme,
- Biomasse und
- Solarthermie.
Ziele für den Gebäudesektor
Im Fokus der Studie steht die Wärmebereitstellung für Heizung und Warmwasser in Wohn- und Nichtwohngebäuden, die bis 2050 nahezu klimaneutral sein sollen. Betrachtet werden zwei Zielbereiche:
- Die Senkung des nicht-erneuerbaren Primärenergiebedarfs um 80% gegenüber 2008.
- Die Reduktion der gesamten Treibhausgasemissionen um 95% gegenüber 1990.
„Nahezu alle Szenarien sehen vor, dass die aktuelle energetische Sanierungsrate von derzeit einem Prozent dringend ansteigen muss“, sagt Dr. Peter Engelmann, Gruppenleiter Gebäudesystemtechnik am Fraunhofer ISE. Zudem leitete das Forschungsteam weitere vier Ziele ab:
- Die Entwicklung der Fernwärme-Infrastruktur muss Auswirkungen auf die Gas-Infrastruktur haben.
- Die Klima-Zwischenziele der THG-Emissionsminderung müssen eingehalten werden.
- Die Dekarbonisierung des Energiesektors, besonders der Stromerzeugung, muss zügig vonstatten gehen - und zwar mit einem ambitionierten Ausbauplan für die erneuerbaren Energien (EE) und dem Ausstieg aus der Kohleverstromung.
- Eine Infrastruktur für den Import und die inländische Erzeugung von Power-to-Gas- und Power-to-Liquid-Produkten muss aufgebaut werden.
Instrumentensets als Roadmaps
Aus diesen Zielen leiten die Forscher Instrumentensets in Form von Roadmaps ab. „Die Analyse der Instrumente zeigt, dass viele Ordnungs- und Förder-Instrumente noch nicht auf das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands einzahlen“, sagt Benjamin Köhler vom Öko-Institut. „Wir brauchen dringend ein klares Zielbild und ein darauf ausgerichtetes Set, bestehend aus ordnungsrechtlichen, fördernden, planerisch-strategischen und kommunikativen Instrumenten.“
Dr. Matthias Sandrock, Geschäftsführer des Hamburg Instituts ergänzt: „Zum Erreichen eines langfristig klimaneutralen Gebäudebestands muss zwischen den beiden Bereichen Gebäudeeffizienz und dem Einsatz erneuerbarer Energien und Abwärme zur Wärmeversorgung eine kostenoptimale Balance gefunden werden.“
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- PDF-Download: Studie „Systemische Herausforderung der Wärmewende“
- Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
- Öko-Institut e.V.
- Hamburg Institut (HI)
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- weitere Details...
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siehe zudem:
- Fern- und Nahwärme (sowie -kälte) im Wärmetechnik-Magazin und alternative Energien-Magazin bei Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen erneuerbare Energien bei Baubuch / Amazon.de