Postbank Wohnatlas 2023: Investitionschancen bei Eigentumswohnungen in deutschen Regionen
(28.6.2023) Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland bleiben auf hohem Niveau: 2022 mussten Käufer in neun von zehn Landkreisen und kreisfreien Städten für eine durchschnittliche Eigentumswohnung erneut mehr ausgeben als im Vorjahr. In 60% der Regionen ist der Kaufpreis auch im Vergleich zu den Jahresnettokaltmieten für eine gleichgroße Wohnung gestiegen, ergibt eine Analyse des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) für die Postbank. Mit Blick nach vorne erwarten die Experten reale, also inflationsbereinigte, Preisanstiege bis 2035 insbesondere in den größten sieben Metropolen und ihrem Umland, in vielen weiteren Großstädten sowie in Landkreisen im Süden und Nordwesten. Mit sinkenden Preisen rechnen die Fachleute dagegen in weiten Teilen Ostdeutschlands.
Investitionen in Eigentumswohnungen können sich dem Postbank Wohnatlas zufolge trotz des generell hohen Preisniveaus in Deutschland noch lohnen – unter zwei Voraussetzungen: verhältnismäßig moderate Kaufpreise im Vergleich zur Nettokaltmiete und die Aussicht auf weitere reale Wertsteigerungen. Beide Bedingungen erfüllen derzeit vor allem 37 Regionen in Deutschland.
Der seit Jahren bestehende Trend, dass die Kaufpreise stärker als die Mieten steigen, hat sich 2022 deutlich abgeflacht: Die Nettokaltmieten 2022 verteuerten sich im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt aller Landkreise und kreisfreien Städte nominal um 4,5%, das Plus bei den Kaufpreisen lag mit 6,2% nur noch leicht darüber. Im Vorjahr hatten die Kaufpreise noch 12,4 Prozentpunkte stärker als die Mietpreise zugelegt.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch im sogenannten Vervielfältiger wider, der abbildet, wie viele Jahresnettokaltmieten für eine gleich große Eigentumswohnung zu zahlen wären. Er blieb 2022 weitgehend stabil auf hohem Niveau und stieg binnen Jahresfrist im Durchschnitt über alle Landkreise und kreisfreien Städte um 0,4 auf 29 Jahresnettokaltmieten. Zwischen 2020 und 2021 hatte er sich noch um 2,7 Jahresmieten erhöht. Ein Drittel der Regionen weist mit einem Vervielfältiger größer als 30 ein sehr hohes Preisniveau auf. Dies betrifft die Küstengebiete, die sogenannten Big 7, viele weitere Großstädte und weite Teilen Bayerns. Auch das Umland einiger Metropolen wie Berlin und München, aber auch Frankfurt und Stuttgart weist hohe Werte auf. Niedrige Vervielfältiger unter 22,5 sind überwiegend im ländlichen Raum der Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu finden, teilweise auch in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.
Hohe Diskrepanz zwischen Miete und Kauf an Küsten, in Bayern und in den Big 7
Wer sich eine Eigentumswohnung an den Küsten und auf den Inseln der Nord- und Ostsee kaufen möchte, muss derzeit sehr viel investieren – sowohl absolut als auch in Jahresnettokaltmieten ausgedrückt. 2022 wies der Landkreis Nordfriesland mit den Ferieninseln Amrum, Föhr und Sylt den größten Vervielfältiger (89,3) auf.
Von einer hohen Diskrepanz zwischen Miete und Kaufpreis waren 2022 auch viele Großstädte betroffen. Den höchsten Vervielfältiger unter den Big 7-Metropolen hatte Hamburg mit 43,5 – ein Anstieg um 0,3 im Vergleich zu 2021. Auch in München und Berlin müssen Käufer mehr als 40 Jahresnettokaltmieten für eine gleich große Eigentumswohnung zahlen. Allerdings ging der Vervielfältiger – anders als in den Vorjahren – hier leicht zurück: In München sank er um 1,2 Jahresnettokaltmieten, in Berlin um 1,0.
„In immerhin vier von zehn deutschen Regionen sind die Kaufpreise in Relation zu den Nettokaltmieten in 2022 gesunken, das macht Eigentumswohnungen dort attraktiver als ein Jahr zuvor. Für Selbstnutzer kann sich der Kauf einer Eigentumswohnung im Vergleich zur Miete somit früher rentieren“, sagt Manuel Beermann, verantwortlich für das Immobiliengeschäft der Postbank. „Aber auch bei dieser positiven Entwicklung bedarf der Immobilienkauf in Regionen mit hohem Vervielfältiger einer sorgfältigen Prüfung. Denn er birgt immer das Risiko, dass künftige Preissteigerungen bereits in die aktuelle Bewertung eingeflossen sind und beim Wiederverkauf Verluste entstehen.“
Wo sich der Kauf noch lohnt
Wer ein potenzielles Kaufobjekt bewertet, sollte neben dem Verhältnis von Preis und Miete auch die künftige reale Preisentwicklung unter Berücksichtigung der Kaufkraft heranziehen. Die Ertragschancen für Selbstnutzer sind umso höher, je niedriger der regionale Vervielfältiger ist und je höher die erwartete künftige reale Preissteigerung ausfällt. Für Vermieter gelten die gleichen Kriterien, da die anfängliche Mietrendite umso höher ausfällt, je niedriger sich der Vervielfältiger darstellt. Für 134 Regionen in Deutschland errechneten sich 2022 Vervielfältiger von mehr als 30 – was ein sehr hohes Preisniveau bedeutet. Darunter befinden sich einige Gebiete, für die das HWWI eine negative Preisentwicklung vorhersagt. In diesen Regionen würden Käufer Eigentumswohnungen zu einem sehr hohen Preis erwerben und müssten künftig voraussichtlich Wertverluste hinnehmen. Für 41 der hochpreisigen Regionen prognostiziert das Institut hingegen reale Wertzuwächse zwischen 0,5 und 1% pro Jahr und für 36 Landkreise und kreisfreie Städte sogar mehr als 1% pro Jahr bis 2035. Die Städte Potsdam, Leipzig und München sowie der Landkreis Erding liegen mit erwarteten realen Wertzuwächsen von mehr als 2 Prozent an der Spitze des Feldes.
Wohneigentum für Selbstnutzer trotz leichter Wertverluste?
In 109 Regionen müssen Interessierte beim Kauf einer Eigentumswohnung mit Wertverlusten von mehr als 0,75 Prozent pro Jahr bis 2035 rechnen - daher ist dort große Vorsicht geboten. Für Selbstnutzer, die keinen Wiederverkauf anstreben, oder sehr langfristig orientierte Vermieter könnte jedoch ein Investment in sechs Regionen mit leicht negativer prognostizierter Preisentwicklung, aber einem Vervielfältiger von weniger als 25 interessant sein. Wer in diesen Regionen derzeit eine Wohnung gemietet hat, könnte als Eigentümer auf längere Sicht günstiger fahren. Denn je geringer der Vervielfältiger ausfällt, desto kürzer ist der Zeitraum, bis sich ein Kauf gegenüber Miete rechnet.
„Für langfristig orientierte Selbstnutzer kann eine Eigentumswohnung trotz prognostizierter leichter Wertverluste Vorteile bieten – etwa im Rahmen einer Vorsorgestrategie oder für mietfreies Wohnen im Alter“, sagt Beermann. „Das gilt aber nicht pauschal. Objekte in den Regionen können sich stark in Lage, Ausstattung, Energiestandard und Bausubstanz unterscheiden - und sollten daher genau geprüft werden.“
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siehe zudem:
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