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Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien gestoppt - zum Teil rückwirkend

(3.5.2010; aktualisiert am 8.7.2010) Der Deutsche Bundestag hatte mit dem Bundeshaushalt 2010 eine qualifizierte Haushaltssperre beim Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien beschlossen. Das Bundesumweltministerium hat sich laut eigener Einschätzung in den vergangenen Wochen intensiv um eine Aufhebung dieser Haushaltssperre bemüht und einen entsprechenden Antrag beim Bundesfinanzministerium gestellt. Die Weiterleitung dieses Antrags an den Haushaltsausschuss wurde vom Bundesfinanzministerium jetzt abgelehnt. Die Haushaltssperre hat zur Folge die Einstellung der Förderung von ...

  • Solarkollektoren,
  • Biomasseheizungen,
  • Wärmepumpen und
  • Kraft-Wärme-Kopplung (Mini-KWK).

Konkret bedeutet das: Ab sofort können für Solarkollektoren, Biomasseheizungen und Wärmepumpen keine Investitionszuschüsse mehr gewährt werden. Mit den Förderanträgen, die in diesem Jahr bereits beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingegangen sind, sind die für 2010 noch zur Verfügung stehenden Fördermittel bereits aufgebraucht. Ab sofort können daher auch keine neuen Förderanträge mehr entgegengenommen werden.

Die Sperrung der Haushaltsmittel hat auch Auswirkungen auf die Programme der Nationalen Klimaschutzinitiative. Das Förderprogramm für kleine Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (Mini-KWK) und das Programm zur Förderung von Klimaschutzprojekten in Kommunen müssen sogar rückwirkend gestoppt werden, da schon mit den bereits bewilligten Anträgen das Budget, das für 2010 zur Verfügung steht, voll ausgeschöpft wird. Rückwirkend heißt, dass Anträge, die aus dem vergangenen Jahr vorliegen und noch nicht bewilligt worden sind, nicht mehr genehmigt werden können. Die Förderung von kommunalen Klimaschutzprojekten kann erst 2011 weiter fortgeführt werden, unter der Voraussetzung, dass im kommenden Jahr wieder Haushaltsmittel verfügbar sind.

Auch das gemeinsame Förderprogramm mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium zur Steigerung der Energieeffizienz in der Landwirtschaft und im Gartenbau ist von der Haushaltssperre betroffen. Auch hier können keine neuen Anträge mehr entgegen genommen werden.

Der Stopp der Förderprogramme muss nicht zwingend das Aus für jegliche Förderung bedeuten, schließlich gibt es noch zahlreiche andere Fördermöglichkeiten, die im Förderratgeber recherchiert werden können.

Marktentwicklung Wärmeerzeuger insgesamt 1999-2009

Quelle: Präsentation von BDH-Präsident Klaus Jesse Anfang Januar 2010 anlässlich der SHK Essen-Fachpressekonferenz (Bild vergrößern)

Reaktionen:

Die Wirtschaftsförderung, die im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) fließt, ist bei der Windkraft am effizientesten, weil sie die höchsten privaten Investitionen nach sich zieht. Gar keinen positiven Effekt hat hingegen die Unterstützung der Photovoltaik. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Analyse vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). So löste 1 Euro, der in der EEG-Förderung für Windräder aufgewandt wird, im Jahr 2007 je nach erwarteter Strompreisentwicklung 1,70 Euro beziehungsweise 2,60 Euro zusätzliche private Investitionen aus. Damit schnitt die Windkraftförderung sogar besser ab als manche traditionelle Form der Wirtschaftsförderung. Die EEG-Vergütung für Strom aus Photovoltaikanlagen war dagegen über die Laufzeit der Anlage gerechnet höher als die gesamten Investitionen. Allein schon aus diesem Grund sie die geplante Kürzung der Solarförderung sinnvoll - so das Institut der deutschen Wirtschaft am 5.5.2010.

Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) befürchtet, dass die endgültig beschlossene Haushaltssperre für das Marktanreizprogramm zur Förderung der erneuerbaren Energien im Wärmemarkt Investoren und Modernisierer massiv verunsichern wird. "Der Sparbeschluss des Deutschen Bundestages kommt zur Unzeit. Wie schon so oft bei haushaltsabhängigen Förderprogrammen werden die Verbraucher jetzt erstmal mit Verunsicherung und Zurückhaltung reagieren", warnte Elmar Esser, der Hauptgeschäftsführer des ZVSHK. "Wer zur selben Zeit Milliarden Euro für ein Griechenlandhilfegesetz frei gibt und ein erfolgreich funktionierendes Förderprogramm für den heimischen Wärmemarkt kippt, erweist der eigenen Klimapolitik eine Bärendienst", betont Elmar Esser. Um zukünftig modernisierungswilligen Hausbesitzern eine verlässliche Förderung von Sanierungsmaßnahmen zu bieten, will der ZVSHK seine in der letzten Woche aufgestellte Forderung nach Einrichtung eines Effizienzfonds möglichst schnell umgesetzt sehen. "Die haushaltsbedingte Sperre der Fördermittel hat gezeigt: Wir müssen neue Wege gehen, um den Klimaschutz in Immobilien voranzubringen." Ein Anreizsystem, das sich zum Teil aus verwirklichten Energiekosteneinsparungen speisen könnte, wäre für den ZVSHK der erste wichtige Schritt in eine solche Richtung.

Die unter finanzpolitischen Aspekten entschiedene Beendigung des Marktanzreizprogramms für den Einsatz erneuerbarer Energien ist aus Sicht der Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft e.V. (VdZ) unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten wirtschafts- sowie umweltpolitisch falsch, sowie ein klarer Schritt zurück in die Vergangenheit. Denn Hausbesitzer müssen ab sofort auf die Fördermittel des Ministeriums komplett verzichten, wenn sie ihre veralteten Heizungskessel gegen effiziente Heizungsanlagen in Kombination mit erneuerbaren Energien ersetzen wollen. "Diese Entscheidung ist für den gesamten Wärmemarkt aber auch für Verbraucher ein harter Schlag, weil ein über die Jahre hinweg bewährtes und sehr erfolgreiches Fördermittelkonzept abrupt gestoppt wird. Dringend notwendige private Investitionen in moderne umweltfreundliche Heizungsanlagen werden dadurch immens erschwert. Investitionen, die auch der sehr mittelständisch geprägten Heizungsbranche mit insgesamt ca. 50.000 Unternehmen und über 400.000 Arbeitsplätzen fehlen werden", kritisiert VdZ-Geschäftsführer Horst Eisenbeis den Entschluss durch das Bundesfinanzministerium.

Zwischendurch zur Erinnerung: "Heizungs-Oldtimer" sind in deutschen Heizungskellern keine Seltenheit. Damit sind technisch veraltete Heizungskessel gemeint, die viel Energie verschwenden, die Umwelt belasten und die Heizkosten unnötig in die Höhe treiben. Geht man von den vom Schornsteinfegerhandwerk erfassten Öl- und Gasfeuerungsanlagen aus (Stand 2008), sind sogar 22 Prozent älter als 20 Jahre.

Der Bundesverband Wärmepumpe bezeichnet endgültiges Aus bei Marktanreizprogramm als "Schuss in den Ofen". Das Aus für das Marktanreizprogramm (MAP) sei ein herber Rückschlag für den Klimaschutz, betont Karl-Heinz Stawiarski, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe: "Wir kämpfen gegen den Sanierungsstau, wollen den schlafenden Riesen Wärme wecken. Statt diese Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzulösen, wird der Riese jetzt ins künstliche Koma gelegt." Damit fehle insbesondere für die Sanierung - für die es nicht wie im Neubau eine Nutzungspflicht für erneuerbare Wärme gebe - jegliches staatliche Instrument, um die Nutzung von regenerativen Heiztechnologien zu fördern. "Damit bürdet der Staat den Bürgern die alleinige Verantwortung für den Klimaschutz auf und reduziert die Anreize für Investitionen in nachhaltige Technologien." Stawiarski rechnet vor, dass im letzten Jahr 70 Mio. Euro MAP-Förderung 495 Mio. Euro Investitionen in Wärmepumpen ausgelöst hätten, die überwiegend in Deutschland verblieben. Alleine die Umsatzsteuererlöse deckten bereits die Fördersumme. "Erneuerbare Energien sind ein Job- und Konjunkturmotor, ganz zu schweigen von den Steuergewinnen", so Stawiarski. "Wir können es uns gar nicht leisten, die Umstellung auf erneuerbare Wärme zu verlangsamen. Und zwar nicht trotz, sondern gerade angesichts der Konjunkturkrise!"

Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) kritisiert die Entscheidung des Finanzministeriums scharf: "Mit der endgültigen Haushaltssperre für das Marktanreizprogramm wird das einzige funktionierende Instrument für den Umbau des Wärmebereichs lahmgelegt. Nachdem die letzte Regierung bereits die Biokraftstoffbranche in Deutschland vor die Wand gefahren hat, macht sich die jetzige daran, die regenerative Heizungsindustrie abzuwürgen", erklärt BEE-Präsident Dietmar Schütz. Obwohl sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag auf das Ziel festgelegt habe, die Erneuerbaren Energien konsequent auszubauen, fühle sich das Finanzressort dieser gemeinsamen Aufgabe offenbar nicht weiter verpflichtet. Die zugesagten Klimaschutzanstrengungen würden damit nach dem Scheitern der internationalen Verhandlungen auch auf nationaler Ebene immer ungewisser. Aus Sicht des BEE wird trotz privaten Engagements aber nicht zu verhindern sein, dass sich überfällige Fortschritte im Wärmesektor durch die aktuelle Kürzungsentscheidung weiter verzögern. "Dies ist angesichts des noch relativ geringen Anteils Erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung absolut unverantwortlich", unterstreicht Schütz.

Die LichtBlick AG übt scharfe Kritik an der Streichung der Fördermittel für kleine Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (Mini-KWK). "Die Bundesregierung erweist sich als Hemmschuh der ökologischen Energiewende. Ineffiziente und riskante Atomkraftwerke sollen länger laufen und den Großkonzernen Milliardengeschenke bescheren. Gleichzeitig wird das kleine, aber erfolgreiche Förderprogramm für hocheffizienzte Keller-Kraftwerke eingestellt. Der Mittelstand, der diese Technik entwickelt und vertreibt, wird empfindlich geschwächt", erklärt der Vorstandsvorsitzende von LichtBlick, Dr. Christian Friege. (Zur Erinnerung siehe Beitrag "Ansturm auf LichtBlicks ZuhauseKraftwerke" vom 27.10.2009.)

Update vom 8.7.2010: Fortsetzung des Marktanreizprogramms - nicht ohne Einschnitte

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat in seiner Sitzung am 7. Juli 2010 die Aufhebung der Haushaltssperre beim Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien (MAP) beschlossen. Die Förderung wird aber mit einer neuen Förderrichtlinie fortgesetzt. Die neuen Förderrichtlinien treten voraussichtlich am 12. Juli 2010 in Kraft; und mehr alle der bislang förderfähigen Anlagentypen werden weiter gefördert - siehe dazu auch den entsprechenden Beitrag vom 8.7.2010.

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