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Titandioxid (TiO₂) - ein wahres Multitalent auch am Bau

(14.12.2006; upgedatet und überarbeitet am 24.7.2015) Das Weißpigment Titandioxid (TiO₂) gilt vielen als wahres Multitalent: Es kann als Farbstoff eingesetzt werden, wirkt schmutzauflösend, neutralisiert Giftstoffe in der Luft und im Wasser - und soll ungiftig sein. Immer mehr Hersteller veredeln ihre Produkte mit TiO₂. Vorreiter in der Entwicklung und der Anwendung von TiO₂-veredelter Produkte ist Japan. (Update: Verschiedene Wissenschaftler gehen zwischenzeitlich davon aus, dass Titandioxid als Nanomaterial alles andere als unbedenklich ist und rücken es in dieser Form in die Nähe von Asbest.)

Die Erfolgsstory von Titandioxid begann im Jahr 1908, als Wissenschaftler in Norwegen und den USA den weißen Stoff entdeckten. Schnell wurde klar, dass Titandioxid über ein bemerkenswertes Aufhellungsvermögen sowie eine hohe Deckkraft verfügt und sich bestens als Farbstoff bzw. Additiv für Lacke, Wand- oder Druckfarben eignet - daher ist TiO₂ auch unter der Bezeichnung Titanweiß bekannt. Zudem stellte sich heraus, dass es sich um einen gesundheitlich unbedenklichen Stoff handelt, der auch in Lebensmitteln verwendet werden kann. So verleiht er beispielsweise der Umhüllung einer Salami die weiße Farbe oder gibt als Bestandteil des Überzuges u.a. Süßwaren ein appetitliches Aussehen.

Hydrophiler Helfer im Kampf gegen Schmutz

Pilkington hat 2001 das selbstreinigende Fensterglas „Pilkington Activ“ auf den Markt gebracht. Bereits Ende der 60er-Jahre wurde eine für diese Innovation grundlegende Eigenschaft des TiO₂ entdeckt: Es reagiert unter Einfluss von UV-Strahlung im normalen Tageslicht und setzt eine Energie frei, die die chemische Bindung organischer Schmutzpartikel wie Fetten oder Staub zerstört. „Diese Entdeckung verschwand allerdings zunächst in den Schubladen der Wissenschaftler“, erklärt Dr. Norbert Wruk, Leiter der Abteilung Forschung & Entwicklung bei Pilkington in Deutschland. „Erst als man gut dreißig Jahre später wasseranziehende (hydrophile) Eigenschaft entdeckte, wurde der Stoff auch für die Veredelung von Oberflächen interessant.“ Denn auf einer Titandioxid-Schicht bilden sich keine Tropfen; stattdessen verteilt sich die Feuchtigkeit wie ein hauchdünner Film auf der Oberfläche und fließt ab. Darum werden zum Aufbau eines Selbstreinigungseffektes auf der Außenseite von Fenstergläsern wie Pilkington Activ Titandioxid-Beschichtungen eingebrannt, dank derer die Scheiben deutlich seltener geputzt werden müssen:

Auch Autofahrer können von den schmutzauflösenden und wasseranziehenden Eigenschaften profitieren. Pilkington beliefert Automobilzulieferer mit TiO₂-beschichtetem Glas, das dann beispielsweise in Außenspiegeln zum Einsatz kommt. Dank der Beschichtung verbessert sich die Sicht bei Regen erheblich, da sich auf der Oberfläche keine Tropfen bilden und organischer Schmutz abgespült wird.

Vorreiter Japan

„In Japan sind Titandioxid-Beschichtungen schon viel verbreiteter als in Deutschland“, weiß Dr. Wruk zu berichten. Dort schwören Architekten bereits seit einiger Zeit auf selbstreinigende Gläser. Nicht nur in privaten Häusern und Wohnungen kommen sie verstärkt zum Einsatz, sondern auch an Glasfassaden gewerblicher Gebäude. Durch den geringeren Reinigungsaufwand versprechen sich die Betreiber solcher Bauten deutliche Kosteneinsparungen. Jetzt zieht auch der japanische Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen nach. Die Betreibergesellschaft hat die Fensterscheiben am Prototyp des neuesten Modells Shinkansen N700 mit TiO₂ ausgestattet, um die Betriebskosten des Zuges zu senken.

Verbesserung der Raumluft

Titandioxid bekämpft darüber hinaus in der Raumluft befindliche Schad- und Giftstoffe wie etwa Formaldehyd: Über Tapeten und Farben, die TiO₂ enthalten, geraten die in der Luft befindlichen unerwünschten oder schädlichen Stoffe in Kontakt mit den Titandioxid-Molekülen. Zusammen mit dem Tageslicht zerstören sie die chemischen Verbindungen der Schad- und Giftstoffe. Am Ende des Prozesses bleiben ganz ungiftige Stoffe übrig: Kohlendioxid und Feuchtigkeit.

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