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EU-Kommission schlägt Kategorien für ermäßigte MwSt.-Sätze vor

(13.7.2008) Die Europäische Kommission hat am 7.7. einen Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG vorgelegt, um den Mitgliedstaaten die Flexibilität einzuräumen, bei bestimmten Dienstleistungen auf Dauer ermäßigte Mehrwertsteuersätze anzuwenden. Der Kommissionsvorschlag betrifft Bereiche, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes durch ermäßigte Sätze nicht beeinträchtigt wird. Betroffen sind in erster Linie so genannte arbeitsintensive Dienstleistungen und lokal erbrachte Dienstleistungen einschließlich Dienstleistungen des Gaststättengewerbes. Da in den betreffenden Sektoren in erster Linie kleine und mittlere Unternehmen tätig sind, ist der Vorschlag auch Bestandteil des "Small Business Act". Der Vorschlag ändert nichts an dem Grundsatz, dass die Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze für die Mitgliedstaaten fakultativ ist.

László Kovács, für Steuern und Zollunion zuständiges Mitglied der Kommission, erklärte: "Ich schlage vor, in Sektoren, in denen davon ausgegangen werden kann, dass im Binnenmarkt keine echten Wettbewerbsverzerrungen entstehen, die fakultative Anwendung ermäßigter Sätze allgemein zuzulassen. In arbeitsintensiven Sektoren soll es die Gewissheit geben, dass auch nach 2010 ermäßigte Sätze fortbestehen und alle Mitgliedstaaten sollten dieselben Möglichkeiten haben. Es gibt keinen Grund dafür, weshalb beispielsweise auf Dienstleistungen im Gaststättengewerbe in einer Hälfte der Europäischen Union ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden, in der anderen Hälfte aber nicht."

Da der Rat nach der Mitteilung der Kommission vom Juli 2007 in Bezug auf die komplette Überarbeitung des Systems der ermäßigten Sätze keine eindeutigen Leitlinien vorgegeben hat, bietet der Vorschlag nur Lösungen für dringende Fragen an und will allen Mitgliedstaaten die gleichen Möglichkeiten eröffnen. Daher hat der Vorschlag nur einen begrenzten Anwendungsbereich, und auf die meisten Dienstleistungen kann bereits jetzt ein ermäßigter Satz angewandt werden, allerdings nur in einer Reihe von Mitgliedstaaten und nur bis 2010.

Der Vorschlag beinhaltet weder eine allgemeine Überprüfung der zahlreichen Ausnahmeregelungen für verschiedene Mitgliedstaaten noch wird dadurch der Anwendungsbereich ermäßigter Sätze für Umwelt- oder Energiesparzwecke erweitert. Zum letztgenannten Punkt prüft die Kommission zurzeit entsprechend dem Ersuchen des Europäischen Rates vom März 2008, ob es zweckmäßig ist, ermäßigte Steuersätze für energiesparende Werkstoffe oder energieeffiziente Gegenstände und Dienstleistungen zuzulassen. Sie will im Herbst die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zusammen mit entsprechenden Vorschlägen präsentieren:

Im Wohnungswesen soll die Beschränkung auf Wohnungen "im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus” wegfallen, so dass auf die Lieferung und den Bau aller Wohnungen sowie auf alle Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Wohnungswesen (einschließlich Renovierung, Instandsetzung, Reinigung usw.) ermäßigte Sätze angewandt werden können.

Dienstleistungen des Gaststättengewerbes und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme alkoholischer Getränke, sollen ebenfalls eingeschlossen werden.

Arbeitsintensive Dienstleistungen sollen auf Dauer in das Verzeichnis der Dienstleistungen aufgenommen werden, für die ermäßigte Steuersätze gelten können. Zudem wird diese Kategorie um weitere lokale Dienstleistungen, die ähnlicher Art sind, erweitert. Dabei handelt es sich um Folgendes:

  • Kleinere Reparaturdienstleistungen an beweglichen Gegenständen (z.B. Schuhen, Kleidung, Computern, Uhren) einschließlich Fahrrädern aber unter Ausschluss anderer Beförderungsmittel;
  • Reinigungs- und Wartungsleistungen an solchen beweglichen Gegenständen, wobei nicht nur Fahrräder, sondern auch andere Beförderungsmittel eingeschlossen sind;
  • die Erbringung häuslicher Pflegedienste wie Hilfe im Haushalt und Betreuung von Kindern sowie von älteren, kranken oder behinderten Personen;
  • Dienstleistungen im Kosmetikbereich (einschließlich Friseurleistungen, Kosmetikinstitute usw.);
  • Gartenarbeiten;
    die Renovierung und Instandsetzung von Gebetsstätten sowie von den Mitgliedstaaten als Kulturerbe anerkannten Gebäuden und Denkmälern.

Zudem werden in einigen Punkten kleinere Klarstellungen vorgeschlagen. Die Kategorie der Arzneimittel wird auf alle saugfähigen Hygieneprodukte einschließlich Babywindeln ausgedehnt. Bei medizinischen Geräten für Behinderte schlägt die Kommission vor, alle Hilfsmittel und Vorrichtungen, die speziell für Behinderte entwickelt oder angepasst wurden (z. B. Braille-Tastaturen, speziell für Behinderte ausgestattete Fahrzeuge) in diese Kategorie aufzunehmen.

Auf gedruckte Bücher kann nach den geltenden Bestimmungen ein ermäßigter Satz angewandt werden. Die Kommission schlägt vor, auch Hörbücher in die Definition des Begriffs "Buch" aufzunehmen. Durch die Änderung würden auch CD, CD-ROM oder andere körperliche Datenträger, die überwiegend denselben Informationsgehalt wiedergeben wie gedruckte Bücher, aber kein weiteres Material wie z.B. Spiele enthalten, erfasst.

Hintergrund

Die Grundregeln für die Mehrwertsteuersätze sind einfach: Bei mehrwertsteuerpflichtigen Gegenständen und Dienstleistungen beträgt der Steuersatz normalerweise mindestens 15%. Auf Gegenstände und Dienstleistungen, die in einem erschöpfenden Verzeichnis aufgeführt sind, können die Mitgliedstaaten ermäßigte Sätze von mindestens 5% anwenden. Diese einfachen Regeln werden allerdings durch eine Fülle von Ausnahmen kompliziert, die einigen, aber nicht allen Mitgliedstaaten bei den Verhandlungen vor Annahme der Richtlinie über die Mehrwertsteuersätze (1992) bzw. in Beitrittsakten zugestanden wurden. So wenden beispielsweise elf Mitgliedstaaten auf Dienstleistungen des Gaststättengewerbes einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz an, während die anderen 16 Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen können. Ähnliche Ausnahmen gibt es auch bei arbeitsintensiven Dienstleistungen.

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