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Arbeitskreis Baufachpresse traf (nicht nur) auf Stuttgart 21

(7.10.2014) Die diesjährige Jahrestagung des Arbeitskreis Baufachpresse e.V. führte die Mitglieder des über 50 Jahre alten Berufsverbandes nach Stuttgart. Im Mittelpunkt der Fachtagung standen die zahlreichen Baustellen, die sich im Rahmen des Stadtum­baus von Stuttgart und des neuen Tiefbahnhofs ergaben.

Modell vom neuen Bahnhofsgelände mit dem Blick auf das Dach des neuen Tiefbahnhofs - aufgenommen im Turmforum im Hauptbahnhof Stuttgart (Bild vergrößern)

Stadtplanung und Stadterneuerung in und um Stuttgart

Dr.
Dr. Detlev Kron
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In seinem Einführungsvortrag berichtete Dr. Detlev Kron, Leiter des Stuttgarter Amtes für Stadtplanung und Stadterneuerung, über den Stand der Neuordnung des Verkehrsknotens Stutt­gart 21 im Rahmen der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm als Teil des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes „Magistrale für Europa“. Die Magistrale bildet als zentrale West-Ost-Achse ein Rückgrat des gesamteuropäischen Schienennetzes. Der Aus­bau der Magistrale gilt als wesentliche Voraussetzung für das ökonomische, politische und kulturelle Zusammenwachsen von West- und Osteuropa und versteht sich als ein Rückgrat des internationalen Fernverkehrs.

Der Neubau des unterirdischen Bahnhofes eröffnet der Stadt Stuttgart wiederum große städtebauliche Chancen. Während in vielen Städten nur in den umliegenden Vororten weiterer Wohn- und Lebensraum geschaffen werden kann, ermöglichen die frei werdenden Gleisflächen, dass Stuttgart im Zentrum wächst:

  • 100 Hektar Fläche stehen für die städtebauliche Entwicklung der Stuttgarter Innenstadt zur Verfügung.
  • 50 Hektar werden für Wohnen und Arbeiten genutzt.
  • Um 20 Hektar werden die Parkanlagen erweitert.
  • Zusätzlich sind 10 Hektar für den Bau von Grünanlagen, öffentlichen Plätzen und Straßengrün vorgesehen.
Große Gleisflächen werden durch den Tiefbahnhof frei. (Foto: Arnim Kilgus / Deutsche Bahn / Bahnprojekt Stuttgart-Ulm e.V.). Das zoombare Foto hat 2.500 x 1.668 Pixel - sofern Flash installiert ist!. Der Button ganz rechts in der Steuerungszeile aktiviert dann z.B. den "Full Screen View".

Über die nächsten zwei Jahrzehnte entwickeln sich neue Quartiere zum Leben, Arbei­ten und Wohnen. Es sollen rund 20.000 Arbeitsplätze und Wohnungen für 11.000 Men­schen entstehen. Auch die bislang durch den oberirdischen Gleisverlauf getrennten Stadtteile im Stuttgarter Norden und Osten können wieder zusammen wachsen.

Neben dem Bahnprojekt ergeben sich für Stuttgart zahlreiche weitere Herausforderun­gen der Standentwicklung. So ist das Entwicklungskonzept im Wesentlichen auf Nach­haltigkeit und Innenentwicklung ausgelegt und wird durch eine optimierte Flächen­kreislaufwirtschaft mit konsequenter Umsetzung des Nachhaltigen Bauflächenmanage­ments Stuttgart (NBS) geprägt.

Wesentlicher Bestandteil der Jahrestagung des Arbeitskreises sind Exkursionen der Mitglieder zu interessanten Bauprojekten.

Exkursion Fildertunnel

Eine Exkursion führte die Teilnehmer zum Fildertunnel. Auf einer Länge von 9,5 km verbindet der Fildertunnel den im Talkassel liegenden Hauptbahnhof Stuttgart mit der rund 155 m höher liegenden Filderebene. Der Fildertunnel schließt dabei unter der Ur­banstraße nahtlos an den neuen Hauptbahnhof an. Auf einer Länge von rund 250 m verläuft er zunächst gemeinsam mit dem Tunnel Obertürkheim in zwei je zweigleisigen Tunnelabschnitten, bevor er sich vom Tunnel Obertürkheim trennt, der unter dem Wa­genburgtunnel in zwei eigenständigen Röhren Richtung Obertürkheim abbiegt.

Baugrube Filderportal (Fildertunnel); Foto: Arnim Kilgus / Deutsche Bahn / Bahnprojekt Stuttgart-Ulm (Bild vergrößern)

Der Fildertunnel führt von hier auf kürzestem Weg auf die Fildern und unterquert dabei die Stadtteile Degerloch und Möhringen. Der Abschnitt endet südöstlich Fasanenhof, im Bereich der Autobahn-Anschlussstelle Degerloch, unmittelbar neben der A8. Auf seinem Weg steigt das Bauwerk von rund 230 m auf 385 m an. Im Durchschnitt wer­den dabei 16 Höhenmeter je Kilometer Länge überwunden. Die Überdeckung des Tun­nels liegt zu Beginn bei wenigen Metern und steigt auf bis zu rund 220 m an:

Der Fildertunnel ist am Übergang zum Hauptbahnhof mit bis zu 100 km/h befahrbar, in der unteren Hälfte mit 160 km/h und im oberen Abschnitt mit 250 km/h. Die beiden eingleisigen Röhren liegen weitgehend in einem Achsabstand von rund 30 m und sind alle 500 m durch Rettungsstollen miteinander verbunden.


Blick am Leitstand vorbei auf den Bohrkopf (Bild vergrößern)
  

Rund vier Kilometer des Tunnels führen durch unausgelaugten Gipskeuper. Gestützt auf Forschungen und langjährige Erfah­rungen mit diesem anspruchsvollen Baugrund wurde ein mehr­stufiges Sicherheitskonzept entwickelt.

Zur richtigen Zeit und am richtigen Ort hatten die Mitglieder des Arbeitskreis Baufachpresse die Möglichkeit den Tunnel zu besichtigen. Besonders spannend war die Besichtigung der Tunnelvortriebsmaschine Suse, da diese sich schon mit einer Länge von 120 Meter im Tunnel befand aber noch nicht in Be­trieb war. Die Herrenknecht-Tunnelbohrmaschine S-738 Multi-Mode-TBM kann von Schneckenförderung auf offenen Modus mit Förderbandaustrag umgebaut werden und hat einen Schild­durchmesser von 10,82 m mit einer Schneidradleistung von 4.200 kW.

Sicherheitsbelehrung vor der Baustellenbegehung (Bild vergrößern)

Unter fachkundiger Führung eines Bauleiters wurden nicht nur die technischen Details des Tunnelbauprozesses erläutert, sondern auch zahlreiche weitere technische As­pekte, wie die Baulogistik zur Entsorgung des Abbaumaterials und dem Bau der Tüb­binge beschrieben.

Exkursion Europaviertel

Eine weitere Exkursion wurde von Betonmarketing Deutschland organisiert und führte die Mitglieder des AK Baufachpresse durch das neu entstandene Europaviertel. Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs entsteht derzeit ein komplett neues Stadtviertel. Das Stadtentwicklungsprojekt gehört zu den bedeutendsten Innenstadt­entwicklungen Deutschlands. Einige Gebäudekomplexe wurden bereits realisiert. Mit der Entwicklung des Europaviertels rückt der Hauptbahnhof ins Zentrum der Innen­stadt. Ein großer Vorteil des neuen Cityquartiers sind die kurzen Wege in zentraler Lage. In einem Radius von 500 Metern liegen der Hauptbahnhof, die Einkaufsmeile Königstraße und die Grünanlagen des Schlossgartens.

Foto: Deutsche Bahn (Bild vergrößern)

Mit dem Bau der neuen Stadtbibliothek (Bild) wurde im Europaviertel ein neues kultu­relles Zentrum und architektonisches Highlight von Professor Eun Young Yi geschaf­fen. Mit dem Milaneo wurde ein neues Stadtquartier mit Einzelhandel, Gastronomie, Büros, Hotel und innerstädtischem Wohnen geschaffen. Es wurden drei eigenständige Gebäude gebaut, die durch je zwei Brücken im ersten Obergeschoss miteinander ver­bunden sind. Als Mittelpunkt des Europaviertels wird der Mailänder Platz mit Wasser­spielen und Laubbäumen eine urbane Aufenthaltsfläche bilden.

Exkursion Das Gerber

Die dritte Exkursion führte die Mitglieder das AK Baufachpresse in das Gerber-Viertel und der Besichtigung des Neubauprojektes „Das Gerber“, mitten in der Stadt Stutt­gart. Das Grundstück zwischen Paulinenbrücke, Tübinger Straße, Sophienstraße und Marienstraße wird mit einer Investitionssumme von 250 Mio. neu bebaut und derzeit fertig gestellt. An gut erschlossener Lage entsteht ein neues Quartier mit einem Ein­kaufszentrum, darüber angelegten Büros und Wohnungen. Das Gerber wird Stuttgarts erste Bebauung dieser Größe, die eine urbane Mischnutzung aufweist.

Das Projekt ist von städtebaulicher Bedeutung. Es verbindet in Stuttgart-Mitte die südliche Innenstadt mit der Einkaufsmeile Königstraße. Das städtebauliche und archi­tektonisch interessante Projekt mit Mischung von Einkaufen, Arbeiten, Wohnen und Parken wurde von Prof. Bernd Albers auf mehreren übereinander liegenden Ebenen entwickelt. So wird der Sockel über drei Geschosse vom Handel mit einer Mall geprägt. Auf diesem Sockel wurden kleinteilige Gebäude für Büros und Wohnungen um eine be­grünten Hof gruppiert.

Das Gebäude greift architektonische Motive der Stuttgarter Innenstadt auf und passt sich an die sehr spezielle und interessante Topografie des Baugebietes an. Durch das Gefälle wird der Handelssockel an der Marienstraße bis 12 Meter hoch und tritt gleich­zeitig an der Tübinger Straße mit einer Höhe von 18 Metern bis zur Traufe in Erschei­nung. So soll der „große Block“ als eine Versammlung verschiedener Häuser erlebbar werden.

Die Arbeiten laufen seit Anfang 2011. Das Einkaufszentrum öffnete Ende September seine Tore, die Büros und Wohnungen sollen bis Ende 2014 bezugsbereit sein. Infor­mationen zum Gebäude und seinem Bauablauf wurden Gassmann + Grossmann Bau­management GmbH bereitgestellt, die für Bauleitung und Baumanagement des Pro­jektes verantwortlich sind.

Fachveranstaltung

Im Rahmen einer Fachveranstaltung stellte Joachim Hörrmann, Hauptgeschäftsführer Holzbau Baden-Württemberg, das „Forum Holzbau“, das Fortbildungszentrum und die Geschäftsstelle für Holzbau Baden-Württemberg in Ostfildern vor. Das Forum Holzbau wurde von Glück + Partner geplant. Die Architekten planten ein zurückhaltendes, den­noch repräsentatives Gebäude das die Möglichkeiten eines zukunftsweisenden Holz­baus aufzeigt. Das Gebäude wurde in Holzelementbauweise geplant und zeigt auch in seinen Oberflächen die Vielfalt der Gestaltung mit dem nachhaltigen Werkstoff Holz.

Joachim Hörrmann: „In Baden-Württemberg wird derzeit jedes vierte Gebäude in Holz­bauweise erstellt. Der Holzbau findet seinen Weg zurück in die Stadt, nicht nur Auf­stockungen werden in Holzbauweise erstellt, sondern auch mehrgeschossige Gebäude. Eine Rolle spielen die geänderten Brandschutzanforderungen, so sind keine aufwändi­gen Verkapselungen mehr erforderlich.“ Der hohe Vorfertigungsgrad ermöglicht auch den zeit- und kostengünstigen Bau von Kindertagesstätten und Altenheimen. 

Nagelplattenprodukte

Auf ihrer Pressekonferenz stellte die Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte und der Interessenverband Nagel-plattenprodukte wirtschaftliche Konstruktionslösungen mit technisch getrocknetem Nadelholz vor.

Zur Erinnerung: Nagelplattenkonstruktionen werden bei Gewerbe-, Industrie-, Stall-, Wohn-, Zweck-, Schalungs- und Sonderbauvorhaben eingesetzt. Entsprechende Bin­derkonstruktionen bieten eine relativ hohe statische Belastbarkeit bei schlanken Holz­querschnitten und geringem Eigengewicht.


Foto aus dem Beitrag „GIN bewertet Holzschutznorm-Novelle hinsichtlich Nagelplattenprodukten positiv“ vom 28.11.2012.

Die Montage an jeweils vorausberechneten Anschlusspunkten sorgt dafür, dass Trag­werk, Verankerung und Aussteifung einen sicheren und auf Dauer hoch belastbaren Verbund bilden. Die witterungsunabhängige Vorproduktion trägt wiederum zur
  
Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte e.V. für Nagelplatten
 wirt­schaftlichen und rationellen Montagen auf der Baustelle bei. Es können klassische Tragkonstruktionen ausgeführt aber auch Son­derformen und Ingenieurholzbaukonstruktionen erstellt werden.

Die Kennzeichnung mit dem RAL-Gütezeichen zeigt den hohen Qualitätsanspruch für das Bauen mit Holz - siehe auch Baulinks-Beitrag „RAL Gütezeichen Nagelplattenprodukte mit erweitertem Geltungsbereich“ vom 23.6.2014

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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