Stuttgart 21: „Fortführung wirtschaftlicher als Abbruch“
(4.3.2018) Auch nach der Erhöhung des Finanzierungsrahmens für das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ auf 8,2 Mrd. Euro ist nach Aussage der Bundesregierung die Fortführung des Projekts vor dem Hintergrund des bereits erreichten Projektfortschritts wirtschaftlicher als ein Abbruch. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. In der Antwort heißt es, dass nach Aussage der Deutschen Bahn AG (DB AG) die Projekte „Stuttgart 21“ und „Neubaustrecke Wendlingen - Ulm“ von Projektbeginn an einer gesamthaften wirtschaftlichen Betrachtung unterzogen worden seien, da sich die Projekte gegenseitig bedingen würden. Dies gelte auch für das Szenario eines Projektabbruches. In diesem Fall würden Kosten in Höhe von mindestens 7,02 Mrd. Euro anfallen - schreibt die Regierung. Darin seien notwendige Ersatzinvestitionen für eine Ertüchtigung der Anlagen zur Sicherung des Weiterbetriebes nicht(!) berücksichtigt.
Bei einer Einzelbetrachtung von „Stuttgart 21“ würden die Kosten nach der
Abbruchkostenermittlung der DB AG 4,81 Mrd. Euro betragen, zuzüglich der
Ersatzinvestitionen in Höhe von 1,46 Milliarden Euro und zuzüglich der
Zusatzkosten für einen alternativen Anschluss der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm.
Zu den Ausstiegskosten seien des Weiteren die bisher eingesetzten Mittel
hinzuzurechnen. Aus Sicht der von der DB AG beauftragten Gutachter stellten
diese Angaben eine absolute Untergrenze dar, heißt es. Für eine genaue
Kostenermittlung der Ausstiegskosten für „Stuttgart 21“ müssten laut
Regierungsangaben zunächst entsprechende Planungen, beispielsweise für einen
qualifizierten Ausstieg und für einen alternativen Anschluss der
„Neubaustrecke Wendlingen-
Kein Kommentar zum Gegengutachten
Auf das von Projektgegnern in Auftrag gegebene Gutachten des Münchner Beratungsunternehmens Vieregg-Rössler GmbH, mit dem nach Angaben der Grünen die Ausstiegskosten deutlich geringer angesetzt werden als die Kosten für einen Weiterbau, geht die Bundesregierung in der Antwort nicht ein. „Die Bundesregierung nimmt nicht zu Gutachten Dritter Stellung“, heißt es in der Vorlage.
Chart aus dem Beitrag „Arbeitskreis Baufachpresse traf (nicht nur) auf Stuttgart 21“ vom 7.10.2014 (Chart vergrößern) |
Als Gründe für den Anstieg der Kostenprognose nennt die Regierung unter Bezugnahme auf Angaben der DB AG ...
- Baupreissteigerungen,
- deutlich aufwendigere Verfahren beim Tunnelbau im Anhydrit,
- die spätere Inbetriebnahme (vielleicht im Jahr 2025) sowie
- „umfangreiche Genehmigungsverfahren“.
Für das Projekt seien unterschiedliche behördliche Genehmigungen im Rahmen von Planfeststellungsverfahren wie auch in nachlaufenden eigenständigen Genehmigungsverfahren einzuholen. Im Zusammenhang mit Planfeststellungen seien umfangreiche Prüfungen und Stellungnahmen erforderlich. Technische Genehmigungen würden im Rahmen von eigenständigen technischen und sicherheitsbehördlichen Genehmigungsverfahren erteilt. Ebenso seien bodenschutzrechtliche und entsorgungsrechtliche Genehmigungen und Nachweise einzuholen. „Die vielfältigen Veränderungen der Normen und Vorschriften etwa bei Brandschutz, Entrauchung, Entfluchtung, Lärmschutz im Laufe der Planungszeit haben zudem zu erheblichen Umplanungen und Verzögerungen und somit auch zu Mehrkosten geführt“, heißt es in der Antwort.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- #StarkeSchiene: 86 Mrd. Euro über 10 Jahre verteilt für Erhalt und Modernisierung (19.1.2020)
- Brandschutz beim Projekt „Stuttgart 21“ (22.11.2018)
- Denkanstöße von Robin Wood zu Stuttgart 21 (22.4.2018)
- Bahnchef vorm Verkehrsausschuss: „Abbruch von ,Stuttgart 21‘ kostet 7 Mrd. Euro“ (18.4.2018)
- Gründe für den Anstieg der Kosten bei „Stuttgart 21“ (17.4.2018)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- DB-Rekordinvestitionen in Schienennetz, Bahnhöfe und 2.000 baurelevante Mitarbeiter (18.2.2018)
- „Stuttgart 21“ wird nach aktuellem Stand 7,6 Mrd. Euro kosten und im Dezember 2024 fertig (6.2.2018)
- Reformprogramm für bessere Kosten-, Termin- und Qualitätssicherheit bei Bundesbauten (18.4.2016)
- Anhörung im Verkehrsausschuss: Stuttgart 21 weiterhin umstritten (6.5.2015)
- Arbeitskreis Baufachpresse traf (nicht nur) auf Stuttgart 21 (7.10.2014)
- Podiumsdiskussion zur Frage „Kann Deutschland noch groß?“ (6.10.2014)
- Städtebauliche Großprojekte: mehr Kosten als Nutzen? (3.12.2012)
siehe zudem: