Brennt wie Stroh? Gesamtverband Dämmstoffindustrie widerspricht dem SPIEGEL
(19.4.2015; upgedatet am 20.4.2015) Unter der Überschrift „Brennt wie Stroh“ greift der SPIEGEL (Nr. 17 vom 18.4.2015, Seite 42) mal wieder das Thema Fassadendämmung auf und schürt bei seinen Lesern Ressentiments. Es wird ein Arbeitspapier der „Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz“ zitiert, in dem „Präventivmaßnahmen“ zum Thema „Bandschutz“ vorgeschlagen werden. Der SPIEGEL folgert auf Grundlage dieses Papiers und unscharfen Zahlenmaterials, dass von Fassadendämmsystemen eine große Brandgefahr ausgehe.
Der Gesamtverband Dämmstoffindustrie e.V. (GDI) widerspricht dem SPIEGEL: Richtig sei vielmehr, dass Brandfälle, bei denen in irgendeiner Weise Dämmsysteme eine Rolle spielen, in Deutschland extrem gering seien, obgleich in den vergangenen 20 Jahren etwa 1 Milliarde Quadratmeter Fassadenfläche gedämmt wurde. Die große Mehrzahl der jährlich rund 200.000 Wohnungsbrände in Deutschland wird durch Zündquellen im Inneren von Gebäuden, wie etwa elektrische Anlagen und Geräte, Öfen, Herde oder Kerzen verursacht - siehe dazu auch Baulinks-Beitrag „0,0038% Brandereignisse mit Dämmstoffen“ vom 9.3.2015.
Die im SPIEGEL wie auch von anderen Medien immer wieder aufgeführten Fälle von Bränden mit Beteiligung eines Fassadendämmsystems unter Verwendung des Dämmstoffes Styropor haben eines gemeinsam: Die Brandursache war nie im System selbst begründet. Der jeweilige Brandherd lag immer außerhalb der Fassade (Müllcontainer, Motorräder, Autos); zum Teil war auch vorsätzliche Brandstiftung die Ursache. Deswegen sei es falsch, daraus den allgemeinen Schluss zu ziehen, eine Fassadendämmung erhöhe die Brandgefahr - betont der GDI.
Außerdem habe die Dämmstoffindustrie längst Lösungen entwickelt, um schwerentflammbare Wärmedämmverbundsysteme mit Styropor auch für den Fall des Brandangriffs von außen brandschutztechnisch weiter zu verbessern. Dazu gehöre in erster Linie der Einsatz von geeigneten Brandriegeln, um eine Brandausbreitung selbst im halbfertigen, noch unverputzten Zustand zu begrenzen.
by the way: Der Gesamtverband Dämmstoffindustrie (GDI) hat ergänzend noch darauf hingewiesen, dass die Schaumindustrie Ende 2014 auf das vom Umweltbundesamt als unbedenklich eingestufte Brandschutzmittel Polymer-FR umgestellt habe.
Weiterhin muss die Aussage im SPIEGEL richtiggestellt werden, wonach im Rahmen der Branchenkampagne „Dämmen lohnt sich“ „Bund, Länder und Dämmstoffindustrie seit Jahren gemeinsam werben“ würden. Richtig ist vielmehr, dass ...
- die Kampagne erst am 2. Juni 2014 gestartet wurde und
- es sich um eine private Initiative von vier Wärmedämmverbundsystem-Herstellern handelt - nämlich von Baumit, Brillux, DAW und Sto. Laut eigenem Kenntnisstand sind weder Bund, Länder noch die gesamte Dämmstoffindustrie an der Kampagne beteiligt - siehe auch Baulinks-Beitrag „,Dämmen lohnt sich‘ - die neue Branchenkampagne startet am 2. Juni 2014“ vom 26.5.2014.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Wärmedämmung unschuldig: Neue Erkenntnisse zum Brand am Londoner Grenfell Tower (16.10.2018)
- Energieberater-Netzwerk und Frankfurter Feuerwehr gegen Aktionismus nach Brandfällen (8.1.2018)
- Ein Plädoyer für WDVS mit Polystyrol: „Keine Flammen durch WDVS“ (13.11.2017)
- Studie von VHV und IFB zum Thema Fassadendämmung und Brandschutz (8.8.2017)
- Vier Verbände veröffentlichen Praxismerkblatt zum Brandschutz bei WDVS mit EPS (9.2.2017)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- 0,0038% Brandereignisse mit Dämmstoffen - aber besorgniserregender Brandhemmer (9.3.2015)
- Studie zu WDVS-Recycling und -Verwertung: „Entsorgungsprobleme sind nicht zu erwarten.“ (30.1.2015)
- Vormauer-Dämmsystem (VMDS): Fassadendämmung à la Jasto (29.1.2015)
- Sto reagiert auf kritische Medienberichte zu WDVS mit Polystyrol-Dämmplatten (30.11.2014)
- In dritter, aktualisierter Auflage: „Die häufigsten Mängel bei Beschichtungen und WDVS“ (24.10.2014)
- WDVS kann langweilig (wie alle anderen Fassadensysteme auch) - muss aber nicht! (23.10.2014)
- Positionspapier: „Vorurteile gegen den Einsatz von Dämmstoffen sind unberechtigt“ (16.9.2014)
- BASF hat erste Styrodur-Anlage komplett auf neues Flammschutzmittel umgestellt (20.6.2014)
- PUR/PIR-Brandriegel zum Schutz von EPS-WDV-Systemen (20.6.2014)
- Erweitertes und aktualisiertes Expertenwissen zu WDVS und Brandschutz (19.5.2014)
- Neue FIW-Studie beschreibt Wärmedämmung als Baustein der Energiewende (24.2.2014)
siehe zudem:
Fassadendämmung und Dämmstoffe im Fassaden Magazin auf Baulinks