0,0038% Brandereignisse mit Dämmstoffen - aber „besonders besorgniserregender“ Brandhemmer
(9.3.2015; upgedatet am 20.4.2015) 57 Brände sind in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland laut einer Abfrage der Feuerwehr Frankfurt am Main im Zusammenhang mit Dämmstoffen aufgetreten. Dies entspreche rund sechs Brandereignissen pro Jahr, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (18/4129) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Diese seien in Relation zu 160.000 bis 200.000 Brandereignissen in Deutschland zu setzen, bei denen es zirka 400 Tote und 4.000 Verletzte gegeben habe.
Die Grünen hatten in ihrer Anfrage besonders Dämmstoffe aus Polystyrol (Styropor) im Blick, die wegen der Verwendung des Brandhemmers HBCD in die Kritik geraten sind. Die Bundesregierung verweist darauf, dass dort, wo Polystyrol (EPS und XPS) eingesetzt worden sei, auch HBCD zu finden sei. Nach der EU-Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen sei der Stoff mit drei Gefahrenhinweisen zu kennzeichnen, darunter dem Hinweis: „Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen“. Im Rahmen der europäischen REACH-Verordnung sei HBCD als „besonders besorgniserregender Stoff“ identifiziert worden, weil er sehr langlebig und giftig sei und sich zudem in Lebewesen anreichere.
Update: Heute sollten HBCD-haltige Dämmplatte nicht mehr produziert werden. Der Gesamtverband Dämmstoffindustrie (GDI) hat (die Baulinks-Redaktion) darauf hingewiesen, dass die Schaumindustrie Ende 2014 auf das vom Umweltbundesamt als unbedenklich eingestufte Brandschutzmittel Polymer-FR umgestellt habe.
Übrigens: Laut Bundesregierung kann davon ausgegangen werden, dass im Zeitraum von 1960 bis 2012 in Deutschland zirka 300 Millionen m³ an expandiertem Polystyrol-Hartschaumstoff EPS und von 1965 bis 2012 zirka 40 Millionen m³ XPS verbaut worden seien. Für EPS seien zirka 40 Kilotonnen HBCD verbraucht worden, für XPS zirka 20 Kilotonnen.
Sofern es wirtschaftlich und technisch tragfähig sei, solle HBCD gemäß der REACH-Verordnung schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder -technologien ersetzt werden, heißt es in der Antwort weiter. Die Dauer dieses Transferprozesses könne für verschiedene Unternehmen durchaus unterschiedlich sein, betont die Bundesregierung.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Wärmedämmung unschuldig: Neue Erkenntnisse zum Brand am Londoner Grenfell Tower (16.10.2018)
- Energieberater-Netzwerk und Frankfurter Feuerwehr gegen Aktionismus nach Brandfällen (8.1.2018)
- Ein Plädoyer für WDVS mit Polystyrol: „Keine Flammen durch WDVS“ (13.11.2017)
- Vier Verbände veröffentlichen Praxismerkblatt zum Brandschutz bei WDVS mit EPS (9.2.2017)
- Die Top 10 Dämmstoffmarken der Bauunternehmer - ermittelt von BauInfoConsult (15.1.2017)
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ausgewählte weitere Meldungen:
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- Positionspapier: „Vorurteile gegen den Einsatz von Dämmstoffen sind unberechtigt“ (16.9.2014)
- BASF hat erste Styrodur-Anlage komplett auf neues Flammschutzmittel umgestellt (20.6.2014)
- „Energieplus FR“: Holzfaser-Putzträgerplatte von Homatherm mit geprüftem Flammschutz (28.2.2014)
- Flammschutzmittel ohne Gift (5.11.2013)
- Stellungnahme des DIBt zu "brandgefährlichen Polystyrol-Fassaden" (12.12.2011)
siehe zudem:
- Dämmstoffe, WDVS und Brandschutz auf Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Wärmedämmung und Niedrigenergiehaus bei Baubuch / Amazon.de