Neue IVD-Studie: Wohnungsnot viel größer als gedacht
(20.3.2016) Um den Wohnraumbedarf, der sich u.a. auch aus der aktuellen Flüchtlingskrise ergibt, zeitnah zu decken, müssen bis 2020 jährlich gut 494.000 Wohnungen (1,2% des Bundesbestands 2013) gebaut werden - zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Uni Freiburg im Auftrag des IVD.
Die von Prof. Bernd Raffelhüschen erstellte Studie erfasst auch die Auswirkungen der Flüchtlingsströme auf die langfristige Wohnimmobiliennachfrage in Deutschland und stellt dem Basisszenario ein Flüchtlingsszenario zum Bevölkerungswachstum gegenüber. Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD dazu: „2015 sind über eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Auf lange Sicht geht das Statistische Bundesamt davon aus, dass weiterhin jährlich 200.000 Menschen nach Deutschland einwandern werden. Der Wohnflächenbedarf ist noch viel größer als angenommen, bis 2060 wird dieser nicht mehr unter das Niveau von 2016 fallen. Der forcierte Neubau ist das einzig wirksame Mittel, um dem Problem zunehmender Wohnraumknappheit zu begegnen“. Im Vergleich dazu sei die Zahl von rund 309.000 Wohnungsneugenehmigungen in Deutschland im vergangenender viel zu niedrig gewesen.
Bevölkerung wächst bis 2043
Nach der Studie beeinflusst die Zahl der Eingewanderten durch den Flüchtlingsstrom die Bevölkerungsgröße deutlich. Die größte Differenz der Bevölkerungsgröße im Flüchtlingsszenario werde 2037 mit rund 2 Mio. zusätzlichen Einwohnern über dem Basisszenario prognostiziert. In beiden Szenarien sinkt die Bevölkerung langfristig aber auch wieder:
- Im errechneten Flüchtlingsszenario sinkt die Bevölkerungszahl ab 2043,
- während sie im Basisszenario ohne Bevölkerungszunahme durch Flüchtlinge wohl 2032 zum ersten Mal unter den Wert von 2013 fallen wird.
Auch die Anzahl der Flüchtlinge, denen Asyl gewährt wurde, werde sich langfristig verringern. Dies liege an der Fertilität (Fruchtbarkeit). Flüchtlinge bekommen annahmegemäß 1,4 Kinder pro Frau. Damit bleiben sie, genau wie die einheimische Bevölkerung, unter dem Ersatzniveau und reproduzieren sich selbst ebenfalls nur zu zwei Dritteln. „Die Studie zeigt, dass auch über das Jahr 2020 hinaus die Bevölkerung wachsen wird und dementsprechend Wohnraumbedarf entstehen wird“, so Raffelhüschen.
Große regionale Unterschiede bei Verteilung der Flüchtlinge
Circa 422.000 der benötigten Wohnungen liegen in den alten, und gut 72.000 in den neuen Bundesländern. Das entspricht rund 1,3% des westdeutschen bzw. 0,85% des ostdeutschen Bestandes. Um allein den Bedarf an Wohnungen für die Flüchtlinge zu decken, müssen bundesweit jährlich 174.000 Wohnungen gebaut werden. Das sind rund 0,42% des Bundesbestandes. Davon fallen rund 149.000 Wohnungen West- und circa 25.000 Ostdeutschland zu.
Zuwanderung bremst Alterung, hält sie aber nicht auf
Da Zuwanderer üblicherweise im Schnitt jünger als die vorhandene Bevölkerung sind (die Auswanderer sind hingegen älter), wirkt sich die Entwicklung der Zuwanderung, außer auf die absolute Bevölkerungsgröße auch auf die Altersstruktur aus. Die Zuwanderung bremst die Alterung der Gesellschaft, kann diese aber nicht völlig aufhalten. Wird die Bevölkerung zu Beginn verjüngt, altert die Bevölkerung ab 2053 sogar durch die Flüchtlinge. „Letztlich kann man den Zustrom der Flüchtlinge mit der Generation der Baby-Boomer vergleichen. Diese relativ zur Fertilität kohortenstarke Generation, reproduziert sich selbst wenig und trägt somit verstärkt zur Alterung der Gesellschaft bei“, erläutert Prof. Raffelhüschen.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Meinung gegen den Strich: 2018 wurden viel zu viele(!) Wohnungen gebaut (4.7.2019)
- Koalitionspartner fahren Förderung des Mietwohnungsbaus gegen die Wand (5.7.2016)
- Kein neues Wohngemeinnützigkeitsrecht (13.6.2016)
- Bauindustrie fordert „Entrümpelung“ der Vorschriften zur Ankurbelung des Mietwohnungsbaus (6.6.2016)
- Energieeffizienz dominiert Bautrends 2016; Flüchtlinge nur Randnotiz (8.5.2016)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Studie „Wohnen 2045“ von Allianz und Prognos (20.3.2016)
- Wohnungsbau-Offensive vom Bundeskabinett abgesegnet (12.3.2016)
- Rolle des Bundes im Sozialwohnungsbau (21.2.2016)
- Sonder-AfA für den Mietwohnungsbau nimmt nächste Hürde (7.2.2016)
- Bauindustrie und Wohnungswirtschaft engagieren sich für serielles Bauen (31.1.2016)
- Studie: „Deutschland braucht bis 2020 zwei Millionen neue Wohnungen“ (21.9.2015)
- Deutsche Umwelthilfe kritisiert Studie „Kostentreiber für den Wohnungsbau“ (28.4.2015)
- DGfM stellt neue Studien vor und fordert 300.000 neue Wohneinheiten jährlich (15.2.2015)
- 31 Verbände fordern wegen „enormen Neubau-Defizits“ ein „Bündnis für Wohnen“ (28.3.2014)
siehe zudem:
- Baupolitik, Baufinanzierung, Immobilien und Baurecht auf Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Baufinanzierung, Baukosten, Baubeschreibung, Bauvertrag, Baurecht bei Baubuch / Amazon.de