Mannheimer Multihalle von Frei Otto in Venedig zur Biennale
(29.3.2018) Anlässlich der 16. Internationalen Architekturausstellung der Biennale von Venedig, die vom 26. Mai bis zum 25. November 2018 stattfindet, stellt das saai | Archiv für Architektur und Ingenieurbau am Karlsruher Institut für Technologie Frei Ottos Multihalle mit einer Ausstellung in den Kontext des diesjährigen Biennale-Themas „Freespace“.
„Sleeping Beauty“ knüpft an die Ausstellung „Frei Otto - Denken in Modellen“ an, die 2016 / 2017 im ZKM in Karlsruhe zu sehen war. Die Schau in Venedig konzentriert sich aber auf die immer wieder vom Abriss bedrohte Multihalle und ist damit die weltweit erste Ausstellung zu diesem faszinierenden Bauwerk - siehe auch Google-Maps:
360°-Blick in die Mannheimer Multihalle per Google-Street-View |
Projektinitiatoren und Kuratoren sind die Berliner Urbanistin und Kuratorin Sally Below und Georg Vrachliotis, Professor für Architekturtheorie und Leiter des saai, der auch die Frei Otto-Ausstellung als Kurator verantwortete. Beide beraten die Stadt Mannheim seit längerem bei der aktuellen Projektentwicklung zum Reset der Multihalle. Ausstellungsarchitekt ist Marc Frohn mit seinem Büro FAR frohn&rojas, ebenfalls Professor am KIT.
Die Ausstellung
Das Ausstellungskonzept eröffnet den Besuchern einen doppelten Blick auf die Multihalle: Zum einen wird anhand von Originalmaterial die experimentelle Entstehungsgeschichte des Bauwerks gezeigt. Zum anderen wird ein Blick in die Zukunft geworfen: Heute, nach einigen Jahren Leerstand und 40 Jahre nach dem Bau der ursprünglich als temporäres Bauwerk geplanten Multihalle, arbeitet die Stadt Mannheim zusammen mit einer engagierten Gruppe aus Kulturschaffenden, Architekten, Nachbarn, Bürgern, Ingenieuren und Universitäten an einem neuen und nachhaltigen Konzept für diese, um den langfristigen Erhalt sicherzustellen. Dieser offene und kollektiv gestaltete Prozess ist einmalig in Deutschland.
Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf diesen aktuellen Prozess nach einer Phase des Stillstands. Dabei geht es um die Einbettung der Multihalle in die soziale Topographie der Stadt, die Reformulierung des bisher überwiegend technisch geprägten Diskurses und die Erarbeitung einer neuen Lesart als Plattform für eine „offene Gesellschaft“, wie sie Frei Otto schon während ihrer Entstehung andachte. Die Multihalle hat sich vom Bau-Objekt zum Diskurs-Objekt entwickelt.
Die Multihalle in Mannheim
Die von Frei Otto und Carlfried Mutschler für die Bundesgartenschau 1975 in Mannheim gebaute Mehrzweckhalle gilt weltweit als die größte Holzgitterschalenkonstruktion. Mit ihrer experimentellen Entstehungsgeschichte, ihren offenen Raumqualitäten und ihrer Einbettung in die urbane Topographie von Stadt und Landschaft verkörpert die Multihalle einen „offenen Raum“ für eine „offene Gesellschaft“.
Frei Ottos Hinwendung zum Experiment basierte nicht auf einer Systematisierung von Architektur im engen Sinne der Naturwissenschaften, sondern auf der künstlerischen Interpretation. Das unermüdliche Experimentieren am Modell diente der Erforschung von räumlichen Qualitäten und Wirkungsweisen. Frei Otto legte damit die Grundlage für eine bis heute relevante Experimentalkultur zwischen wissenschaftlicher Beobachtung und künstlerischem Geschick - eine Form der handwerklich-intellektuellen Selbstjustierung, in der das Entwerfen sowohl individuelle Erkenntnisproduktion als auch Ausgangspunkt für einen kollektiven Diskurs über die Zukunft der Architektur bedeuten kann. Die Multihalle verkörpert diese Haltung wie kein zweites Gebäude des 20. Jahrhunderts.
Daten und Fakten zur Ausstellung
- Ausstellungsort:
Gondolieri Bauer Servizi, Giudecca 211, 30133 Venedig
Vaporetto-Station Redentore, Linien 2, 4.1, 4.2, von Giardini/Arsenale 15 Minuten - Ausstellungszeitraum:
Preview: 24. Mai und 25. Mai 2018
Ausstellung: 26. Mai bis 29. Juli 2018
geöffnet Dienstag bis Sonntag von 14.00 bis 19.00 Uhr
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Mannheimer Multihalle (siehe auch Wikipedia)
- saai | Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau
- Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
- Frei Otto Atelier Warmbronn
- La Biennale di Venezia
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siehe zudem: