Flying Cube: Architektur, die zu schweben scheint
(8.12.2025) Die Gemeinde Kuppenheim, rund zehn Kilometer nördlich von Baden-Baden gelegen, zeichnet sich durch ihre Lage am Nordrand des Schwarzwaldes aus. Inmitten einer gewachsenen Siedlung mit Gebäuden verschiedener Baujahre wurde 2024 ein Einfamilienhaus mit moderner Schieferfassade fertiggestellt, geplant vom Karlsruher Büro Architectoo unter der Leitung von Andreas Schoch.
Der aufgrund der Hanglage zwei- bis dreigeschossig ausgebildete Baukörper mit auskragendem Obergeschoss – der „Flying Cube” – zeigt eine klare Formensprache und setzt auf die Kombination aus Schiefer, großflächigen Verglasungen und Holz. Nach Süden und Westen öffnen bodentiefe Fenster und eine rückversetzte Loggia den Blick über Garten und Rheinebene, während auf der Nordseite Fernsichten bis in die Pfalz und die Vogesen möglich sind.
Geänderte Planung
Ursprünglich war vorgesehen, das vorhandene Wohnhaus aus den 1950er-Jahren zu modernisieren. Aufgrund der absehbaren Einschränkungen hinsichtlich Raumqualität, Tragwerk und Energieeffizienz entschieden sich die Bauherren Julius und Helen Ohlenbusch jedoch für einen Neubau. Architekt Andreas Schoch erläutert: „Durch den Abriss konnten wir die Grundstückssituation optimal nutzen und einen modernen Neubau entwickeln, der Nachhaltigkeit, großzügige Raumwirkung und weite Panorama-Aussichten optimal vereint.”
Der Neubau umfasst 256 m² Wohnfläche auf drei Ebenen. Das Untergeschoss wurde in Stahlbeton ausgeführt und beherbergt eine Einliegerwohnung sowie einen Sichtbeton-Pool. Erd- und Obergeschoss entstanden als Holzständerkonstruktion mit Brettsperrholzdecken. Zimmermeister Joachim Westermann, verantwortlich für Holzbau, Dach und Fassade, betont: „Die Holzelemente wurden dabei sämtlich passgenau vorgefertigt, sodass die Montage innerhalb weniger Tage abgeschlossen war.” Ergänzt wird das Gebäude durch eine vorgelagerte Garage mit dunkler Holzfassade und extensivem Gründach.
Vorgehängte hinterlüftete Fassade mit Schiefer
Nach Abschluss der Holzbauarbeiten erfolgte die Herstellung der Fassadenhülle. Die Entscheidung für Schiefer fiel nach der Besichtigung mehrerer Referenzen. Joachim Westermann: „Dabei wurde schnell deutlich, dass das Material eine nachhaltige und optisch überzeugende Alternative für Fassadengestaltungen mit klaren, linearen Strukturen bietet und dabei deutlich pflegeleichter als Ausführungen mit Putz oder mit Holz ist.”
Gemeinsam entschied man sich für eine Dynamische Deckung mit Schiefersteinen von Rathscheck Schiefer. Jede Platte ist ein Natursteinunikat mit variierenden Strukturen. Die Dynamische Deckung ermöglicht ein modernes Fassadenbild, das traditionelle Handwerk mit zeitgenössischem Design verbindet. Architekt Andreas Schoch: „Die reizvolle Optik wird dabei durch die unregelmäßige Folge verschieden hoher Gebindereihen erzielt.” Zudem wurde ein Raster aus senkrechten Stoßfugen bewusst vermieden, um einen wilden Verband zu erzeugen. „Ganz entscheidend für die Optik der Fassade ist dabei auch der leichte Schattenwurf, der durch die übereinander liegenden Schiefersteine entsteht.”
Umsetzung der Fassade
Die 245 m² große Außenwand erhielt zunächst eine durchgehende Holzfaserdämmung (60 mm), gefolgt von einer hinterlüfteten Unterkonstruktion. Joachim Westermann: „Die zweischalige Konstruktion mit Konterlattung und aufliegender Schalung ermöglicht einen optimierten Wärmeschutz im Winter wie im Sommer und sorgt mit einer 4 cm breiten Belüftungsebene für eine bauphysikalisch sichere Konstruktion.”
Verlegt wurden unterschiedlich hohe und breite Rechtecksteine mit 4 cm Höhenüberdeckung, befestigt mit mindestens zwei Schiefernägeln pro Stein. Insgesamt kamen 2.700 Schieferplatten zum Einsatz. Die entstehenden Fugen wurden mit Aluminiumstreifen hinterlegt, um Wassereintritt zu verhindern. Eckausbildungen wurden ohne Aluminiumprofile umgesetzt; Leibungen und Untersichten bestehen aus HPL-Platten. Nahezu unsichtbar integrierte Markisen ergänzen die Fassade funktional.
Eine wesentliche Grundlage war die CAD-gestützte Vorplanung. Joachim Westermann betont: „Auf Basis des damit erstellten Verlegeplans konnten wir sicherstellen, dass jede einzelne Platte sitzt und sämtliche Fugen stimmen.” Entscheidende Kriterien waren horizontale Ausrichtung, gleichmäßige Fugen und sauber abgestimmte Anschlüsse an Fenster- und Türflächen. Die Planung führte zu einem ruhigen, technisch präzisen Deckbild.
Das nachhaltige Gebäudekonzept wird durch eine dachintegrierte Photovoltaikanlage mit 16 kWp ergänzt. In Verbindung mit Batteriespeicher deckt sie zwischen März und Oktober den gesamten Energiebedarf des Haushalts und ermöglicht eine weitgehende Energieautarkie.
Bautafel
- Objekt: Einfamilienhaus „Flying Cube”
- Bauherr: Julius und Helen Ohlenbusch
- Planung: Architectoo, Andreas Schoch, Karlsruhe
- Holzbau/Dach/Fassade: Westermann GmbH Holzbau, Kuppenheim
- Schiefer: Rathscheck Schiefer, InterSIN, Dynamische Deckung
siehe auch für zusätzliche Informationen:
ausgewählte weitere Meldung:
- Rathscheck liefert Schiefersteine für die Dachsanierung der Basilika Mondsee (18.11.2025)
- Rathscheck Schiefer geht mit neuem Schiefer-Konfigurator für Fassade und Dach online (6.2.2023)
- Ziegen brauchen keine beschlagenen Hufe ... aber vielleicht ein Schieferkleid (29.4.2022)
siehe zudem:
- vorgehängte hinterlüfteten Fassaden im Fassaden-Magazin bei Baulinks
- Literatur / Bücher über Fassaden bei Baubuch / Amazon.de


