Wie ein Bühnenvorhang: Textilfassade für die Musikschule Erftstadt
(21.10.2014) Die Musikschule Erftstadt, in der jährlich über 700 Musikschüler unterrichtet werden, war bisher in einem alten Gebäude untergebracht, das zuletzt von den Ressourcen her an seine Grenzen stieß und zudem einer grundlegenden Sanierung bedurft hätte. Nachdem aber ein Investor gefunden war, der eine Stiftung für die Musikschule ins Leben gerufen hatte, konnte man über einen Neubau nachdenken. (siehe auch Google-Maps)
Neben dem Anspruch, die komplette Musikschule in einem Gebäude unterzubringen, sollte mit einem Konzertsaal für bis zu 250 Besucher ein neues, musikalisches Kulturzentrum entstehen. Eine weitere Vorgabe bestand darin, den Betrieb von Musikschule und Konzertsaal sowohl miteinander als auch getrennt voneinander zu ermöglichen, ohne dass sich die jeweilige Akustik und Besucherströme stören.
Hierzu wurden zwei L-förmig angeordnete, kubische Baukörper geschaffen, die über einem Glasbau miteinander verbunden sind und erschlossen werden. Innerhalb des zweigeschossigen Hauptgebäudes mit einer Grundfläche von 300 m² pro Geschoss ist im 1. Stock der Konzertsaal mit einer Empore untergebracht. Der zweite Baukörper - die eigentliche Musikschule - erstreckt über drei Geschosse mit jeweils 280 m² Fläche. Das EG, in dem sich die Musiksäle für die „lauten Instrumente“ befinden, ist dabei um ein Halbgeschoss in den Untergrund versetzt.
„Vorhangfassade“ visualisiert das künstlerische Schaffen im Gebäudeinneren
Da im Umfeld des Gebäudes keine besonderen architektonischen Highlights zu berücksichtigen waren, konnte eine freie Bebauung umgesetzt werden. Leitgedanke für den Entwurf war, die Musikschule eher als konventionelles Gebäude mit einer in der Region weit verbreiteten Klinkerfassade zu bauen, jedoch mit einer großen Glasfassade als Entree an der Südseite aufzuwerten. Zusätzlich sollte das künstlerische Schaffen im Konzertsaal-Gebäude über einen besonderen Fassadenentwurf inszeniert und nach außen transportiert werden.
Hierbei gingen die Entwürfe sehr schnell in eine Richtung mit freien Formen, welche jedoch durch die Vorgabe des Akustikers - den Konzertsaal für eine ausgewogene Raumakustik als Kubus auszubilden - sehr eingeschränkt wurde. Vor diesem Hintergrund wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Typico eine geschwungene, dreidimensionale Textilfassade entwickelt.
Die Textilfassade wurde bewusst als homogene Fläche ohne Fensteröffnungen gestaltet, so dass tagsüber das Gebäude wie durch einem Bühnenvorhang verhüllt wirkt. In der Abendansicht tritt dagegen die Lichtinszenierung rund um den Konzertsaal durch das Textilgewebe nach außen und transportiert aufmerksamkeitsstark das jeweilige Konzertereignis.
Zugleich dient die Textilfassade der Verschattung und Entblendung bei direkter Einstrahlung von Sonnenlicht, so dass keine zusätzlichen Verschattungselemente installiert werden mussten. Andererseits ermöglicht die vergleichsweise hohe Transparenz der verwendeten Membran Stamisol FT von Serge Ferrari den visuellen Kontakt von innen nach außen.
Zur Befestigung und Ausformung der Textilfassade wurden zwei parallele, geschwungene Kränze im Abstand von 9 Metern auf Boden- bzw. Deckenhöhe des Obergeschoss an unterschiedlich langen Kragarmen angebracht. Die sich so ergebenden Schwünge dieser Kränze sind gegenläufig.
Zur weiteren Steigerung der optischen Wirkung wurde hinter der Textilfassade die Wärmedämmung mit der Fassadenmembran Stamisol Color in einem sehr kräftigen Grünton überspannt: Während tagsüber sich das Anthrazit der Textilfassade in den Vordergrund stellt und die farbige Fassadenmembran nur changierend durch das netzartige Material durchscheint, tritt es in der nächtlichen Beleuchtungssituation umso stärker als Farbakzent hervor. Zudem kommt es durch das farbliche Zusammenspiel von farbiger Fassadenmembran und Textilfassade zu einer bemerkenswerten räumlichen Tiefenwirkung.
Bautafel:
- Bauherr: Klaus Geske Musik- und Kulturstiftung, (Musikschule Erftstadt)
- Architekten: Graf und Kellner Architekten
- Fassadenbau: Typico GmbH & Co. KG
Weitere Informationen zu Textilfassaden können per E-Mail an Serge Ferrari angefordert werden.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
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siehe zudem:
- Textilfassade, Leichtbau und Fassadenbekleidung im Fassaden Magazin auf Baulinks
- Literatur / Bücher zum Fassadenbekleidung bei Baubuch / Amazon.de