Schlichterspruch im Bauhauptgewerbe: lange Laufzeit und viel Geld

(12.5.2018) Die Tarifverhandlungen für die rund 800.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe sind in der Nacht zum 12. Mai nach 19 Stunden zu einem Ende gekommen. Der Schlichterspruch sieht nun folgendes vor:
- Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 26 Monaten.
- Die Löhne und Gehälter im Westen werden ab dem 1. Mai 2018 um 5,7% erhöht.
- Die Beschäftigten im Tarifgebiet West erhalten drei
Einmalzahlungen - und zwar...
- zum 1. November 2018 in Höhe von 250 Euro,
- zum 1. Juni 2019 in Höhe von 600 Euro und
- zum 1. November 2019 noch einmal 250 Euro.
- Die Angleichung der Löhne und Gehälter im Tarifgebiet Ost
wird in zwei Schritten erfolgen ...
- zum 1. Mai 2018 um 6,6 % und
- zum 1. Juni 2019 um 0,8%.
- Darüber hinaus erhalten die Beschäftigten im Tarifgebiet Ost zum 1. Nov. 2019 eine Einmalzahlung von 250 Euro.
- Das 13. Monatseinkommen wird in den Tarifbereichen,
die seit 2005 dem Tarifvertrag über ein 13. Monatseinkommen unterfallen,
im Jahr 2020 um 10 Gesamttarifstundenlöhne (GTL), in 2021 um 20 GTL, in
2022 und um 30 GTL erhöht.
In den übrigen Tarifgebieten wird ein 13. Monatseinkommen in folgender Höhe eingeführt: 2020 18 GTL, 2021 36 GTL und 2022 54 GTL. Hier kann das 13. Monatseinkommen 2021 auf max. 390 Euro abgesenkt werden und 2022 auf max. 500 Euro. - Die Ausbildungsvergütungen werden in den ersten
drei Lehrjahren im Westen um 65 Euro und im Osten im 60 Euro angehoben.
Zudem bekommen die Auszubildenden nun bundesweit ein 13.
Monatseinkommen.
Im Hinblick auf die Erstattung von Unterbringungs- und Fahrtkosten der Auszubildenden beim Besuch von Landes- bzw. Bundesklassen der Berufsschulen wurde ein Pauschalbetrag von 60 Euro pro Monat vereinbart. Ziel ist es, mittelfristig eine Erstattung der Kosten über die Berufsbildungsumlage der Branche zu finanzieren. - Es soll eine Expertenkommission eingerichtet werden, die insgesamt über eine Modernisierung des BRTV (Bundesrahmentarifvertrags) diskutieren soll, mit dem Ziel Änderungsbedarf zu ermitteln.
Die Tarifvertragsparteien haben nun 14 Tage Zeit, dem Tarifvorschlag zuzustimmen.
Statement von Uwe Nostitz, ZDB-Vorstandsmitglied und Verhandlungsführer Arbeitgeber
„Es waren harte und zähe Verhandlungen, die immer mal am Rande des Scheiterns waren. Das hat sich durch alle Verhandlungsrunden inkl. Schlichtung gezogen. Mit den 5,7% haben wir die absolute Obergrenze dessen erreicht, was unsere Unternehmen zu leisten vermögen. Auf der anderen Seite bietet die lange Laufzeit von 26 Monaten den Unternehmen Planungssicherheit, was unsere Zustimmung wiederum leichter gemacht hat.
Wir waren uns bewusst, dass die Beschäftigten hohe Erwartungen an diese Tarifrunde hatten, denen wir mit einer guten prozentualen Lohnerhöhung, mit Einmalzahlungen sowie dem 13. Monatseinkommen nachgekommen sind.
Gleichzeitig haben wir im Hinblick auf die Annäherung der Ost- an die Westlöhne sowohl in Bezug auf die Lohntabelle wie auch auf die Einführung eines 13. Monatseinkommens einen großen Schritt gemacht.“
Statement von Robert Feiger, IG Bau-Bundesvorsitzender
„Es war ein zähes Ringen. Mehrmals standen die Verhandlungen Spitz auf Knopf. Deutschland verzeichnet ein starkes Wirtschaftswachstum, und die Baubranche nimmt dabei einen Spitzenplatz ein. Entsprechend hoch waren die Erwartungen der Baubeschäftigten an diese Lohnrunde. Jetzt haben wir einen Durchbruch erzielt, wonach ein Facharbeiter ab sofort 1,11 Euro mehr die Stunde bekommt. Pro Monat bedeutet das ein Plus von rund 200 Euro. Das ist bundesweit der höchste Abschluss in diesem Jahr.“
Statement von Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes Schleswig Holstein
„Der Schlichterspruch ist gegen die Bedenken unserer Arbeitgeberseite ausgesprochen worden. Die Ergebnisse sind für Schleswig-Holstein mit seinen überwiegend kleinen und mittleren Betrieben höchst bedenklich.“ Der Baugewerbeverbandes Schleswig Holstein sieht ernsthafte Probleme für die Handwerksbetriebe. Die Auftraggeber werden mit einer spürbaren Erhöhung der Baupreise rechnen müssen - siehe auch Bauletter vom 12.5.2018.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Hauptverband der Deutschen Bauindustrie
- Zentralverband Deutsches Baugewerbe
- Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt
- Bautarifverhandlungen erneut verschoben (21.4.2020)
- Zustimmung der Arbeitgeber zu Bau-Mindestlöhnen (19.1.2020)
- IG BAU nimmt Schlichterspruch zu Bau-Mindestlöhnen an (9.1.2020)
- Schiedsspruch für 2020 im Bau-Mindestlohnkonflikt (19.12.2019)
- Vier Gründe für Baukostensteigerungen - aus Sicht des Bauindustrieverbandes NRW (25.2.2019)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Kostensteigerungen von 10% durch Tarifabschluss!? (Bauletter vom 12.5.2018)
- 6% mehr Geld für 12 Monate versus 4,2% plus Einmalzahlung von 400 Euro für 22 Monate (Bauletter vom 7.5.2018)
- Ausbildungs- und Fachkräftereport: Bau-Ausbildungsmarkt profitiert von Flüchtlingen (3.5.2018)
- Arbeitskosten pro Stunde zwischen 4,90 und 42,50 Euro (Bauletter vom 11.4.2018)
- Baugewerbe: „Tarifforderungen größte Gefahr für die gute Lage der Bauwirtschaft“ (4.2.2018)
- Verhandlungsergebnis zum Mindestlohn im Bauhauptgewerbe bestätigt (5.11.2017)
- Bau- und Ausbauverbände wollen ihre Tarifpolitik besser koordinieren (24.10.2017)
- Einigung im Bautarifstreit: +4,6% im Westen und +5,3% im Osten bei 22-monatiger Laufzeit (18.5.2016)
siehe zudem:
- Bautarife, Bauunternehmen und Verbände bei Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Bauwirtschaft, Immobilien sowie Architekt und Wirtschaft bei Amazon