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UN-Weltwasserbericht 2019: Große Ungleichheiten beim Zugang zu Wasser

(22.3.2019; Weltwassertag) Über 2 Mrd. Menschen leben ohne sicheres Trinkwasser, 844 Mio. müssen mindestens eine halbe Stunde täglich für die Wasserbeschaffung aufwenden oder sie haben gar keinen Zugang. 4,3 Mrd. Menschen können keine sicheren Sanitäranlagen nutzen. Davon besonders betroffen sind ohnehin diskriminierte Gruppen - das zeigt der diesjährige Weltwasserbericht mit dem Titel „Niemanden zurücklassen“, den die UNESCO im Auftrag der Vereinten Nationen erstellt hat.

Aber selbst in Europa und in Nordamerika sollen den aktuellsten Daten zufolge 57 Mio. Menschen keine Wasserleitungen in ihren Häusern haben. Auch der Zugang zu grundlegenden Sanitäranlagen bleibe 36 Mio. Menschen in Europa und Nordamerika verwehrt.

„Die Situation hier in Deutschland ist sehr gut: Fast 100 Prozent aller Haushalte sind an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen und haben Zugang zu sicheren sanitären Anlagen. Unser Trinkwasser erfüllt laut Umweltbundesamt nahezu alle Qualitätsanforderungen“, betont Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der deutschen UNESCO-Kommission. „Allerdings gibt es Handlungsbedarf bei den Gewässern, denn nur sieben Prozent der deutschen Flüsse und Bäche sind in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand. Deshalb brauchen wir unter anderem eine neue Landwirtschaftspolitik“, so Frau Burchardt weiter. Zumal die Autoren des Berichts auch deutlich machen, dass Umweltschäden und mangelnde Wasserressourcen bis zum Jahr 2050 voraussichtlich ...

  • 45% des globalen Bruttoinlandsprodukts und
  • 40% der weltweiten Getreideproduktion bedrohen.

Erneuerbare Wasserressourcen unter Druck

Über zwei Mrd. Menschen weltweit leben in Staaten mit hohem Wasserstress. In diesen Staaten werden mehr als ein Viertel der erneuerbaren Wasserressourcen genutzt. Jüngste Schätzungen zeigen, dass über 50 Staaten von Wasserstress betroffen sind: 31 Länder nutzen zwischen 25% und 70% der erneuerbaren Wasserressourcen wie etwa Mexiko oder China, weitere 22 Länder mehr als 70%. Dazu zählen beispielsweise Ägypten oder Pakistan.

Zum Vergleich: In Deutschland werden laut deutscher UNESCO-Kommission seit 15 Jahren weniger als 20% der erneuerbaren Wasserressourcen genutzt. Gleichwohl ist Deutschland ein Mitverursacher der großen Probleme in anderen Weltregionen - nämlich durch den Import etwa von Baumwolle oder Rindfleisch, deren Herstellung teils gewaltige Wasserressourcen benötigt - siehe dazu u.a. auch den Beitrag „Globale Wasserkrise, denn z.B. 2.500 Liter Wasser stecken in einem Fast-Food-Burger“ vom 22.3.2014.

Erhebliche Unterschiede zwischen und innerhalb von Ländern weltweit

Die Hälfte der Menschen weltweit mit unzureichendem Zugang zu sicherem Trinkwasser lebt in Afrika. Lediglich 24% der Bevölkerung Subsahara-Afrikas haben Zugang zu sicherem Trinkwasser. Nur 28% nutzen sanitäre Einrichtungen, die sie nicht mit anderen Haushalten teilen müssen.

Doch nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb von Ländern stellen die Autoren des Weltwasserberichts große Unterschiede fest - zwischen Arm und Reich, zwischen Stadt und Land. Slum-Bewohner zahlen häufig zehn bis zwanzig Mal so viel für Wasser wie Bewohner von wohlhabenden Vierteln und erhalten dafür Wasser von oft schlechterer Qualität.

Dabei sind Stadtbewohner meist bessergestellt als Bewohner ländlicher Regionen: Im Jahr 2015 hatten nur zwei von fünf Personen in ländlichen Regionen Zugang zu fließendem Wasser, hingegen vier von fünf Personen in urbanen Räumen. In Städten waren 63% der Haushalte an ein Abwassersystem angeschlossen, in ländlichen Gebieten dagegen nur 9%.

Benachteiligte am stärksten betroffen

Menschen, die aufgrund ihres Geschlechts, Alters, sozioökonomischen Status, ethnischen, religiösen oder sprachlichen Identität ohnehin benachteiligt oder diskriminiert werden, haben seltener Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen als andere.

Im Jahr 2010 verfügten beispielsweise 40% der First Nation-Gemeinschaften in Kanada über lediglich minderwertiges Trinkwasser. Bei indigenen Völkern in Kanada wurde daher eine überproportional hohe Anzahl der jährlich 90.000 Erkrankungen festgestellt, die in Verbindung mit kontaminiertem Trinkwasser stehen.

Für Geflüchtete und Binnenvertriebene bestehen häufig hohe Hindernisse beim Zugang zu Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. In Kolumbien etwa, wo zwischen Mai und Juni 2018 mehr als 440.000 Menschen aus dem benachbarten Venezuela ankamen, fehlt in den Grenzstädten eine ausreichende sanitäre Infrastruktur.

Auch in dauerhaften Flüchtlingslagern ist die Wasserversorgung häufig besorgniserregend. In jordanischen Lagern nahe der syrischen Grenze stehen beispielsweise etwa 35 Liter Wasser pro Tag zur Verfügung, entgegen dem von der jordanischen Regierung für Bürger in Städten außerhalb von Amman festgelegten Ziel von 100 Litern pro Tag.

Doch auch der entgegengesetzte Fall kann eintreten, wenn humanitäre Hilfe Geflüchteten mehr Wasser als der lokalen Bevölkerung zur Verfügung stellt. Im südsudanesischen Maban etwa erhalten Flüchtlinge täglich 20 Liter Wasser. Anwohner hingegen gewinnen ihr Wasser per Hand aus einem Brunnen und kommen nur auf knapp 15 Liter Wasser pro Person und Tag. Spannungen sind häufig die Folge.

Empfehlungen

Um Ungleichheiten wirksam zu bekämpfen, empfehlen die Autoren des UN-Was­ser­be­richts mehr Mut zu unkonventionellen Lösungen. Oft seien die besten Lösungen einfach zu teuer, so dass vielmehr auf die geeignetsten Lösungen gesetzt werden sollte. Sie empfehlen angesichts voraussichtlich gleichbleibender Investitionen mehr Systemeffizienz. Auch transparente und zielgerichtete Subventionen - gerade Quersubventionierung von benachteiligten Gruppen - bleibe ein wesentlicher Teil der Lösung. Mehr Flexibilität in den Gebührenstrukturen könne den Autoren zufolge zudem das Leistungsniveau für die verschiedenen und vor allem für marginalisierte Zielgruppen verbessern. Leitbild für die Umsetzung der Empfehlungen sollen eine „Good Governance“ (verantwortliche staatliche Steuerung) und menschenrechtsbasierte Ansätze sein, um hierarchische Machtstrukturen zu überwinden und Rechenschaftspflicht, Transparenz, Legitimität, Bürgerbeteiligung, Gerechtigkeit und Effizienz zu steigern.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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