Dissertation: Lohnen sich Bau oder Modernisierung von Gebäuden gemäß Anforderungen von Zertifikaten?
Dr. Tobias Dippold
(19.1.2014) Mit rund 40 Prozent des globalen Energiekonsums und 30 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen ist der Immobiliensektor einer der größten Energieverbraucher und Emittenten von CO₂. Die energetische Errichtung und Sanierung von Gebäuden verspricht daher ein großes Potenzial für eine Reduktion der weltweiten CO₂-Emissionen. Die Verbreitung von Gebäuden, welche den energetischen Anforderungen von Nachhaltigkeitszertifikaten wie LEED oder Energy Star gerecht werden, variiert stark zwischen verschiedenen geographischen Regionen der USA. Die Erzielung eines besseren Verständnisses, welche Anreize für diese Unterschiede verantwortlich sind, erscheint essentiell, um die Verbreitung von Nachhaltigkeitsstandards im Immobiliensektor weiter voranzutreiben.
Mit dieser Frage befasste sich Dr. Tobias Dippold in seiner Dissertation zum Thema „Sustainability in Commercial Real Estate Markets - Incentives to Opt for a Green Building Certificate“, welche er - betreut von den Professoren Dr. Nico B. Rottke und Jan Mutl - an der EBS Business School abgeschlossen hat.
Im Rahmen der Arbeit untersuchte Dr. Dippold die Interessen von Gebäudeeigentümern, Immobilien gemäß den Anforderungen von Nachhaltigkeitszertifikaten zu errichten oder zu modernisieren. Die Grundlage der Untersuchung bildet ein Datensatz von 10.624 Büroimmobilien, der für einen Zeitraum von zehn Jahren für 211 US-Bezirke erhoben wurde.
Lokale Faktoren, politische Einstellung, Einfluss von Energiekosten
Im Rahmen der Arbeit wurden zunächst lokale Faktoren untersucht, welche die Entscheidung für ein Nachhaltigkeitszertifikat und damit für eine nachhaltige und energieeffiziente Immobilie beeinflussen. Neben wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wurden dabei auch gesellschaftliche Faktoren, insbesondere die ökologische Einstellung der lokalen Gesellschaft berücksichtigt. Aufbauend auf den Ergebnissen erfolgte eine Analyse des Einflusses der politischen Einstellung der lokalen Bevölkerung für einzelne Zeiträume und für Regionen mit unterschiedlichem Einkommensniveau. In einer weiteren Untersuchung wurde zudem der Einfluss von Energiekosten auf die Zertifizierungsentscheidung näher betrachtet.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Entscheidung für eine Nachhaltigkeitszertifizierung nicht nur auf wirtschaftliche Rahmenbedingungen zurückzuführen ist. Auch die ökologische Einstellung der lokalen Bevölkerung kann einen signifikanten Einfluss ausüben. Die Verbreitung nachhaltiger und energieeffizienter Immobilien ist gerade in den Jahren seit 2005 in Gegenden mit einer starken demokratischen politischen Einstellung angestiegen. Ein steigendes Einkommen wirkte sich dabei positiv auf die Zertifizierungsentscheidung aus. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass auch Energiekosten die Zertifizierungsentscheidung positiv beeinflussen können, vorausgesetzt jedoch, die Kosten verbleiben gemäß der zugrundeliegenden Mietvertragsstruktur beim Eigentümer.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass sich Eigentümer und Investoren insbesondere in Gegenden mit hohen Energiepreisen, extremen Klimabedingungen, geringen Leerständen und einer hoch gebildeten Bevölkerung mit demokratischer Einstellung für eine Zertifizierung entscheiden.
Teile der englischsprachigen Arbeit wurden im Journal of Real Estate Research veröffentlicht und können hier abgerufen werden.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- FIW-/BuVEG-Studie: Energetische Sanierung könnte 215.000 neue Arbeitsplätze schaffen (26.4.2018)
- Marktmonitor: „Energetische Sanierungen für Immobilienvermarktung so unwichtig wie noch nie“ (27.8.2017)
- dena-Gebäudereport: „Sanierungsrate weiterhin viel zu gering“ (6.2.2017)
- Marktmonitor Immobilien 2016: Immer mehr Makler raten von energetischer Sanierung ab (10.7.2016)
- Sollte man vor dem Immobilienverkauf noch sanieren? (13.10.2014)
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ausgewählte weitere Meldungen:
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- „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ des BMVBS umfassend überarbeitet (23.5.2013)
- Fachbuch: Umweltgerechte Baustoffe - Graue Energie und Nachhaltigkeit von Gebäuden (17.2.2013)
- Ein Rechenexempel von der dena: Sanierung zum Effizienzhaus versus Heizkosten (13.11.2012)
- Neue Studie bestätigt Trend zu Green-Building-Zertifizierungssystemen (22.4.2012)
- Studie: Green Buildings national unterschiedlich interpretiert (27.7.2008)
siehe zudem:
- nachhaltiges Bauen, Ökobilanz, Lüftung sowie Immobilien bei Baulinks
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