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Buchvorstellung "Gebaute Utopien - Architektur für morgen"


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(2.12.2007) Den besonderen Reiz dieses Buches machen nicht nur schöne Fotos von futuristisch anmutenden Bauwerken aus, sondern dazu auch der interessante Lesestoff zu ihrer Entstehung. Der Autor Paul Cattermole hat eine Thematik aufgegriffen, die bereits Architekten wie Frank Lloyd Wright, John Lautner oder Buckminster Fuller fasziniert hat: Die Vorwegnahme des Bauens der Zukunft, das reale Umsetzen von Gebäude-Visionen aus Science Fictions.

Paul Cattermole beschreibt einleitend einige Werke der Pioniere modernen Bauens und stellt anschließend 40 Beispiele wahr gewordener Utopien von zeitgenössischen Architekten mit "Wow-Faktor" vor. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um öffentliche Gebäude, die der Autor in drei Gruppen einteilt:

  • Bauten, die direkt von der (Science Fiction-)Leinwand in unsere Welt gesprungen zu sein scheinen
  • Bauten, bei denen die Architekten bewusst die Technologie ins Scheinwerferlicht gerückt haben, um uns in ferne Galaxien zu entführen
  • Weiche, sinnliche, organische Träume aus der Zeit der ersten Weltraum-Flüge und Mondlandungen, die erst durch CAD, innovative technische Verfahren und modernes Baustoffe realisierbar wurden

Die Beispiele reichen von bekannten Objekten wie den Petronas Towers (siehe Google Maps), dem Taipei 101 (Google Maps) oder dem Eden Project (Google Maps), über die Stadt der Künste und Wissenschaften in Valencia bis zum weniger bekannten Media Center des Lord`s Cricket Ground in London oder dem Einkaufszentrum Selfridges in Birmingham (Google Maps).

Anders als viele andere Architekturbücher verzichtet "Gebaute Utopien" gänzlich auf Detailpläne, Grundrisse und Schnitte sowie rein technische Beschreibungen. Stattdessen gibt es zu jedem Objekt interessante Hintergrundinformationen, z.B. dazu, welche natürlichen und sonstigen Rahmenbedingungen zu beachten waren, ob der Bau planmäßig verlief, was Bauherren und Architekten inspirierte und durch welche Ideen und Details bestimmte Wirkungen erreicht werden sollten.

So erfährt der Leser unter anderem, dass das Guggenheim-Museum in Bilbao (Google-Map) nur mit Hilfe von Software gebaut werden konnte, die eigentlich für die Planung von Mirage-Jets entwickelt wurde. Paul Cattermole erinnert auch daran, dass heute allgemein von "Bilbao-Effekt" gesprochen wird, wenn eine Stadt durch spektakuläre Architektur aufgewertet und touristisch attraktiver gemacht wird.


Aber nicht nur die Erläuterungen zu den einzelnen Projekten machen "Gebaute Utopien" zu einer interessanten Lektüre, sondern auch die Querverbindungen, die der Autor herstellt. Beispielsweise lobt er den Vorteil eines sechseckigen Kerns in Oscar Niemeyers äußerlich Ufo-rundem Museum für zeitgenössische Kunst (MAC, Google-Map), das dieser als 90-Jähriger in Rio gebaut hat. Im Gegensatz zum auch innerlich organisch geformten Guggenheim-Museum böte so das MAC ausreichend ungekrümmte Flächen für die Ausstellungsstücke.

Auch zu den wenigen privaten Häusern gibt es interessante Hinweise: dass beispielsweise das TSUI House, das an Kapitän Nemo denken lässt, in einer ansonsten völlig traditionell und unspektakulär bebauten Wohnstraße steht, was die utopische Wirkung noch verstärkt (Microsoft Virtual Earth). Oder dass das 1963 erbaute Spaceship House, das oberhalb von Bayview in Australien zu schweben scheint, ohne offizielle Baugenehmigung errichtet wurde, weil es seiner Zeit so weit voraus war, dass kein Ingenieur bereit war, die Antragsunterlagen abzuzeichnen.

Neben solchen übergreifenden Hinweisen zu den vorgestellten Bauwerken erklärt Paul Cattermole teilweise auch Baudetails, wie beispielsweise die Funktion der riesigen Stahlkugeln im Taipei 101, die dort als dämpfende Pendel eventuelle Erdbeben abfedern sollen.

Wohl ganz bewusst schließt der Autor sein Buch mit Norman Fosters SWISS RE in Landon ab, da dieser Bau nicht nur durch seine utopische Form beeindruckt, sondern auch deshalb die Bezeichnung " Architektur für morgen" verdient, weil er explizit auch unter Beachtung heutiger Anforderungen an ökologische Effizienz und Umweltverträglichkeit geplant wurde (Microsoft Virtual Earth).

Paul Cattermole studierte Produkt- und Möbeldesign, arbeitete 5 Jahre bei Arcaid, einer der größten Fotoagenturen der Welt, und lebt heute als Selbständiger in London.

Die bibliographischen Angaben zum Buch:

siehe auch für weitere Informationen:

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